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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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übertönten das Knattern eines Automobils, das über den Paradeplatz zum Palast des Gouverneurs getuckert kam. Einer der Funktionäre der Deutsch-Ostafrikanischen Handelsgesellschaft ließ sich von seinem Chauffeur abholen.
    Charlotte band Simba los, der freudig seine Schnauze gegen ihren Bauch drückte und ihr so das Kleid verdarb, dann stürmten sie los, in der Hoffnung, die kurze Strecke zu ihrem Haus noch trockenen Fußes zurückzulegen, doch der herabstürzende Regen erwischte sie, bevor sie das rettende Tor in der Mauer erreichten.
    Charlotte genoss diese himmlische Sintflut, die seltsam befreiend auf sie wirkte. Mochte es donnern und blitzen, mochten sich die Palmen unter dem Unwetter biegen und ihre vielblättrigen Häupter schütteln– es war ungemein schön, von diesem gewaltigen Tropenregen bis auf die Haut durchnässt zu werden. Die Wasser des afrikanischen Himmels spülten die unselige Anspannung dieses Empfangs von ihr ab, all das überflüssige Geschwätz, die uniformierten Herren und geschnürten Damen, die weißen Kleider und bunten Seidengewänder, die Lorbeerkränze um die Bilder des Kaiserpaares, die neugierigen Fragen und irritierend blauen Augen des Gouverneurs.
    Simba, der Regen nicht ausstehen konnte, sprang ihnen eilig voraus. George fasste Charlottes Hand und rannte vergnügt neben ihr her, das Gesicht zum Himmel gedreht, um das Regenwasser mit dem Mund aufzufangen. Charlotte riss sich den Hut vom Kopf, der nasse Rock klatschte im Laufen gegen ihre Beine, doch das machte ihr nichts aus. Triefend und lachend liefen sie in den Innenhof ihres Hauses, wo der Regen das Wasserbecken in ein brodelndes Meer verwandelt hatte, und blieben keuchend in der Eingangshalle stehen. Das Wasser rann aus ihren Haaren über ihre Gesichter, Simbaschüttelte sich energisch und bespritzte die herbeigeeilten Angestellten mit einem Tropfenregen. Betreten blickten die Schwarzen von einem zum anderen– waren der daktari und bibi Johanssen vielleicht betrunken oder sogar krank?
    Im Schlafzimmer streiften sie die nassen Kleider ab und liebten sich ungestüm, Körper und Haar noch feucht von der warmen Flut, das Geräusch des Donners und des herabprasselnden Regens in den Ohren. Später, als George ein Laken über sie beide zog, stellten sie fest, dass sie nicht einmal die Bambusjalousien herabgelassen hatten, und kicherten.
    » Maaama! «
    Charlotte richtete sich seufzend auf. Sie spürte Georges Hände, die über ihren Rücken glitten und ihre Taille umfassten, als wolle er sie nur ungern aus seinen Armen entlassen.
    » Wir sind gleich bei dir, Elisabeth « , rief er zur Tür hinüber.
    » Maama! George! Jetzt kommt doch endlich. Simba frisst einen Löwen! «
    » Das Kind hat wahrhaftig eine blühende Phantasie « , brummte George und versuchte, sie wieder zu sich herabzuziehen.
    » Aber es scheint zu stimmen– hörst du nicht, wie er knurrt? « , gab Charlotte zurück.
    Sie zogen sich an, George fuhr sich mit den Fingern durchs feuchte Haar, Charlotte steckte die aufgelösten Locken mit Haarnadeln auf. Bevor sie aus dem Zimmer traten, küsste er sie auf den bloßen Nacken.
    Im Wohnraum stand Elisabeth hilflos vor dem wütenden Hund, der ein Löwenfell mit den Zähnen gepackt hatte in der offenkundigen Absicht, dieses totzuschütteln.
    » Simba! Aus! «
    Selbst der geliebten Herrin gehorchte er nicht sofort, zu groß war sein Eifer, diesen mächtigen Gegner zu beuteln. Schließlich ließ er die reichlich zerzauste Trophäe widerwillig fahren, behielt sie aber genau im Auge, um sofort wieder zuzufassen, falls sich der Löwe bewegen sollte.
    » Woher kommt dieses scheußliche Ding? «
    » Ein Bote hat es hier abgegeben « , erklärte Elisabeth aufgeregt. » Er hat gesagt, es sei ein Geschenk für dich, Mama, sieh mal, der Umschlag gehört auch noch dazu. Darf ich aufmachen? «
    Charlotte schüttelte den Kopf und nahm das Schreiben mit spitzen Fingern an sich. Sie hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.
    Verehrteste,
    vor einiger Zeit brachte ich Ihnen einen Leoparden, den Sie mir mit trotziger Miene vor die Füße warfen. Heute sende ich Ihnen einen Löwen, vielleicht habe ich Ihren Geschmack ja nun besser getroffen.
    Um Ihr Gewissen zu erleichtern: Der Löwe war ein alter Einzelgänger, der einem jüngeren Konkurrenten hatte weichen müssen. Zudem trug er seit Wochen die Kugel eines schlechten Schützen im Rücken– es war ein Akt der Barmherzigkeit, ihn mit einem guten Schuss ins Land der ewig grünen Savannen zu

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