Sanfter Mond über Usambara
geschüttelt. Er musste würgen und spuckte rötlichen Schlamm aus, vermutlich war er eine Weile von der Lawine verschüttet gewesen.
» Großer Gott! « , murmelte Charlotte. » Bringt ihn vorsichtig ins Gästezimmer. Wir müssen ihn erst einmal waschen, dann werde ich mir seine Verletzungen anschauen… «
Björn Husdahl hatte zwei Anbauten fertigstellen lassen. In dem größeren, mit dessen Bau Charlotte noch begonnen hatte, gab es einen notdürftig eingerichteten Wohnraum, der auch als Büro und Gästezimmer genutzt wurde. Unter dem Dach befand sich ein niedriger Vorratsraum für Mehl, Zucker, Getreide und andere Dinge, welche vor den Ratten sicher aufbewahrt werden mussten. Der zweite Anbau war kleiner und diente als Wirtschaftsraum.
Jeremy Brooks schien es vollkommen gleichgültig zu sein, was man mit ihm anstellen wollte, als die Schwarzen ihn über den Hof schleppten, gab er keinen einzigen Laut von sich. Charlotte überließ ihn vorerst der Fürsorge ihrer Angestellten und zog sich trockene Kleider an, danach wollte sie im ersten Stock bei Klara und Peter nach dem Rechten sehen, doch als sie sich der Zimmertür näherte, hörte sie Wasser plätschern und zögerte. Martha Mukea trat mit einem leeren Eimer aus dem Zimmer und grinste Charlotte verschmitzt an.
» Bibi Siegel hat weiße Tuch aufgespannt, damit Martha Mukea nicht sehen kann, wie nackte bwana Siegel sitzt in Blechwanne mit warme Wasser. Bibi Siegel hat Lappen und wäscht bwana sauber von Erde. «
» Gut, Martha Mukea. Dann bring noch zwei Eimer Wasser hinüber ins Gästezimmer, Schammi soll bwana Jeremy waschen. «
Martha Mukea entfernte sich eilig, noch immer grinsend. Charlotte lauschte kurz auf das Plätschern hinter der Zimmertür und stellte sich vor, wie Klara, die so sittsam und schamhaft war, ihrem Mann den Rücken wusch. Es musste ein merkwürdiger Anblick sein, wie Peter Siegel in der blechernen Kinderbadewanne kauerte, die Erdmute Krüger ihnen für den kleinen Sammi überlassen hatte.
Sie lief wieder hinunter, um die Hausapotheke zu holen, eine kleine Kiste, in der sie Verbände, Fieberthermometer, Pinzetten, Salben und Tinkturen gegen allerlei Krankheiten aufbewahrte. Wie ärgerlich, dass George nicht hier war, er hätte natürlich besser gewusst, was zu tun war. Simba, der auf dem Boden lag und sein nasses Fell trocknen ließ, beschnüffelte die Kiste und beschloss, Charlotte zu begleiten. Mit dieser Kiste lief sein Frauchen meist hinüber zu den Arbeiterwohnungen, und er war der Meinung, dass sie dort auf jeden Fall seinen Schutz brauchte. Doch als er sich aufrappelte, rief Charlotte: » Bleib hier, Simba! Du bist ganz nass und müffelst fürchterlich! «
Er hörte nicht auf sie und trottete hinter ihr her. Als sie die Zwischentür zum Anbau öffnete, setzte er sich abrupt hin und knurrte leise.
» Hau endlich ab! « , hörte sie eine keuchende Stimme aus dem Gästezimmer. » Geh weg von mir! Wasch dich selbst, Neger! «
Vorsichtig schob sie die Tür einen Spalt breit auf und lugte hindurch. Jeremy Brooks saß vollkommen unbekleidet auf dem Gästebett. Offenbar ging es ihm besser, denn er hatte den Arm zum Wurf erhoben. Welches Geschoss er von sich schleudern wollte, konnte sie nicht erkennen. » Bibi Charlotte hat befohlen, ich muss bwana Brooks mit Wasser waschen… « , hörte sie Schammi lamentieren.
Das Wurfgeschoss war ein nasser Lappen gewesen, erkannte Charlotte jetzt. Schammi klaubte ihn vom Boden auf und tauchte ihn erneut in den Eimer.
» Wo ist mein Gepäck? «
» Schammi hat gebracht trockene Hose und Jacke für bwana. Hat gebracht Hemd und Schuhe und auch… «
» Zum Teufel damit! « Jeremy ließ sich erschöpft aufs Bett zurückfallen. Eigentlich hätte Charlotte nun leise die Tür schließen und danach energisch anklopfen müssen, um dem jungen Mann Zeit zu geben, sich zu bedecken, doch sie tat es nicht, sondern verharrte weiter reglos am Türspalt. Er war schön, dieser lästige, aufmüpfige Bursche. Von den blauen Flecken und Hautabschürfungen einmal abgesehen, war sein nackter Körper in vollkommener Harmonie, jeder Muskel, jede Sehne im rechten Maß, als habe ein Künstler lange geübt, um ein solch ausgewogenes Bild zu schaffen. Sogar jene Körperstelle, die Charlotte bei einem Mann bisher immer als hässlich empfunden hatte, erschien ihr nun anziehend, von rötlichem Flaum umwölkt und in unschuldiger Zartheit. Das schöne Bild wurde allerdings dadurch getrübt, dass Jeremy weder Gesicht noch
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