Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Jagens mit seinem Hund Schwierigkeiten bekommen könnte. Hastig fuhr er fort: »Zwei von Ihren Leuten haben mich vor ein paar Stunden wieder hier raufgeschleppt, und seitdem friere ich mir hier den Hintern ab!«
»Das tun wir alle, Charley«, sagte Carter und schlug mit der flachen Hand gegen die Tür des Dienstwagens. »Bringen Sie ihn nach Hause«, wies er Lanny Montinello an. Dann blickte er noch einmal in Charleys graues Gesicht. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an, ja?«
»’türlich«, erwiderte Charley, sah Carter dabei jedoch nicht an. Der Sheriff vermutete, dass der alte Eigenbrötler nicht die ganze Wahrheit sagte. Sie hatten sich noch nie gut verstanden, erst recht nicht, seit Carter Charleys Bigfoot-Geschichte entlarvt und ihm einmal gedroht hatte, den Wildhüter über seine Wilderei zu informieren. Nein, Charley Perry würde wohl nicht noch einmal anrufen, nicht, wenn er mit dem Sheriff sprechen musste. Carter warf Montinello einen Blick zu und sagte noch einmal: »Bringen Sie ihn nach Hause.« Die Vernehmung war beendet.
»Mach ich.« Montinello legte den Gang ein, und Carter schlug noch ein paar Mal mit der flachen Hand gegen die Tür, während Charley das Fenster hochkurbelte. Binnen Sekunden war der Pick-up hinter dichtem altem Baumbestand verschwunden. Die Fichten erhoben sich dräuend und schienen bis an die stahlgrauen Wolken zu reichen. Schon fielen die ersten Tropfen eisigen Regens.
Carter vergrub die Hände tief in den Taschen seines Parkas und blickte auf den Fundort am Fuß des Abhangs nieder, wo es von Ermittlern wimmelte. Amanda Pratt stand ein paar Meter entfernt, rauchte und führte ein lebhaftes Gespräch mit Luke Messenger. Und mittendrin lag auf einer Plastikplane die Leiche der Unbekannten mit ihren abgefeilten Zähnen und der roten Substanz im Haar.
Wer war sie und wie zum Teufel war sie in diese gottverlassene Gegend gekommen?
2. Kapitel
K lick!
Die Fenstertüren öffneten sich.
Ein Windstoß trug die Winterkälte in das dunkle Haus. Die beinahe schon erloschene Glut im Kamin leuchtete rot auf. Der alte Hund, der auf dem Teppich vor Jennas Sessel lag, hob den Kopf und stieß ein tiefes, warnendes Knurren aus.
»Pssst!«, machte der Eindringling.
Aus schmalen Augen folgte Jennas Blick der Silhouette, die sich in das große Zimmer schlich. Trotz der Dunkelheit erkannte sie ihre älteste Tochter, die in Richtung Treppe huschte. Genauso, wie sie es erwartet hatte. Na großartig. Ein junges Mädchen, das mitten in der Nacht nach Hause geschlichen kam.
»Still, Critter!«, zischte Cassie in scharfem Ton, während sie sich auf Zehenspitzen zur Treppe stahl.
Jenna betätigte den Lichtschalter neben sich.
Augenblicklich war es hell in dem Blockhaus. Cassie blieb wie vom Donner gerührt auf der untersten Treppenstufe stehen. »Verdammt«, flüsterte sie und wandte sich mit hängenden Schultern langsam zu ihrer Mutter um.
»Das gibt Hausarrest bis in alle Ewigkeit«, sagte Jenna, die noch immer in ihrem Lieblings-Ledersessel saß.
Cassie ging sofort in die Offensive. »Wieso bist du noch wach?«
»Ich habe auf dich gewartet.« Jenna erhob sich und blickte in das mürrische Gesicht ihrer Tochter, von der so viele Leute behaupteten, sie sei das Abbild von Jenna in jungen Jahren. Cassie war um anderthalb Zentimeter größer als ihre Mutter, doch sie hatte die gleichen hohen Wangenknochen, die dunklen Wimpern und Brauen und das spitze Kinn wie ihre Mutter. »Wo warst du?«
»Aus.« Sie warf ihr gesträhntes Haar über die Schulter zurück.
»Das weiß ich selbst. Du hättest aber im Bett sein sollen. Ich erinnere mich sogar, dass du gegen elf Uhr so etwas wie ›Gute Nacht, Mom‹ gesagt hast.«
Cassie verdrehte theatralisch ihre grünen Augen und schwieg. »Also, mit wem warst du aus?«, bohrte Jenna nach. »Nein, lass mich raten … Du warst mit Josh zusammen.«
Cassie äußerte sich noch immer nicht dazu, doch für Jenna stand fest, dass sie sich mit Josh Sykes getroffen hatte. Seit Cassie mit dem Neunzehnjährigen ging, war sie verschlossen, mürrisch und aufmüpfig.
»Also, wo wart ihr? Ich will es genau wissen.«
Cassie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich mit einer Schulter an die vergilbte Holzbohlenwand. Ihr Make-up war verwischt, ihr Haar zerzaust, ihre Kleidung zerknittert. Jenna brauchte nicht lange zu überlegen, was ihre Tochter getrieben hatte, und es ängstigte sie zu Tode. »Wir sind nur ein bisschen rumgekurvt«,
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