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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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essen? «
    » Ich esse später! «
    Der rötliche Staub stob um die Beine des Maultiers, das in einen leichten Trab fiel. Simba rannte an ihnen vorbei, kehrte wieder um und umkreiste sie, als wolle er sie zum Wohnhaus zurücktreiben.
    » Verschwinde! Lass mich in Ruhe! «
    Doch der Hund verstand sie nicht und lief hinter ihr her.
    George machte keinen Versuch, sie zurückzurufen– sie hätte ohnehin nicht darauf reagiert. Selbst dann nicht, wenn er ihr nachgelaufen wäre, aber so etwas kam für einen George Johanssen nicht in Frage. Er lief keiner Frau nach, das hatte er nicht nötig. Mit Bitterkeit dachte sie an Shira, die zierliche indische Krankenschwester, die mit solcher Beharrlichkeit um ihn gekämpft hatte. Sie hatte mit George niemals darüber gesprochen. Auch sie hatte ihren Stolz– er brauchte nicht zu wissen, dass sie auf diese grässliche Person maßlos eifersüchtig gewesen war.
    Sie folgte dem Fahrweg so lange, bis sich der erste Zorn gelegt hatte, dann stellte sie fest, dass ihr Maultier nur noch im langsamen Schritt ging, und spürte, wie der Kummer über diesen unseligen Streit in ihr aufstieg. Monatelang hatte sie sich nach ihm gesehnt, hatte tausend Ängste um ihn ausgestanden, als er krank war– wie konnte es da sein, dass sie einander jetzt so verletzten? Einen Moment lang war sie versucht, umzukehren und ihn um Vergebung zu bitten, doch sie tat es nicht. Besser war, den Nachmittag für einen Ritt über ihren Besitz zu nutzen und am Abend, wenn sie beide ruhiger urteilen konnten, ein ehrliches Gespräch mit ihm zu führen. So jedenfalls konn t e es nicht weitergehen.
    Die Wege waren ausgetrocknet, in den Wiesen konnte man den dunkelgrünen Rand der kleinen Bachläufe erkennen, wo Gras und Kräuter üppiger gediehen. Die Trockenheit machte sich auch auf den Äckern bemerkbar, besonders wenn sich der Wind erhob und den fruchtbaren Boden als rötliche Wolke davontrug. In wenigen Tagen schon konnten die ersten Regenfälle einsetzen, das würde ihren Äckern guttun. Aber die kleine Regenzeit blieb auch manchmal aus, dann musste sie Bewässerungsgräben ziehen lassen, damit das Gemüse nicht verdorrte. Für den Anbau ans Wohnhaus allerdings konnte sie keinen Regen gebrauchen; wenn die Tropengewitter niedergingen, würden sie die Ziegelproduktion einstellen müssen. War es nun gut oder schlecht, wenn der Regen kam?, überlegte Charlotte, doch sie merkte bald, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte.
    Verwirrt trieb sie das Maultier zu einer schnelleren Gangart an, ohne recht zu wissen, wohin sie reiten wollte. Als sich der Fahrweg mit dem zur Domäne Kwai vereinigte, lenkte sie ihr Reittier auf einen schmalen Wiesenpfad, der hügelauf in westlicher Richtung verlief. Es war einer der verschlungenen Trampelpfade, die die Eingeborenen angelegt hatten, manche führten auf ihre Felder, andere waren Verbindungswege zu befreundeten Stämmen und wurden auch für die Jagd genutzt. Diesem Pfad war sie vor einiger Zeit zusammen mit George bis in ein kleines Wiesental gefolgt– ein romantisches Fleckchen Erde, das Charlotte an eine Alm erinnerte. Graue Felsbrocken lagen verstreut, als habe ein Riesenkind seine Bauklötze fortgeworfen, üppige Farne und bunte Blumen gediehen zwischen den Gräsern, und als sie näher heranritten, erhoben sich Myriaden bunter Schmetterlinge aus dem feuchten Gras. Damals waren sie umgekehrt, weil der Bach im Talgrund zu breit und zu reißend gewesen war, um ihn zu durchreiten. Sie hatte dies bedauert, da die bewaldete Bergregion auf der anderen Seite des Tals zu ihrem Besitz gehörte und sie die Gegend gern erkundet hätte.
    Heute führte der Bach viel weniger Wasser; Charlotte ließ das Maultier trinken und trieb es dann auf die andere Seite. Simba lief mit großem Behagen durch das klare Nass. Er war schon ein seltsamer Hund, wenn es regnete, suchte er eiligst ein Überdach, damit er nicht nass wurde, aber in Bächen oder Flüssen badete er mit Vergnügen. Am anderen Ufer schüttelte er sich ausgiebig, beschnupperte einen Weidenbusch und hob das Bein, um das Gebiet jenseits des Wasserlaufs in Besitz zu nehmen.
    Der Pfad schlängelte sich zwischen den Steinbrocken der Talmulde hindurch und verschwand im niedrigen Gehölz, das den Fuß des gegenüberliegenden Berges bedeckte, den sie schon aus der Ferne voller Neugier bewundert hatte. Zwischen den Urwaldriesen an seinen Hängen blitzten zerklüftete Wände aus Glimmerschiefer, möglicherweise gab es auch kleine Gebirgsmulden,

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