Sanfter Mond über Usambara
Kopfhaar gereinigt hatte, das ihm in lehmverkrusteten Strähnen vom Kopf abstand.
» Bring die Blechkiste herbei, hörst du? « , keuchte er nun und versuchte, sich wieder zum Sitzen aufzurichten.
» Bibi Charlotte hat das nicht befohlen. Schammi soll Wasser holen und waschen helfen, trockene Kleider bringen… «
» Wo sind meine Sachen? « , donnerte der Engländer erneut.
» Bei Pferden und Maultieren im Stall « , erwiderte Schammi ungerührt.
» Auch die Blechkiste? «
» Viele Rollen und Bündel und auch Blechkiste. «
Jeremy stützte sich mit dem linken Arm auf, und Charlotte sah, wie sich sein Zwerchfell heftig hob und senkte. Beschwörend streckte er einen Arm nach Schammi aus. » Hör zu, Bursche. Bring mir die Kiste her, dann will ich dir etwas daraus schenken. «
Schammi stand immer noch über den Wassereimer gebeugt und hielt den ausgewrungenen Lappen in den Händen. Charlotte konnte sein Profil sehen, er blickte aufmerksam zu Jeremy hinüber. Schammi war neugierig, natürlich.
» Was ist darin, bwana Brooks? «
» Du wirst staunen! Los, mach schon. «
» Bwana wird armen Schammi nicht betrügen? «
» Ich sage die Wahrheit. «
» Aber Kiste ist schwer… «
Jeremy stöhnte und ließ den ausgestreckten Arm sinken. Er murmelte einen finsteren englischen Fluch. Schammi, der verschiedenen indischen Herren gedient hatte, schien die Worte zumindest teilweise zu verstehen.
» Nicht schlimme Dinge beschwören, bwana. Schammi will gehorchen. «
Er öffnete die Tür zum Hof und streckte vorsichtig den Kopf hinaus, stellte fest, dass der Boden immer noch morastig und voller Pfützen war, und verzog unwillig das Gesicht. Der junge Mann war stolz auf seinen langen weißen Kaftan und hielt ihn makellos sauber, vermutlich hätte er den Auftrag gern an Johannes Kigobo oder besser noch Jonas Sabuni weitergegeben, aber dann hätte er das Geschenk mit ihnen teilen müssen.
» Nun geh schon « , knurrte der Engländer von seinem Lager herüber. » Von selbst kommt die Kiste nicht gelaufen! «
Schammi glitt hinaus in die Dunkelheit. Gleich darauf flammte im Hof das Licht einer kleinen Handlaterne auf und entfernte sich langsam. Jeremy lag reglos auf seinem Bett und wartete. Lautlos schob Charlotte die Tür Millimeter um Millimeter zu, aber das verflixte Holz musste genau in dem Augenblick, in dem die Klinke einrastete, ein verräterisches Knarren von sich geben. Hatte er es gehört? Und wenn schon– schließlich war dies ihr Haus und ihre Plantage, sie hatte das Recht, jegliche Tür zu öffnen und zu schließen, wann immer es ihr gefiel.
Sie erwischte Schammi im Hof, die Laterne und den Saum des hellen Gewands in der einen Hand, mit der anderen stützte er die Kiste auf seinem Rücken ab. Offenbar waren die Narben auf seinem Rücken wohl doch nicht so empfindlich, wie er stets jammernd behauptete.
» Was ist das? « , fragte sie streng.
Gebückt vor ihr, den Kopf angehoben, um die so plötzlich vor ihm erschienene bibi Charlotte besser sehen zu können, sagte er: » Gepäck von bwana Brooks… Er hat befohlen, dass Schamm i schwere Kiste holt… «
» Bring sie zurück in den Stall. «
» Aber… «
» Tu, was ich sage, Schammi! Und lass dich nicht noch einmal überreden! «
Schweigend gehorchte er, und sie spürte, wie groß seine Enttäuschung war. Jeremy Brooks würde sich seinen verdammten Whisky selbst holen müssen, sobald er einigermaßen wieder auf den Beinen war. Die Flaschen gehörten ihm, daran war nicht zu rütteln, und obgleich sie große Lust verspürte, ihren Inhalt in den Teich zu kippen, würde sie sie doch nicht anrühren. Schließlich war sie weder seine Mutter noch seine Schwester, er musste selbst wissen, ob er sich zu Tode saufen wollte oder nicht. Aber sie würde nach Kräften verhindern, dass er das Zeug an ihre Angestellten weitergab.
Zufrieden begab sie sich wieder ins Haus und ordnete an, dass man dem Verletzten Hühnerfleisch mit Currysoße, Bananenkompott, Gerstenbrot und ein Stück von dem selbst hergestellten Käse brachte. Dazu einen Krug Zitronenlimonade und einen herzlichen Gruß von bibi Johanssen. Sie käme morgen früh vorbei, um nach seinen Verletzungen zu schauen und ihn zu verbinden. Allerdings nur, wenn er sich vorher gewaschen habe.
Charlotte war nie eine Langschläferin gewesen. Hier auf der Plantage erwachte sie stets gegen halb sechs, kurz vor Morgengrauen, und sie hatte keine Ahnung, ob das beginnende Licht, die Hahnenschreie oder ihre innere Uhr
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