Sanfte Eroberung
sie.
»Du musst dir etwas ansehen ... «
Ohne ein weiteres Wort reichte Chantel ihr die Abendausgabe des Star, die auf den Gesellschaftsseiten aufgeschlagen war.
»Dort«, sagte Chantel heiser und zeigte auf eine Annonce in der Mitte der Seite.
Der Marquess of Claybourne, las Lily, gibt mit großer Freude seine Verlobung mit Lady Eleanor Pierce, Schwester von Lord Danvers und Nichte von Lady Beldon, bekannt. Die Hochzeitsfeierlichkeiten finden im nächsten Monat auf dem Familiensitz ...
Lily fiel die Zeitung aus der Hand, während sie spürte, wie sie kreidebleich wurde. Das musste ein Irrtum sein! Gewiss beabsichtigte Heath nicht, Lady Eleanor zu heiraten, auch wenn es hier schwarz auf weiß stand.
»Ich verstehe das nicht!«, jammerte Chantel. »Ich dachte, Lord Claybourne wollte dich heiraten, Lily.«
»Ja, das dachte ich auch.«
»Er hat euer Spiel gewonnen und das Recht, um dich zu werben. Warum verlobt er sich mit einer anderen?«
Die Antwort kannte Lily. Weil sie ihn zu oft abgewiesen hatte. Und jetzt zahlte sie den Preis dafür. Heath hatte entschieden, sie nicht mehr heiraten zu wollen.
Heath wollte Marcus' hübsche, lebhafte Schwester heiraten.
Er konnte Lady Eleanor erst vor kurzem den Antrag gemacht haben, vielleicht heute Morgen oder schon gestern. Später indessen nicht, denn sonst hätte er keine Zeit gehabt, die Annonce aufzugeben.
Lily hielt sich eine Hand vor den Mund, um ihren Schrei zu unterdrücken. Die Schuld an ihrem Unglück traf ganz allein sie selbst. Unzählige Male hatte sie Heaths Antrag abgelehnt, bis er am Ende akzeptierte, was sie sagte.
Wie er ihr gestern mitgeteilt hatte, gab er sein Werben um sie endgültig auf.
Für sie war ein lebenslanges Glück zum Greifen nahe gewesen, und sie hatte es weggeworfen.
Wie konnte sie ohne Heath leben? Schreckliche Angst legte sich wie ein Bleigewicht auf ihre Brust.
»Weißt du, was das Schmerzlichste ist?«, flüsterte sie. »Da ich endlich begreife, was mein Herz sich wünscht, ist es zu spät.«
Sie hatte ihn verloren, weil sie entschlossen gewesen war, ihm ihr Herz zu verschließen. Gütiger Himmel ...
Nein, sie durfte ihn nicht verlieren! Sie würde Heath nicht kampflos aufgeben.
Abrupt sprang Lily auf.
»Wo willst du hin? «, rief Chantel ihr nach.
»Zu Lord Claybourne«, antwortete Lily. »Er wird Lady Eleanor nicht heiraten! Er heiratet mich! «
Zwanzigstes Kapitel
Er ist alles, wonach mein Herz sich sehnt.
Das habe ich endlich begriffen.
Lily an Fanny
Auf dem Weg zu Heaths Haus am Bedford Square wuchs Lilys Verzweiflung, die ihren Höhepunkt erreichte, als sie dort ankam. Eine hübsche offene Damenkutsche stand vor der Tür, deren Grauschimmelgespann von einem livrierten Diener gehalten wurde.
Lily fragte sich, ob der Jagdwagen Heaths neuer Verlobter gehörte, Lady Eleanor, während sie aus ihrer Kutsche stieg, auf die Haustür zuging und den Klopfer betätigte.
Wenigstens erkannte Claybournes Butler sie und ließ sie umgehend hinein. Doch der hohle Schmerz in ihrem Bauch nahm zu, als er sie nicht wie gestern in den Salon führte, sondern in die Bibliothek.
Dort saß Lady Eleanor auf einem großen Ledersofa und las, die Beine angewinkelt, als gehörte sie hierher.
Unsicher blieb Lily auf der Schwelle stehen und überlegte, auf der Stelle kehrtzumachen und zu fliehen, ehe man sie bemerkte. Doch im selben Moment kündigte der Butler sie an, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ins Zimmer zu gehen.
Heath saß an einem wuchtigen Schreibtisch und schrieb etwas, von dem er nun aufschaute. Seine Miene verriet nichts von dem, was in ihm vorgehen mochte.
Sofern das überhaupt möglich war, wurde Lily noch mutloser.
»Miss Loring, wie schön, Sie zu sehen! «, begrüßte Lady Eleanor sie.
Lily rang um Fassung und erwiderte den Gruß höflich, ehe sie wieder zu Heath sah. »Dürfte ich Sie unter vier Augen sprechen, My Lord?«
»Warum unter vier Augen?«, fragte er ungerührt. »Ich bezweifle, dass Sie etwas zu sagen haben, das Eleanor nicht hören darf.«
»Ich sah die Annonce Ihrer Verlobung«, begann Lily nach kurzem Zögern.
Zu ihrer Überraschung war es Eleanor, die für ihn sprach. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie Einwände gegen unsere Verlobung haben, Miss Loring? «
»Ja ... das habe ich.« Unwillkürlich ballte sie die Fäuste, als sie zu der schwarzhaarigen Schönheit blickte. »Sie können ihn nicht haben, Lady Eleanor. Er ist bereits versprochen. «
Eleanor zog elegant
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