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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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zerbrechlicher.
    Elisabeth hielt Charlottes Pferd, während sie abstieg, und fiel der Mutter um den Hals, kaum dass sie aus dem Sattel war.
    » Mama, was ein Glück, dass ihr kommt! Es ist alles ganz furchtbar. Onkel Peter hat diesmal wirklich recht gehabt, aber dieser verdammte Kerl hat gebrüllt wie ein Irrer. Stell dir vor, er hätte Onkel Peter mit der Peitsche geschlagen, wenn Tante Klara und ich nicht dazwischengegangen wären… «
    » Wie bitte? Von wem redest du überhaupt? «
    Charlotte schob das Mädchen ein Stück zurück, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Elisabeths blaue Augen waren zusammengekniffen vor Zorn, ihre Züge drückten gerechte Empörung aus.
    » Von wem ich rede? Na, von dem Herrn Husdahl– von wem denn sonst? Was für ein Glück, dass er fort ist. «
    » Björn Husdahl ist fort? Aber wieso? Seit wann? «
    » Seit einer Woche. Und Onkel Peter ist ganz schlimm krank. Keiner darf zu ihm, nur Tante Klara. Und das alles bloß, weil Onkel Peter die Schwarzen in seiner Schule unterrichtet hat, damit sie lesen und schreiben lernen… «
    Charlottes hilfloser Blick wanderte zu Klara, in deren schmalem Gesicht aller Schmerz der Welt vereint schien. Peter hatte einen Rückfall erlitten– alle Hoffnung auf Heilung war vergebens gewesen.
    » George! « , rief Elisabeth impulsiv und riss sich von Charlotte los, um sich in die Arme ihres Adoptivvaters zu werfen. » Ach, George, wenn du hier gewesen wärst, wäre das alles nicht passiert. Du hättest diesen Kerl bestimmt zur Vernunft gebracht! «
    » Du hast ja viel Vertrauen in meine Fähigkeiten, kleines Fräulein. Aber lass die staubigen Reisenden doch erst mal eintreten, dann wirst du mir alles ganz genau erzählen, ja? «
    » Du musst gleich nach Onkel Peter schauen, George. Das ist das Wichtigste… «
    Charlotte hielt Klara umfangen, die auf der Stelle in Tränen ausbrach. Nein, sie habe nicht geweint, die ganze Zeit über habe sie sich nichts anmerken lassen, vor allem Peter dürfe ihren Kummer nicht sehen, aber auch die Kinder und die Angestellten…
    » Ach, Charlotte, ich bin so froh, dass du nun da bist. Jetzt wirst du die Verantwortung für uns alle übernehmen, zusammen mit George. Herr Jesus, hilf mir, aber wenn der gute S ch ammi nicht gewesen wäre, ich hätte Lust gehabt, mich in den Teich zu stürzen… «
    » Wie kannst du so etwas sagen, Klara! Du hast einen Mann und einen kleinen Sohn… «
    » Nein, nein, das würde ich doch nicht wirklich tun… ich dachte nur manchmal, dass alles so viel leichter wäre… ich kann doch gar nichts ausrichten, Charlotte. Nicht einmal Peter kann ich helfen… Er spricht kein einziges Wort mit mir… «
    » Du musst Geduld haben, Klara. Du weißt doch besser als ich, dass er nur langsam wieder auf die Beine kommt. «
    Die Erschöpfung des langen Rittes war verflogen, Charlotte war die Herrin der Plantage, es war an ihr, die Zügel in die Hand zu nehmen, und sie tat ohne Zögern, was von ihr erwartet wurde. Mit fester Stimme erteilte sie Anweisungen, das Gepäck abzuladen und unterzustellen. Die Pferde zu versorgen. Ein Abendessen für sie alle zuzubereiten. Nachtlager für die Askari und ihre schwarzen Reisebegleiter zurechtzumachen. Wieso waren die Lampen nicht aufgefüllt? Wer hatte vergessen, den Hühnerstall zu schließen? Weshalb waren die Sättel nicht geputzt, warum standen in der Küche eimerweise ungeschälte Bohnen herum, wieso war das Wohnzimmer nicht ausgefegt?
    » Was ist das für eine Schlamperei? Wieso tut hier keiner seine Pflicht, ohne dass man ständig dahintersteht? Wir sind durstig, Schammi! Martha Mukea, bring die Kleinen ins Bett! «
    Ihre schwarzen Angestellten hasteten davon, um die Aufträge auszuführen, doch auf ihren Gesichtern lag ein zufriedenes Lächeln. Keiner nahm ihr die Schelterei übel– so war sie eben, ihre bibi Johanssen, sie konnte ärgerlich werden, aber sie konnte auch loben. Sie hatte alles im Blick, passte auf jeden auf, sorgte für jeden Einzelnen wie eine mama.
    Nur Elisabeth war nicht begeistert, fiel ihr doch die Aufgabe zu, Sammi von seiner heiß geliebten Freundin Ontulwe zu trennen, was jedes Mal ein lautes Heulkonzert hervorrief. Doch Tante Klara hielt es so, wie es auch in Hohenfriedeberg bei Frau Wohlrab ehernes Gesetz gewesen war: Weiße Kinder durften zwar mit den schwarzen spielen, sie schliefen jedoch stets von ihnen getrennt.
    » O Mama! « , stöhnte Elisabeth. » Ich hatte solche Sehnsucht nach dir. Aber kaum bist du da, muss ich mich

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