Sanfter Mond über Usambara
Gesten und wenige, kurz hingeworfene Worte, dann plötzlich passte ihm etwas nicht, und er polterte los. Was er den Schwarzen da in einer Mischung aus Suaheli, Norwegisch und Englisch an die Köpfe warf, verstand wohl keiner von ihnen so genau, doch sie hatten große Angst vor seinen jähzornigen Ausbrüchen. Zweimal hatte er heftig zugeschlagen, woraufhin Charlotte ihn zu einem ernsthaften Gespräch ins Wohnhaus geladen hatte, da sie nicht wollte, dass ihre Arbeiter geprügelt wurden. Vermutlich hätte Husdahl sie gar nicht ernst genommen– seiner Meinung nach verstand eine Frau nicht, wie man mit den Schwarzen verfahren musste–, doch sie hatte Peter Siegel und vor allem George an ihrer Seite gehabt, und Husdahl hatte sich knurrend gefügt.
Es war heiß, und der Staub wirbelte eine rötliche Wolke auf, als sie sich nun den Fahrweg entlang zum Wohnhaus hinbewegten. Simba lief unverdrossen hinter ihnen her; er schaute jetzt tatsächlich aus wie ein Löwe, denn Charlotte hatte ihm das lange Fell gestutzt und nur die Haare um den Nacken stehen lassen. Die Gipfel im Westen ragten klar in den taubenblauen Himmel, aus den Tälern stiegen graue Schwaden auf– kein Nebel, sondern Rauch, daran ließ der strenge Brandgeruch keinen Zweifel. Diesmal waren es die Eingeborenen, die den Wald abbrannten, um neue Felder zu gewinnen. Inzwischen gab es auch schon einige Plantagen, die sich im Besitz von Afrikanern befanden– ein Ergebnis der » negerfreundlichen « Politik des neuen Gouverneurs Rechenberg, der den deutschen Pflanzern ein rechter Dorn im Auge war.
Als sie sich dem Haus näherten, stellte Charlotte fest, dass tatsächlich der neu aufgemauerte Teil der Südwand fehlte, welche Teil des neuen Anbaus war. Die dicken Holzbohlen, die man für die Fensterstürze verwendet hatte, lagen mitten in dem Trümmerhaufen. Johannes Kigobo hockte verdrossen im Schatten des alten Wohnhauses, die anderen Arbeiter waren nicht zu sehen, ebenso wenig der Verwalter. Nur Schammi stand bei dem Neubau und stocherte mit einem Stock in den Trümmern herum.
» Viel Arbeit umsonst! « , rief er Charlotte entgegen. » Warum er nicht schon gestern alles zerschlagen? Jetzt ist Mörtel fest, und Ziegel sind zerbrochen. «
Es waren nicht wenige Ziegel zu Bruch gegangen– ein Zeichen dafür, dass sie nicht fest genug gebrannt worden waren. Auch das hatte der Verwalter vor einiger Zeit bemängelt und seinem Zorn bei einem Kontrollbesuch in der Ziegelgrube Luft gemacht.
Sie würde die Angelegenheit später mit Husdahl allein bereden, jetzt musste sie trösten und die Scherben zusammenkehren. Und das auf diplomatische Art, schließlich konnte sie nicht die Autorität ihres Verwalters untergraben.
» Wo sind die anderen? «
Johannes Kigobo warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, doch Schammi beeilte sich zu berichten, dass alle, die so schlecht gemauert hätten, jetzt in der Ziegelgrube arbeiten müssten.
» Viel Zorn « , sagte er traurig. » Warum? Wir wollen gut arbeiten für neues Haus von bibi Charlotte. Du selbst hast gestern Abend Mauer angeschaut– war sie krumm? Sie war gerade wie Schnur, die bwana Husdahl hat gespannt. «
Nun ja– ganz so gerade war die Wand nicht gewesen, das hatte sie auch bemerkt. Aber sie hatte geglaubt, man könne die Sache noch retten.
» Nun– bwana Husdahl ist eben sehr genau und will, dass das Haus nicht beim nächsten Sturm umfällt… «
Es tat ihr weh, weil sie genau wusste, wie viel Mühe sich ihre Schwarzen mit der Mauer gegeben hatten. Natürlich waren sie keine gelernten Maurer, und in ihrem Eifer hatten sie wohl leider gepfuscht. Sie schickte Schammi aus, zwei Arbeiter herbeizuholen, die gemeinsam mit Johannes Kigobo den Schutthaufen beiseiteräumen und den Mörtel von den heil gebliebenen Ziegeln schlagen sollten, damit wenigstens diese noch weiter verwendet werden konnten.
Schammi hatte sich gut in Neu-Kronau eingelebt, führte mit Eifer die Listen der Arbeiter, half Peter Siegel in der Schule und war zu jedweder Arbeit zu gebrauchen, die wenig Körpereinsatz erforderte. Natürlich hatte er seinen Rücken vorgeschützt, doch der war inzwischen verheilt, auch wenn ihm die breiten Narben immer noch zu schaffen machten. Charlotte war klar, dass Schammi grundsätzlich lieber mit Papieren, Büchern und Bleistiften umging, als praktische Arbeiten zu erledigen.
Es war schon Mittagszeit, daher lohnte es nicht, noch einmal hinauszureiten. Charlotte gab das Maultier in Johannes Kigobos Obhut und ging
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