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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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hinüber zum Haus, um mit den anderen zu essen.
    George hatte sich mit Elisabeth in den kühlen Wohnraum zurückgezogen, dort saßen die beiden am Tisch, über verschiedene Zeichnungen gebeugt. Vermutlich war George mit dem Mädchen wieder einmal unterwegs gewesen, um nach der Natur zu zeichnen; Elisabeth war begabt, und George hatte behauptet, sie dürfe dieses Talent auf keinen Fall verkümmern lassen. Charlotte nahm den Tropenhelm ab und bewunderte die Kunstwerke ihrer Tochter, dann setzte sie sich zu ihnen an den Tisch. George sah sie mit einem kleinen Lächeln von der Seite an, doch er sagte nichts. Erst nach dem Essen, als Elisabeth mit ihren Zeichnungen hinauf zu Klara gelaufen war, erzählte Charlotte ihm von den unschönen Ereignissen des Vormittags.
    » Nun wirst du deinen Verwalter wohl wieder einmal zurechtweisen müssen « , sagte George seufzend und streichelte mitfühlend ihre Hand.
    » Er hatte nicht unrecht, doch seine Reaktion war viel zu heftig und unbeherrscht « , gab sie kurz angebunden zurück und nahm sich die Deutsch-Ostafrikanische Zeitung vor, die vor einigen Tagen mit der Post gekommen war.
    Sie war enttäuscht; in ihren Ohren klang seine Bemerkung ironisch. Noch gestern Abend hatten sie darüber gestritten, weshalb sie eigentlich einen Verwalter benötige, da sie doch ohnehin den ganzen Tag über auf der Plantage unterwegs sei und am liebsten alles allein bestimmen wolle.
    Während der vergangenen Wochen hatte es immer wieder kleinere Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen gegeben, die sie zuerst lachend, später mit aufkommendem Unmut und seit einigen Tagen im Streit austrugen. Das gestrige Gespräch hatte Charlotte verletzt, und Georges Reaktion, so aufrichtig sie auch gemeint sein mochte, trug nicht gerade zu einer Versöhnung bei. Natürlich hatte er in gewisser Weise recht: Seitdem er wiederhergestellt war, widmete sie ihrer Plantage sehr viel Zeit, meist blieben für George nur die Abende, und dann war sie erschöpft. George hingegen war ein Nachtarbeiter, oft schrieb er bis weit nach Mitternacht, und wenn Charlotte beim ersten Morgenlicht aufstand, schlief er noch tief und fest. Natürlich war ihr das nicht neu, und doch enttäuschte es sie, dass er sich so wenig für das interessierte, was sie selbst ganz und gar erfüllte. Er spazierte zwar über die Wiesen, besah sich den Teich, inspizierte die Wohnungen ihrer Arbeiter und schwatzte mit ihnen, ritt mit Elisabeth über die Felder, zählte die Kühe und Kälber auf den Weiden und machte ironische Bemerkungen über die Gemüsepflanzungen. Es schaue aus wie im Garten ihrer Großmutter, behauptete er stets grinsend, doch er ging nie darauf ein, wenn sie von blühenden Kaffeebäumen, Bohrwürmern, Kartoffelkäfern oder Sisalpflänzchen berichtete. Er schwatzte mit Peter Siegel über die Bedeutung der Bergpredigt, spielte mit Sammi und brachte es fertig, sich von Klara erklären zu lassen, wie man einen doppelten Saum nähte. Für alles Mögliche zeigte er Interesse, er lernte sogar die Sprache der Waschamba, fragte sie nach ihren religiösen Gebräuchen und machte sich darüber Notizen.
    Sie hatte ihn auf seine Expedition ziehen lassen und monatelang auf ihn gewartet, sie las seine Manuskripte und zollte ihnen Bewunderung, aber hatte er ihre Arbeit auf der Plantage auch nur einziges Mal mit Lob bedacht? Dabei war es doch seine Entscheidung gewesen, eine Weile mit ihr hier in Neu-Kronau zu verbringen!
    Charlotte raschelte mit der Zeitung, um die Stille zu unterbrechen. Das Schweigen lastete auf ihnen. Hoffentlich kamen bald Klara und Peter zum Essen herunter. Doch es war nichts zu hören, wahrscheinlich hielten sie sich mit Elisabeths Zeichnungen auf. Auch draußen auf der Baustelle herrschte Stille– vermutlich würden die Arbeiter erst am Nachmittag mit dem Steineklopfen beginnen. Charlotte blätterte um, und das Knistern des Papiers erschien ihr unangenehm laut.
    » Dieses Blatt sollte wirklich verboten werden « , platzte George in die Stille hinein.
    Auch das ärgerte sie, schon weil die Krügers diese Zeitung über den grünen Klee lobten und behaupteten, endlich würden die Sorgen der Pflanzer einmal deutlich ausgesprochen.
    » Nun ja, vielleicht ist das Ganze ein bisschen zu dick aufgetragen « , sagte sie gedehnt und blickte über den Rand des Blattes zu ihm hinüber.
    » Ich finde es einfach nur abgeschmackt « , schimpfte er. » Was für eine Bosheit, Gouverneur von Rechenberg eine ›negrophile Veranlagung‹

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