Sanfte Eroberung
und Fanny sein könnte. Du musst noch ein wenig länger bleiben - ganz gleich, wie schmerzlich es dir momentan vorkommt. «
Erst jetzt hörte Basil auf, sich die Haare zu raufen, und nickte. »Ich glaube, du könntest Recht haben.«
»Ich weiß, dass ich Recht habe«, bekräftigte Lily.
Nachdenklich sank Basil auf dem Stuhl zurück. Plötzlich fiel ihm der Koffer auf, den Lily auf das Bett gelegt hatte und neben dem sich säuberlich aufgestapelte Kleidung befand.
»Warum zum Teufel packst du? «
Die Frage rief Lily ihre eigenen Probleme ins Gedächtnis, doch sie versuchte, sich ihr Unglück nicht anmerken zu lassen. »Ich kehre morgen früh nach Chiswick zurück. Ich habe beschlossen, für eine Weile bei Tess zu wohnen. «
»Du verlässt London? «
Lily wandte sich achselzuckend ihren letzten Kleidern zu, die sie zusammenlegte. »Warum nicht? Ich habe alles getan, was ich hier tun wollte, und mehr. Nun kann ich zufrieden abreisen.«
Was eine Lüge war. Sie war fraglos zufrieden, dass sich für ihre Freundinnen alles so gut gelöst hatte, ansonsten jedoch entsetzlich unglücklich.
»Eben hast du mir erzählt, ich könnte nicht gehen«, begann Basil. »Vielleicht solltest du deinen eigenen Rat annehmen.«
Lily konnte ihn nicht ansehen, denn wieder einmal hatte sie dieses scheußliche Brennen im Hals. »Das sind zwei gänzlich verschiedene Dinge.«
»Sind sie das, Lily? Ich glaube, unsere Umstände sind ähnlicher, als du dir eingestehen willst. «
Sie drehte sich zu ihm um und hockte sich auf die Bettkante. Es stimmte. Sie sollte London ebenso wenig verlassen wie Basil.
Mit London verließ sie Heath endgültig, und das war ein unerträglicher Gedanke.
Blind starrte sie auf den Teppich.
Da sie schwieg, wurde Basil beharrlicher. »Wie sehen deine Gefühle für Claybourne aus, Lily?«
Ihre Gefühle? Was antwortete sie auf solch eine schwierige Frage? Ihre Gefühle für Heath waren ... kompliziert, stark, verwirrt, überwältigend und letztlich ganz einfach.
»Na komm, ich habe dir meine Seele auch entblößt! « Sie nickte schwach. Basil war einer ihrer ältesten, teuersten Freunde, und sie würde nicht versuchen, ihn zu belügen, auch wenn sie sich selbst schon seit einiger Zeit belog.
Sie liebte Heath.
Sie war schrecklich, hoffnungslos, schmerzlich in ihn verliebt.
Während der letzten vierzehn Tage waren die Mauern, die sie so entschlossen um sich errichtet hatte, einige Male eingestürzt, worauf sie schutzlos seinem leidenschaftlichen Zauber ausgeliefert gewesen war.
Ja, sie hatte sich in ihren entschlossenen Verehrer verliebt.
Ihre Miene musste Basil alles verraten haben, denn sanft forschte er weiter: »Wenn du ihn liebst, nimmst du dann seinen Antrag an? «
Sie grub ihre Finger in das Kleid, das sie in den Händen hielt. »Ich hätte nie gedacht, dass ich heiraten würde! «, flüsterte sie.
Vor einer Woche noch hatte sie Angst gehabt, Heath zu heiraten, eine unwiderrufliche Verpflichtung einzugehen, die sie ein Leben lang an ihn band.
»Nicht alle Männer sind brutale Wüstlinge wie dein Vater«, sagte Basil leise.
Lily hob den Kopf und blickte Basil an. Er verstand ihre Furcht. Immerhin war er derjenige gewesen, der ihr beigestanden hatte, wenn sie sich früher in den Ställen versteckte, um den Streitereien ihrer Eltern zu entfliehen, oder mit ihr geritten war, wenn sie versuchte, alles im wilden Galopp zu vergessen. Er tröstete sie, nachdem sie ihren Vater bedroht hatte, weil dieser ihre Mutter verprügelte.
»Ich weiß.«
»Claybourne ist auch nicht wie O'Rourke, obgleich er seine Fäuste einzusetzen versteht.«
Auch das war wahr. Heath war kein Grobian. Er war ein starker Mann, der seine Kraft sorgsam und weise einsetzte, falls es nötig war.
Und bisweilen war Gewalt notwendig, dachte Lily, die sich erinnerte, wie befriedigend es gewesen war, O'Rourke bewusstlos zu schlagen, damit er Fanny nicht verschleppen konnte. Dasselbe hätte sie gern vor Jahren mit ihrem Vater getan, als er ihre Mutter schlug.
»Was also macht dir Sorge?«, fragte Basil. »Claybourne ist kein Mann, der Frauen verletzen würde, und das weißt du. «
Ja, das wusste sie. Heath würde ihr nie physische Gewalt antun. Er war stets so zärtlich und leidenschaftlich, so beschützend und großzügig.
Aber ihre Gefühle? Wenn sie ihn heiratete, gehörte sie ihm ganz und gar, mit Herz, Leib und Seele.
Basil hingegen sprach immer noch von der physischen Bedrohung, die ein Ehemann darstellen konnte. »Du kannst
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