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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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Anspannung, die mehr war als nur körperliches Begehren. Zorn mischte sich in seine Leidenschaft, ein Zorn, der sich nicht nur gegen sie, sondern auch gegen ihn selbst richtete und den sie auf ihre Art deutete. Letztlich war er gekommen, weil er sich über sie geärgert hatte, doch das wollte er ihr nicht ins Gesicht sagen, um keinen Streit zu provozieren.
    Enttäuscht lagen sie später nebeneinander. Charlotte hatte sich bald nach dem Höhepunkt aus seinen Armen gelöst und aufgesetzt, um die Decke über sie beide zu ziehen; als sie sich wieder zurücklegte, fasste er ihre Hände und hielt sie fest. Die Lampe auf der Kommode flackerte, weil das Öl zur Neige ging, in dem unruhigen Licht erschien ihr Georges Profil scharf und knochig. Er war zehn Jahre älter als sie, im kommenden Jahr würde er fünfzig werden. Plötzlich überkam sie eine übergroße Zärtlichkeit für diesen Menschen an ihrer Seite, der ihr vor Jahren als junger Hitzkopf das Herz geraubt hatte und nun langsam alterte. War es ein Wunder, dass er über diese lange Trennung erbost war? Er hatte ihr doch gestanden, wie sehr er sie brauchte!
    Sie hätte ihm gern mit dem Finger über die Wange gestrichen, doch er hielt ihre Hände fest umschlossen.
    » Schlaf jetzt, mein Liebes « , flüsterte er ihr ins Ohr. » Du musst morgen zeitig aus den Federn. «
    Natürlich wusste er, dass sie eine Frühaufsteherin war. Er selbst hingegen würde bis weit in den Vormittag hinein schlafen.
    » Willst du noch arbeiten? « , fragte sie, als er Anstalten machte, sein Hemd überzustreifen.
    » Ich kann hinübergehen, wenn dich das Licht stört. «
    Das Licht störte sie nicht, die Tatsache, dass er jetzt aufstehen und sich an seine Manuskripte setzen wollte, dagegen schon. Es war albern, denn so hatten sie es bisher immer gehalten. Wieso meinte sie nur, sich heute einsam und verlassen zu fühlen, wenn er noch einmal aufstand?
    » Warte– ich bin nicht müde, George. Bleib noch ein Weilchen bei mir, bitte. «
    Er bedachte sie mit einem forschenden Blick, als wolle er durch ihre Augen hindurch bis tief in ihre Seele schauen.
    » Nanu, mein Schatz « , sagte er dann schmunzelnd und legte sich wieder neben sie. » Du hast mich doch nicht etwa vermisst? «
    Weshalb ihr plötzlich die Tränen kamen, begriff sie nicht, aber es war unmöglich, sich dagegen zu wehren. Sie schluchzte auf und klammerte sich an ihn wie ein kleines Mädchen. Ja, sie habe Sehnsucht nach ihm gehabt, stammelte sie tränenerstickt, täglich, stündlich, nicht nur in den Nächten. Sie habe seine Stimme vermisst, sein ironisches Lächeln, die Gespräche mit ihm und sogar seine Rechthaberei. Seine klugen und ungewöhnlichen Ansichten über das Leben.
    » Ich will ein Kind von dir, George. «
    » Ein Kind? Ach, Charlotte! Liebste! «
    Er umschloss sie mit den Armen, ließ sie an seiner Brust schluchzen, und sie spürte, wie er ihren Hals und manchmal ihre Stirn küsste, bis sie sich ausgeweint hatte und ihr nasses Gesicht mit einem Zipfel der Bettdecke abwischte.
    » Ich habe über deine Tochter nachgedacht, Charlotte « , sagte er nach einer Weile.
    Das war nicht eigentlich das, was sie jetzt hören wollte. Natürlich gefiel es ihr, dass sich George und Elisabeth so gut miteinander verstanden, doch weshalb sagte er nichts zu ihrem Wunsch nach einem gemeinsamen Kind mit ihm?
    » Elisabeth? « , murmelte sie und räusperte sich. » Was hat sie angestellt? «
    » Gar nichts. Ganz im Gegenteil. Ich halte sie für sehr talentiert und intelligent. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir sie weiter fördern können. «
    Charlotte drehte sich auf den Rücken und blinzelte zu den Holzbohlen der Zimmerdecke hinauf, von denen schon wieder der Putz bröckelte. Vielleicht hatte sie das so schmerzlich ersehnte Kind gerade empfangen?
    » Wie meinst du das? « , fragte sie und strich sich das wirre Haar aus dem Gesicht.
    Er streckte sich nun auch auf dem Rücken aus, hatte den Kopf jedoch ein wenig gedreht, um sie ansehen zu können.
    » Nun– die Regierungsschule in Daressalam möchte allenfalls Telefonistinnen oder Lehrerinnen ausbilden. Im Prinzip sollen die Mädchen auf die künftige Ehe vorbereitet werden, was im Allgemeinen keine schlechte Sache ist… «
    » Ach ja– findest du? « , neckte sie ihn heiter.
    » Gewiss, mein Schatz. Ich bin deiner Großmutter noch heute dankbar, dass sie eine umsichtige Hausfrau aus dir gemacht hat… «
    Seine Worte waren nicht ernst gemeint, das wusste Charlotte. George

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