Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
engen Kammer, als er den Lichtkegel der Stableuchte über die paar Schachteln, Kisten und Truhen gleiten ließ, die hier abgestellt und lang vergessen waren. Er sah noch einmal seine Schlüssel durch, suchte den kleinsten an seinem Ring aus und schloss eine große, verstaubte Truhe auf, die seit wer weiß wie langer Zeit niemand außer ihm mehr eines Blickes gewürdigt hatte.
Er stemmte den Deckel hoch.
Knarrend ließ sich die gewölbte Klappe öffnen.
Wie ein Stromschlag zuckte es durch seine Adern, als sein Blick auf die kaum noch atmende Gestalt im Inneren fiel. Bewusstlos. Ihres Schicksals nicht gewahr.
So, wie er sie hier zurückgelassen hatte.
Er betrachtete die Finger einer kleinen Hand. Sie hatten Ähnlichkeit mit Zoeys, sofern er die richtigen Ringe fand, um sie zu schmücken … Er heftete den Blick auf ihren Ringfinger und furchte die Stirn, als er den Ehering und den kitschigen Verlobungsring sah. Die waren völlig falsch. Zoey war eine allein stehende Frau. Der Ehering musste auf der Stelle verschwinden, doch noch während er auf ihren Finger starrte, stellte er sich vor, was er damit anstellen konnte. Adrenalin strömte in sein Blut und bewirkte ein Spannungsgefühl in seinem Schritt.
O ja. Der Finger war perfekt.
»Komm schon, Zoey«, flüsterte er sanft und zog die zierliche Frau aus der engen Truhe. »Zeit für deinen Auftritt.«
33. Kapitel
I ch hatte gehofft, wir könnten mal zusammen essen gehen«, sagte Travis. Jenna hatte das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt. Sie drehte den Korkenzieher in den Korken der Weinflasche und gab sich Mühe, nicht an Shane Carter zu denken. Im Rückspiegel hatte sie beobachtet, wie der Sheriff ihr nach Hause folgte, und sie hatte gehofft, er möge in ihre Zufahrt einbiegen, doch als das Tor zum Haus sich öffnete, war er vorbeigefahren, und sein Chevrolet Blazer war rasch im immer heftiger werdenden Schneegestöber verschwunden. Enttäuscht war sie ins Haus gegangen, hatte ein paar Minuten mit Turnquist und den Mädchen geredet und dann endlich widerstrebend Travis Settler zurückgerufen. Zwar erreichte sie ihn nicht gleich, doch zehn Minuten später rief er an.
Ein Essen mit ihm erschien ihr plötzlich nicht mehr sonderlich verlockend.
Wegen des Bezirkssheriffs, der sich, im Gegensatz zu diesem Mann, nichts aus dir macht? Dieser intelligente, gut aussehende, allein erziehende Vater mit dem großartigen Sinn für Humor? Und du schmachtest nach dem eigenbrötlerischen Gesetzeshüter? Komm schon, Jenna, wach auf!
Stattdessen schlug sie vor: »Vielleicht kannst du mit Dani ja mal zu uns kommen, sobald die Straßen geräumt sind. Ich könnte sogar etwas kochen, auch wenn mein Repertoire etwas begrenzt ist.«
»Wenn die Straßen geräumt sind?« Er lachte. Die Verbindung war so schlecht, dass Jenna vermutete, er sei in dem abscheulichen Wetter irgendwo unterwegs. Jedenfalls rief er nicht von zu Hause aus an, sondern vom Handy. »Wann soll das sein? Im Mai?«
»Ich dachte eher an ein Grillfest im Juli«, scherzte sie und wurde ein bisschen ruhiger. Sie blickte aus dem Fenster, während sie versuchte, die Flasche zu entkorken. Lange Eiszapfen hingen von der Dachrinne, und Windböen schlugen gegen das Haus, rüttelten an den Fenstern und drehten die Windmühlenflügel, die durch das Schneetreiben kaum noch zu erkennen waren, mit rasender Geschwindigkeit. Endlich löste sich der Korken, und sie schenkte sich Wein in ein langstieliges Glas ein. »Wie wär’s am Vierten?«
»Ich schaue mal in meinem Terminkalender nach.« Es entstand eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: »Sieht ganz gut aus. Abgemacht. Weißt du noch, wie wir neulich über heiße Strände und Drinks fantasiert haben?«
Das Gespräch hatte sie völlig vergessen. »Ach ja.«
»Und wie wäre es ein bisschen früher? Im Ernst, Jenna, ich würde dich gern sehen. Ohne die Mädchen. Ich hatte gehofft, dass Cassie den Babysitter spielt, dann könnten wir zwei nach Portland fahren. Das Restaurant dort im Hotel Danvers soll ausgezeichnet sein.«
Seine Stimme klang jetzt näher, doch das war wahrscheinlich eine Täuschung aufgrund des Wetters. Jenna kostete ihren Wein und fragte: »Wo bist du gerade?«
Nahm sie da ein leichtes Zögern wahr?
»In meinem Wagen, auf dem Heimweg.«
»Ist Dani bei dir?«
»Nein, die Babysitterin passt auf sie auf«, sagte er.
»Zu Hause?«
»Ich hole sie auf dem Weg ab. Wieso?«
Das erklärte, weshalb niemand sich gemeldet hatte, als sie bei ihm zu Hause
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