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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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und flach, Wurzelenden und abgebrochene Stämme ragten in die Höhe, an vielen Stellen liefen Sturzbäche den Hang hinab, die kleinere Steine und Erde zu Tal spülten.
    Es würde schwer werden, nahe genug an den Erdrutsch heranzukommen, weil sich das Tal an dieser Stelle verengte und die Senke fast vollständig mit Schlamm und Geröll gefüllt war. Immer noch strömte der Regen vom Himmel, und wer sich den herabgestürzten Erd- und Felsmassen näherte, musste damit rechnen, dass sie erneut in Bewegung gerieten.
    Der Maultierwagen musste oben auf der Kuppe des Hügels warten, den Hang hinunterzufahren wäre viel zu gefährlich gewesen. Klara stand aufrecht im Wagen, hielt sich an den Stäben fest, die die Zeltplane trugen, und starrte voller Entsetzen auf das Inferno unten im Tal. Sie konnte ihren Mann sehen, winzig klein und verletzlich hockte er auf einem Felsstück, ein heller Punkt inmitten dieser grau-roten Schlammhölle. Neben ihm lag der leblose Körper des Mannes, den Peter hatte retten wollen, ganz und gar mit rotem Schlamm verschmiert. Charlotte hatte die Idee, Äste und dünne Stämme als Brücke über den Morast zu schieben, doch sie stellte es den Schwarzen frei, ob sie sich zu diesem gefährlichen Unternehmen bereit erklärten. Keiner weigerte sich– geschickt machten sie sich an die Arbeit. Jonas Sabuni kam als Erster bei Peter Siegel an, doch dieser wollte seinen Posten nicht verlassen, ehe der Verletzte geborgen war.
    Sie hatten Glück: Während der Rettungsaktion hörte es endlich auf zu regnen. Zu viert schleppten sie den Bewusstlosen den Hügel hinauf, hoben ihn nicht eben sanft auf den Maultierwagen, und Klara schob die Decken zusammen, um dem Ärmsten ein einigermaßen weiches Lager zu bereiten. Ob er ernsthafte Wunden davongetragen hatte, war nicht zu erkennen, dazu würde man ihn erst einmal waschen müssen, doch er war jetzt bei Bewusstsein und würgte den verschluckten Schlamm heraus.
    Peter Siegel zitterte vor Kälte und Erschöpfung, doch er weigerte sich beharrlich, von den Schwarzen getragen zu werden, und humpelte mühsam auf eigenen Füßen den Hang hinauf. Klara umschlang ihren Mann, wobei sie vor Glück schluchzte. Zu Charlottes Erstaunen hatte Peter Siegel noch die Kraft, seine Frau zu trösten, bevor ihm seine Beine endgültig den Dienst versagten. In sich zusammengesunken hockte er sich schließlich unter die Planen und ließ geschehen, dass Klara ihn wie ein Kleinkind in warme Tücher einwickelte.
    » Du hast diesem Mann das Leben gerettet, Peter « , stammelte sie ein ums andere Mal. » Fast wärest du selbst dabei umgekommen. O Peter, du bist wahrhaftig ein Held! «
    Jetzt, da das Gewitter vorübergezogen war, öffnete sich der Himmel zartblau über ihnen, und die afrikanische Sonne zeigte das Land in harmloser, paradiesischer Schönheit. Wassertröpfchen glitzerten vielfarbig im Blattwerk, in weichen Schleiern stieg der Dunst von Wiesen und Urwäldern empor, aus den Bergtälern quollen weiße Nebelwolken und verhüllten die Gipfel. Zahllose unsichtbare Wesen saugten die Regenfeuchte ein, in den Pfützen bewegte es sich, Wassertropfen rannen von den Blättern, zwischen den Gräsern knisterte und gluckste es. Als die Sonne sank, schien der Himmel wie aus graurotem Marmor, vor dem sich das Wohnhaus der Plantage und das Eukalyptuswäldchen wie schwarze Schattenfiguren abzeichneten.
    Peter Siegel stieg ohne fremde Hilfe vom Wagen und half sogar seiner Frau beim Aussteigen, der Unbekannte musste von mehreren Schwarzen heruntergehoben werden. Als seine Füße den Boden berührten, versuchte er angestrengt, sich auf den Beinen zu halten, er wäre jedoch zu Boden gesackt, hätten Johannes Kigobo und Jonas Sabuni ihn nicht von beiden Seiten gestützt. Es war nicht einfach für die beiden Waschamba, die einen guten Kopf kleiner waren als der Fremde.
    » Sie haben viel Glück gehabt « , sagte Charlotte. » Sind Ihre Glieder heil geblieben? «
    Die rosigen Marmorwolken waren grau geworden; in der einbrechenden Dunkelheit wirkten die Gesichtszüge des Mannes grob und abstoßend. Seine Augen waren rot verschwollen, die Oberlippe eingerissen und blutig. An einigen Stellen war die Lehmschicht auf seiner Gesichtshaut getrocknet und aufgeplatzt, so dass er aussah, als habe er einen schlimmen Sonnenbrand.
    » Ich bin in Ordnung, Lady. «
    Jeremy Brooks musste sich ziemlich anstrengen, um diese fünf Worte herauszubringen, und kaum hatte er es geschafft, wurde er von einem Hustenanfall

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