Sanfter Mond über Usambara
dann hörte sie, wie er aufstand, sein Manuskript aus der Reisetasche nahm und geräuschlos das Zimmer verließ.
Als sie wie üblich vor Sonnenaufgang erwachte, verspürte sie ein Unbehagen, das sie sich zunächst nicht erklären konnte. Dann erst begriff sie, dass die leisen Atemzüge neben ihr fehlten und auch die Wärme seines Körpers. George lag nicht bei ihr.
Er saß fertig angezogen im Wohnraum nebenan, hatte jedoch die Lampe nicht angezündet, um die schlafende Elisabeth nicht zu stören.
» Was ist los? « , flüsterte Charlotte besorgt und beugte sich über ihn.
» Nichts. « Er legte eine Hand um ihren Nacken. » Ich habe vor, den Morgenritt mit dir gemeinsam zu machen, mein Schatz. «
Sacht zog er sie zu sich herab, um sie zu küssen, und sie erschrak ein wenig, weil seine Lippen heiß und trocken waren.
» Du hast doch nicht etwa Fieber? «
» Harmlos. Ich habe schon etwas eingenommen. «
» Dann solltest du dich besser schonen, George. «
» Wer ist hier der Doktor? Du oder ich? « , fragte er grinsend und erhob sich.
Sie zog sich an und kümmerte sich darum, dass ein gutes Frühstück aufgetragen wurde, von dem George jedoch nichts außer dem Kaffee und einem Stückchen kaltem Fleisch zu sich nahm. Dafür erschien Jeremy früher als gewöhnlich. Er hatte den Lichtschein im Fenster gesehen und leistete Georges freundlicher Aufforderung, sich mit an den Tisch zu setzen, gern Folge. Die Gespräche drehten sich jetzt um die Plantage, vor allem die mit Spannung erwartete erste Kaffee-Ernte wurde diskutiert. Dann brachte Jeremy Zedern und Kautschuk ins Spiel, weitere Standbeine der Plantage, die Charlotte nicht vernachlässigen durfte, und schilderte voller Stolz seine Methode, die Termiten zu bekämpfen.
» Keine einzige ist zurückgekommen! « , triumphierte er grinsend und kippte den Rest Kaffee aus seiner Tasse hinunter. » Es muss sich dort unten an den Weiden herumgesprochen haben, dass Jeremy Brooks den Kampf gegen die Holzfresser aufgenommen hat! «
Charlotte lächelte über seinen Eifer, warnte ihn aber zugleich, dass die Termiten hartnäckige Plagegeister seien, vor denen man stets auf der Hut sein müsse. Eine Weile stritt sie mit ihm über die Anpflanzung von Kautschukbäumen, dann gab sie zu, dass er nicht ganz unrecht habe, doch im Augenblick stünden einfach nicht genügend Geld und Arbeitskräfte zur Verfügung. » Das wäre dann wohl eine Aufgabe für den zukünftigen Verwalter « , meinte George, der sich an dem Gespräch bisher nur wenig beteiligt und stattdessen im Stuhl zurückgelehnt vor sich hin gestarrt hatte.
» Das ist wohl wahr! « , seufzte Charlotte.
Sie brachen kurz nach Morgengrauen auf, als die Berge ringsum noch nebelverhangen waren und die Feuchtigkeit in weißen Schleiern von Büschen und Wiesen aufstieg. Meerkatzen hüpften in den Zweigen und ließen hie und da Tautröpfchen auf die Reiter hinabregnen, Vogelrufe ertönten aus allen Richtungen, erfüllten die Luft mit krächzenden, pfeifenden und singenden Lauten. Charlotte ritt schweigend neben George, Jeremy hielt sich hinter ihnen, das Schlusslicht machte Simba, der sie auf jedem Ritt unaufgefordert begleitete.
» Ist es nicht schön? « , fragte Charlotte an George gewandt.
» Ja « , gab er zu. » Die Welt ist schön, und am schönsten ist sie am Morgen. «
Später ließ er sich zurückfallen, damit Jeremy zu Charlotte aufschließen konnte. Die beiden tauschten sich über die tagtäglichen Arbeiten aus, stellten fest, welche Aufgaben vordringlich waren und welche Arbeiter sich dafür am besten eigneten. Jeremy kannte bereits die Namen aller Schwarzen, die auf der Plantage lebten, wusste sie einzuschätzen und konnte zum Teil auch sagen, wie ihre Frauen und Kinder hießen.
Während Jeremy den Termitenhügel mit großer Sorgfalt inspizierte, blieb Charlotte bei George zurück, der sich auf einem Steinbrocken niedergelassen hatte und Simba den Hals kraulte.
» Stimmt es, dass der junge Mann eine Kapelle erbauen will? «
Charlotte drehte die Augen zum Himmel und stöhnte leise.
» Das ist eine seiner verrücktesten Ideen. Natürlich war es Peter, der ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Aber sei ganz beruhigt– Jeremy Brooks wird niemals eine Kapelle bauen. «
George blinzelte hinüber zu dem steinharten röhrenförmigen Termitenbau, vor dem Jeremy mit einem Stecken im Boden herumstocherte.
» Wie hat er denn die lieben Tierchen vertrieben? «
» Er hat eine Flüssigkeit hineingegossen. Angeblich
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