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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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junger Mann, der wohl noch eine Weile auf der Plantage bleiben wird. Die Großwildjagd hat er vorerst an den Nagel gehängt, dafür zeigt er ungeahnte Talente für die Landwirtschaft. Er hat es geschafft, die Termiten bei der Viehweide zu vernichten, ob sich seine Methode allerdings bewährt, wird sich noch herausstellen. Auch mit den schwarzen Arbeitern hat er eine glückliche Hand, er redet recht unbefangen mit ihnen, doch er hat den Ablauf der Arbeiten schnell begriffen und lässt sich nichts vormachen. Es ist schon erstaunlich, wie bereitwillig sie seine Anweisungen befolgen. Im Übrigen hat er bunte Raupen im Kopf, die ich ihm jedoch noch austreiben werde…
    Einen Brief an Elisabeth würde sie gesondert beilegen. Hatte sie noch etwas vergessen? Ach ja– die leidige Testamentseröffnung, zu der sie auf keinen Fall erscheinen würde. Wenn George diesen Brief erhielt, wäre der Termin ohnehin schon verstrichen.
    Ich sehne mich nach Dir, mein Liebster, und ich vermisse Dich. Meine Nächte sind einsam, nur Simba liegt neben meinem Bett und schnarcht manchmal so laut, dass ich davon erwache. Nur noch ein paar Wochen, spätestens Ende Mai– da bin ich ganz sicher– sind wir wieder beieinander.
    In Liebe
    Charlotte
    Zwei Wochen später brachte der Briefträger wie erwartet ein Antwortschreiben von George Johanssen nach Neu-Kronau. Zu Charlottes Überraschung war es dieses Mal kein dicker Umschlag voller Manuskripte, sondern nur ein schmaler Brief.
    Meine geliebte Charlotte,
    sechs Wochen sind wir nun schon voneinander getrennt, und ich fürchte, dass Du auch in diesem Monat nicht den erhofften Verwalter finden wirst. Oft stehe ich vor Deinen Photographien, die mir die Welt aus Deinem Blickwinkel zeigen, und ich frage mich, ob ich jemals lernen werde, die Dinge so zu sehen, wie sie sich Dir, mein Schatz, darstellen. Das, was Du über Deine Liebe zum Land und zu den afrikanischen Menschen schreibst, hat mich sehr berührt. Nein, Du hast es gut formuliert, weshalb traust Du Dir nur so wenig in dieser Hinsicht zu? Ich habe lange darüber nachgedacht, denn gewiss hast Du recht: Ich empfinde anders, würde niemals Befriedigung auf einem Stück Land finden, meine Wurzeln schleifen über den Boden, ohne sich irgendwo einzugraben. Vielleicht wäre ich ein anderer geworden, wenn wir beide einander früher gefunden hätten? Ja, Du hättest den jungen George Johanssen verdient, den Mann, der die Welt voller Enthusiasmus entdeckte und sich an ihrer Schönheit berauschte, der noch daran glaubte, dass man das Glück auf Dauer in seinen Händen halten könne. Ein Mann im Alter Deines Schutzbefohlenen Jeremy, um den Du Dir so viele Gedanken machst…
    Ich habe in der Klinik Dispens für eine Woche und werde mit Elisabeth nach Neu-Kronau reisen. Wenn Du diese Nachricht in Händen hältst, wird es nur noch wenige Tage dauern, bis wir bei Dir eintreffen.
    George
    Erst Monate später wurde ihr klar, weshalb George diese Reise zu ihr unternahm, und sie machte sich Vorwürfe, seinen Brief nicht gründlicher gelesen zu haben. So aber überflog sie nur noch einmal den letzten Satz, dann warf sie das Papier vor sich auf den Tisch und gab sich ihrer glückseligen Vorfreude hin. Er würde kommen und auch ihre Tochter mitbringen! Nie hätte sie geglaubt, dass Dr. George Johanssen seine Patienten für eine Woche im Stich lassen würde, weil er Sehnsucht nach seiner Frau verspürte. Dabei war doch sie diejenige, die für diese lange Trennung verantwortlich war, welche sie– das musste sie ehrlicherweise zugeben– schon längst hätte beenden können.
    Sie begann zu rechnen: Die beiden würden aller Wahrscheinlichkeit nach am frühen Morgen in Tanga in den Zug steigen und gegen Mittag in Mombo eintreffen. Dort würden sie sich Maultiere mieten und über Wilhelmsthal und die Domäne Kwai hinauf nach Neu-Kronau reiten. Es war jedoch fraglich, ob man die Strecke bei den aufgeweichten Böden an einem Nachmittag schaffen konnte– vermutlich musste George schon Elisabeths wegen auf einer der umliegenden Plantagen übernachten. Auch Peter und Klara waren dieser Meinung, aller Voraussicht nach würden die beiden an einem der kommenden Tage um die Mittagszeit in Neu-Kronau eintreffen.
    Die Sonne schwamm als gleißende Kugel in den grauen Schleierwolken des Abendhimmels, als Charlotte und Jeremy Brooks von ihrem Kontrollritt zur Plantage zurückkehrten. Sie waren vor einem Regenguss in den Wald geflüchtet und dort von ihren Pferden gestiegen, um unter

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