Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
ein, dann zündete sie ein paar Kerzen an und holte Kissen, die sie sich in den Rücken stecken konnten. Auch wenn sie es sich gegenüber den Kindern nicht anmerken ließ, machte der mögliche Stromausfall sie ebenfalls nervös. In einem Haus ohne Licht und Heizung gefangen zu sein, war das Letzte, das sie sich wünschte.
Und da draußen war jemand …
Der wusste. Beobachtete. Wartete.
Sie ging zu den Fenstern und schloss alle Jalousien. Dabei sah sie Jake Turnquist, der an den Stallungen vorbeistapfte. Seine Stiefel hinterließen eine frische Spur im immer höher werdenden Schnee, seine dunkle Jacke und die Mütze waren wie weiß gepudert.
Ein einsamer Wachposten in einer kalten Winternacht.
Jenna fröstelte, kreuzte ihrerseits die Finger und betete, dass der Bodyguard als Schutz vor dem lauernden Unbekannten ausreichte.
Ich komme dich holen.
Den Teufel wirst du tun , sagte sie sich und dachte an die Flinte, die unter ihrem Bett bereitlag.
Auf dem Heimweg versetzte Carter sich im Geiste selbst die eine oder andere Ohrfeige.
Was zum Kuckuck hatte er sich auf dem Theaterparkplatz eigentlich gedacht?
Während in seinem Bezirk Frauen entführt wurden und es einen Mordfall aufzuklären galt, machte er sich an Jenna Hughes heran? Gab sich wie ein Schuljunge schwülen Gedanken an eine Hollywoodprinzessin hin? Himmelherrgott! War er denn ein Vollidiot?
Nun ja, im Grunde genommen hatte sie sich ja an ihn herangemacht, tröstete er sich. Er hatte das begehrliche Funkeln in ihren Augen gesehen und eine unverkennbare Erregung verspürt, als ihre kühlen Lippen sein Gesicht streiften. Aber interessierte sie sich wirklich für ihn? Oder war ihre kleine Liebesbezeugung nur ein Beweis ihrer Schauspielkunst gewesen?
»Verdammt«, knurrte er und sehnte sich nach einer Zigarette.
Er kniff die Augen zusammen, während die Scheibenwischer die neuerlichen Schneemassen zu bewältigen versuchten, und lenkte sein Fahrzeug über die kurvenreiche Straße, die an seinem Grundstück vorbeiführte. »Schlag dir das aus dem Kopf«, ermahnte er sich. Er hatte seine Pflicht getan. Sie war in Sicherheit. Nichts war geschehen. Gut, sie hatte ihm aus Dankbarkeit einen Kuss gegeben. Na und?
Er passierte die Stelle, an der Roxie Olmstead verunglückt war, und dachte an die verschwundenen Frauen. Die Untersuchung ihres Laptops und die Befragung ihrer Kollegen hatte ergeben, dass sie auf dem Weg zu Carter gewesen war, um ihn über das geheimnisvolle Verschwinden von Sonja Hatchell auszuquetschen. Hatte jemand von ihrem Vorhaben erfahren und versucht, Roxies Bemühungen um eine heiße Story zu vereiteln, oder war sie das nächste Opfer? Hatte der Täter ihr gezielt aufgelauert? Oder war sie ihm zufällig in die Hände gefallen?
Wie planvoll ging dieser Kerl vor?
Plante er seine Entführungen, wählte er seine Opfer im Voraus aus, oder wartete er einfach ab, bis er zufällig auf eine Frau stieß, die ihm gefiel, und versuchte sein Glück? Carter konnte es kaum erwarten zu erfahren, was der Profiler vom FBI darüber dachte.
Er schlug das Lenkrand ein und spürte, wie die Reifen abrutschten und dann wieder Halt fanden. Der Chevrolet Blazer jaulte auf, während er durch die Schneewehen auf seiner Zufahrt pflügte.
Zwar waren die Staatspolizei von Oregon und das FBI nicht restlos überzeugt, dass zwischen den beiden vermissten Frauen eine Verbindung bestand, doch Carter vertraute auf seinen Instinkt. Sowohl er als auch BJ sahen einen Zusammenhang zwischen den Fällen von Mavis Gette und Jenna Hughes. Carter hatte immer wieder das Gefühl, dass das Bindeglied zwischen beiden ihm vage durch den Kopf geisterte, doch er vermochte es nicht zu greifen. Er empfand die übliche Frustration angesichts eines schwierigen Falls, dieses nagende Gefühl, dass er etwas übersah – etwas, das wichtig genug war, um den Schlüssel zur Lösung des Falls zu liefern.
Aber was?
Durch den Vorhang aus Schnee beleuchteten seine Scheinwerfer die rustikale Wand seiner Hütte, einer Unterkunft, die von der Größe her mit Jenna Hughes’ Garage vergleichbar war. Der Chevrolet Blazer kam zum Stehen, und Carter schaltete den Motor aus. Die Unterschiede zwischen dem Exhollywoodstar und ihm waren so gewaltig, dass es ihm lächerlich vorkam, auch nur von ihr zu träumen. Schließlich redete er sich doch immer ein, Realist zu sein.
Warum geisterte sie dann ständig durch seine Gedanken – nicht nur nachts, wenn seine Träume ihn in ihr Schlafzimmer und in ihr Bett
Weitere Kostenlose Bücher