Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Fernseher. Eine Reporterin stand irgendwo in einem dunklen Wald vor dem Schauplatz eines Verbrechens, dem gelben Flatterband nach zu urteilen.
»Was ist da los?«, fragte Jenna.
»Oben am Catwalk Point haben sie eine Frau gefunden«, antwortete Cassie, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. »Ich habe es schon im Radio gehört.«
»Wer ist sie?«
»Das sagen sie nicht.«
Wie zur Antwort auf Jennas Frage sagte die kecke rothaarige Reporterin in Mantel und Halstuch jetzt: »… Aus dem Büro des Sheriffs wurde bisher noch nichts über die Identität der Frau verlautbart, die Charley Perry, ein Mann, der nicht weit vom Fundort entfernt lebt, gestern Morgen entdeckt hat.« Auf der Mattscheibe erschien ein älterer Mann. Jenna kannte ihn nicht, erinnerte sich jedoch vage, ihn schon mal im Café im Ort gesehen zu haben. Er erzählte, wie er die Leiche gefunden hatte, als er auf der Jagd war.
»Catwalk Point ist nicht weit von hier«, bemerkte Allie. Ihre Waffel sprang aus dem Toaster, und sie legte sie zu dem Muffin auf ihren Teller. »Das ist irgendwie gruselig.«
»Allerdings«, stimmte Jenna zu, wechselte dann jedoch rasch den Tonfall. »Die Polizei kümmert sich darum. Kein Grund zur Sorge.«
Cassie seufzte laut, als könne sie nicht glauben, was sie da hörte. Allie holte die Sirupflasche und goss sich eine Pfütze auf den Teller, die für zehn Pfannkuchen gereicht hätte. Ihre zwei kleinen Waffeln ertranken geradezu darin.
Jenna äußerte sich nicht dazu. Sie sah angespannt auf den kleinen Bildschirm, wo inzwischen die Szene gewechselt hatte. Die Reporterin sprach jetzt mit Sheriff Carter, einem großen, breitschultrigen Mann, neben dem die Frau sehr klein und zierlich wirkte. »Es ist noch zu früh, um die Todesursache mit Gewissheit zu bestimmen«, sagte er zurückhaltend. Er sprach mit leichtem Akzent. Sheriff Carter war ein wettergegerbter Mann mit wie gemeißelt wirkenden Zügen, skeptischen, tief liegenden Augen und einem dunklen Oberlippenbart. Sein Haar war glatt, kaffeebraun und adrett geschnitten. »Wir sind noch mit der Identifizierung der Leiche befasst.«
»Denken Sie, dass Sie es mit einem Mordfall zu tun haben?«
»Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls noch nicht sagen. Gegenwärtig müssen wir alle Möglichkeiten in Betracht ziehen«, erwiderte er fest, und damit war das aufgezeichnete Interview zu Ende.
»Danke, Sheriff Carter«, sagte die Reporterin und wandte sich wieder der Kamera zu. »Das war Karen Tyler mit einem Bericht vom Catwalk Point.« Anschließend wurde zurück ins Studio geschaltet, wo ein glatt rasierter Mann mit schütterem Haar sagte: »Danke, Karen«, bevor er lächelnd zu den Sportmeldungen überging.
Jenna schaltete den Fernseher aus. »Los jetzt«, sagte sie.
Cassie sah ihre Mutter an, als habe sie den Verstand verloren. »Ich habe doch gesagt, so kann ich nicht zur Schule gehen.«
»Und da hast du dich geirrt. Beweg dich. Ich habe keine Zeit für Streitereien.«
Leise schimpfend schob Cassie ihr unberührtes Frühstück von sich und lief polternd die Treppe hinauf.
»Du auch«, sagte Jenna und deutete mit dem Finger auf ihre jüngere Tochter. Die Waffeln waren beinahe vollständig verzehrt.
»Ich habe Halsschmerzen, ehrlich.«
Das war Allies jüngster Trick, um nicht zur Harrington Junior High School zu müssen. Jenna ließ sich nicht darauf ein. Schon gar nicht, als sie sah, dass Allie ohne jegliche Beschwerden ihren Saft austrank. »Ich denke, du wirst es überleben. Aber ich rufe später mal in der Schule an und erkundige mich, wie es dir geht. Los jetzt.«
Allie kam offenbar zu dem Schluss, dass ihre Strategie nicht fruchtete, schob sich das letzte Stück Waffel in den Mund und hastete die Treppe hinauf, während Jenna die Nummer von Hans Dvorak wählte, einem Pferdetrainer im Ruhestand, der jetzt in Teilzeit als Vormann auf ihrer kleinen Ranch arbeitete. Sie hatte Hans ebenso wie Critter beim Kauf der Farm übernommen. Beim dritten Klingeln meldete er sich mit tiefer, von jahrelangem Zigarettenkonsum rasselnder Stimme. »Hallo?«
»Hans, hier ist Jenna.«
»Bin schon auf dem Weg«, sagte der ältere Mann rasch, als habe er sich verspätet.
»Ich bringe jetzt erst mal die Kinder zur Schule, aber wir haben hier ein kleines Problem.« Sie hörte eines der Mädchen auf der Treppe und erklärte dem Mann hastig das Wasserproblem.
»Das ist wahrscheinlich die Pumpe«, sagte er. »Hat Probleme mit der Stromzufuhr. Ist auch früher schon mal
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