Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
Vom Netzwerk:
selbst es, der sich am meisten darüber amüsierte.
    Eine Tür wurde aufgerissen, und das rote Gesicht des Wirts erschien. Er beschimpfte seine Schwarzen als » faules Pack « und » Drückeberger « , im Stall und im Garten warteten jede Menge Arbeit. Seine Angestellten schienen den rüden Ton gewohnt zu sein, sie erhoben sich ohne Hast, grinsten fröhlich und schlenderten davon.
    » Möchten Sie das Zimmer auch für die folgende Nacht mieten? « , wandte sich der Wirt mit schleimiger Stimme an Charlotte. » Meine Frau hat Ihnen einen Imbiss zurechtgestellt– oder haben Sie schon gegessen? Heute Abend werden ein paar interessante Leute aus Daressalam erwartet, ein Postbeamter mit Familie und zwei Damen, die eine Ehevermittlung geschickt hat… «
    Charlotte hatte eigentlich vorgehabt, sich die Geschäfte anzusehen, um einige Einkäufe zu erledigen. Das meiste würde sie wohl bei Josef Gebauer besorgen müssen, doch ganz sicher gab es hier im Ort auch indische Händler. Die Sonne brannte mittlerweile mit ganzer Kraft vom Himmel, daher beschloss sie, zunächst einmal ordentlich zu frühstücken, um später mit klarem Kopf ihre Entscheidungen treffen zu können. » Das ist sehr nett von Ihrer Frau « , sagte sie zu dem Wirt und folgte ihm in die Gaststube.
    » Guten Morgen, Frau Johanssen « , begrüßte sie die Wirtsfrau höflich und machte sich daran, das Frühstück aufzutragen. Charlotte nahm an einem freien Tisch in der Nähe des Tresens Platz.
    Ihre Gedanken wanderten zurück zu ihren Einkäufen und dem Händler Josef Gebauer. Sie hatte in Daressalam eine gute Summe von der Deutsch-Ostafrikanischen Bank abgehoben und trug das Geld in einem kleinen Beutel um den Hals. Solange Simba in ihrer Nähe war, konnte sie vor Diebstahl sicher sein, nur wollte sie das Geld auf keinen Fall verschwenden.
    Der Imbiss erwies sich als außerordentlich reichlich, wenn auch nicht besonders schmackhaft. Es gab kaltes Fleisch vom Vortag mit scharfer Pfeffersoße, dazu klebriges Gerstenbrot und geräucherten Schweineschinken, den der Wirt extra von der Küste kommen ließ. Kompott von allerlei Früchten, Charlotte konnte verkochte Mango, Banane und Ananas herausschmecken, rundete die Mahlzeit ab. Wenigstens der Kaffee war einigermaßen genießbar, wenn auch etwas stark geröstet und sehr dünn.
    Lustlos nahm sie Bissen um Bissen, um bei Kräften zu bleiben, und spürte Verzagtheit in sich aufsteigen. Natürlich hatte sie gewusst, dass es nicht leicht sein würde, ihr Vorhaben durchzuführen, schon gar nicht als Frau und ganz allein. Jetzt jedoch erschienen ihr die Widerstände auf einmal viel gewaltiger, Zweifel am Sinn dieser Suchaktion keimten in ihr auf.
    Gudensen, Gebauer und Knappert hatten nicht ganz unrecht, genauso wenig wie Leutnant Ernst von Diel. Wie sollte sie einen Menschen finden, der fieberkrank und einsam durchs Gebirge streifte? War es nicht Irrsinn, was sie da vorhatte? George war ein erfahrener » Waldläufer « – so hatte er sich immer selbst bezeichnet–,vermutlich war er längst in Sicherheit, hatte sich in irgendeine Klinik geschleppt oder wartete vielleicht sogar in Daressalam auf sie. Doch was, wenn er es nicht geschafft hatte? Wenn er einsam irgendwo in den Uluguru-Bergen lag, fieberkrank, mit seinen Kräften am Ende? Mochte diese Suchaktion auch sinnlos sein– sie war immer noch besser, als in Daressalam zu warten und Däumchen zu drehen.
    Sie teilte dem Wirt mit, sie werde ihr Zimmer vorerst behalten, und zog sich zu einer kurzen Rast zurück. Die beiden Waschamba schickte sie unterdessen zur Poststation, um nachzufragen, ob ein Telegramm oder ein Anruf für sie gekommen sei. Tatsächlich kehrten sie mit der Nachricht zurück, Peter Siegel habe aus Wilhelmsthal angerufen, nach ihr gefragt und gebeten, ihr herzliche Grüße und Gottes Segen auszurichten.
    Charlotte, die so gehofft hatte, der Anrufer wäre George gewesen, musste sich Mühe geben, ihre Enttäuschung zu verbergen. Offensichtlich hatte Klara ihren Mann nach Wilhelmsthal hinuntergeschickt, um per Telefon Näheres über Charlottes Reise zu erfahren.
    » Gehen wir einkaufen « , befahl sie ihren beiden Begleitern und leinte den Hund an.
    Sie hatte ein wenig geschlafen und fühlte sich jetzt frischer, auch die Zweifel und Ängste waren vergangen. Im klaren Sonnenlicht des frühen Nachmittags erschienen ihr Ort und Umgebung jetzt viel fröhlicher und voller kräftiger Farben und heiterer Klänge. Mangobäume säumten den Straßenrand; ihre

Weitere Kostenlose Bücher