Sanfter Mond über Usambara
befördern.
In der Hoffnung, dass meine Gabe diesmal in Gnaden aufgenommen wird
Jeremy Brooks, passionierter Nimrod ohne vernünftige Lebenseinstellung
» Der Kerl gefällt mir « , bemerkte George grinsend. » Reichlich unverschämt– aber er hat Humor. «
Februar 1909
Die Hütten der Waschamba drängten sich auf einem kahlen Bergkegel aneinander, dazwischen herrschte ein unübersichtliches Durcheinander von Hühnern, Ziegen, Hunden und umherlaufenden Kindern. Neben der Behausung des Häuptlings gediehen einige Bananenstauden, darunter saßen die Gäste, die aus Platzmangel eng zusammenrücken mussten. Junge Krieger, mit Speeren und Stöcken bewaffnet, bewegten sich in kleinen Gruppen zwischen den Hütten. Scheinbar gleichmütig besahen sie die Ankömmlinge, schweigend, abwartend und mit einer Spur von Misstrauen. Vorhin, als sie ihren Besuchern entgegenzogen, um sie ins Dorf zu geleiten, waren es nur zehn oder fünfzehn gewesen, jetzt aber schienen immer mehr dieser nackten Burschen aus dem Boden zu wachsen.
Die fünf Askari schwitzten in ihren Uniformen, mit halbherzigen Bewegungen wehrten sie die Fliegen ab und starrten missmutig auf die Versammlung der Dorfältesten, wo über Für und Wider des Ganzen immer noch lebhaft gestritten wurde. George hatte sich mit Charlotte in den spärlichen Schatten einer Bananenstaude verzogen, neben ihnen hockte der Dolmetscher, in einiger Entfernung hatte sich Simba in den Staub gelegt. Die übrigen Begleiter waren am Fuß des Hügels bei den Reittieren zurückgeblieben. George hätte liebend gern auf Askari und Dolmetscher verzichtet, doch die Gouverneursregierung hatte sie ihnen zugeteilt, und aller Widerspruch war erfolglos geblieben.
» Sie sagen, die Ahnen haben sie geschützt « , sagte der Dolmetscher, der selbst ein Waschamba war. In einer Missionsstation hatte er Suaheli und sogar ein wenig Deutsch gelernt. Er trug eine abgelegte weiße Uniformjacke und dazu arabische Pluderhosen, sein größter Stolz aber war ein zerfranster Strohhut, der in Deutschland hergestellt worden war.
» Wenn sie sich jetzt impfen lassen, kann sein, Ahnen werden böse… «
George nickte– er hatte sich mit der Sprache der Waschamba schon in Neu-Kronau beschäftigt und verstand sie recht gut. Dieses abgelegene Dörfchen war bisher von den Pocken verschont geblieben, doch auch in den von der Epidemie betroffenen Gegenden waren sie nicht immer mit offenen Armen empfangen worden. Anders als andere Ärzte zwang George niemanden zur Impfung– er setzte auf sein entschiedenes Auftreten und seine Überredungskünste.
Die schwarzen Kinder mieden ihre Nähe und beäugten sie aus sicherem Abstand. Es waren hübsche Kinder, neugierig und verschmitzt, ganz ohne Angst und doch vorsichtig, wie man es ihnen beigebracht hatte. Charlotte hätte sie gerne photographiert, doch ihre Platten waren längst verbraucht.
Frauen waren nicht zu sehen, sie hielten sich in den Hütten versteckt und beobachteten die Vorgänge vermutlich durch deren Ritzen. Hin und wieder trieb der Wind eine Staubwolke empor und bewegte die Blätter der Bananenstauden, das trockene Laub vor den Eingängen der Hütten raschelte. Ein gelber Hund wagte sich bis auf zwei Schritte an Simba heran, doch dieser ignorierte ihn völlig, es war viel zu heiß, um unnütz Energie aufzuwenden.
Seit vier Wochen waren sie im Norden Usambaras unterwegs, um die Eingeborenen gegen die Pocken zu impfen. George hatte sich der dringenden Anfrage des Gouverneurs schließlich gefügt, doch dieses Mal bat er Charlotte, ihn zu begleiten. Sie war sich zunächst nicht sicher gewesen, ob dieses Angebot ernst gemeint oder nur ein Vorwand war– hatte er ihr doch versprochen, keine Expeditionen mehr unternehmen zu wollen. Doch als sie einwilligte, war seine Freude darüber so offensichtlich, dass sie sich ihres Misstrauens schämte.
» Es ist zwar kein Ritt durch die Sahara, aber immerhin eine Reise durch ein wenig erforschtes Gebiet. Wundere dich nicht, wenn wir von den dort lebenden Eingeborenen angefeindet werden. «
» Von den Waschamba? Du liebe Zeit… «
Er grinste, weil er selbst nicht so recht daran glaubte. Dann aber wurde er ernst.
» Wir werden viel Elend zu sehen bekommen, Charlotte. Pockenkranke Kinder sind kein schöner Anblick. Ich sage das nur, damit du darauf vorbereitet bist. «
» Ich weiß, wie ein Pockenkranker aussieht, George. In Leer gab es damals trotz der Impfungen mehrere Krankheitsfälle, einige Eltern behaupteten sogar,
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