Sanfter Mond über Usambara
machen…! «
» Leutnant von Diel « , unterbrach sie ihn. » Ich liebe meinen Mann. Was würden Sie in solch einer Situation von Ihrer Frau erwarten? Dass sie zu Hause bleibt und die Hände in den Schoß legt? «
Er verstummte, ihre Worte hatten ihn getroffen. Leutnant von Diel war ganz sicher ein Schürzenjäger, aber wie alle Verführer wünschte er sich insgeheim eine treue und mutige Ehefrau. Sein kühler Blick wurde unsicher, die linke Wange zuckte.
» Ich würde zumindest erwarten, dass sie einigermaßen vernünftig bleibt « , erwiderte er schließlich in milderem Ton.
» Dann wissen Sie nicht, was Liebe ist! « , schleuderte ihm Charlotte voller Leidenschaft entgegen.
Verlegen erhob er sich von seinem Sessel und trat hinter seinen Schreibtisch.
» Es sind bei der Strafaktion einige Gegenstände sichergestellt worden « , bemerkte er, ohne sie dabei anzusehen. » Dinge, die ganz offensichtlich aus dem Besitz der Expeditionsteilnehmer stammen. Sie gehen morgen mit dem Zug nach Daressalam zur Sewa-Hadschi-Klinik, aber natürlich können Sie gern einen Blick darauf werfen– vielleicht befindet sich ja etwas darunter, das Ihrem Mann gehört hat. «
» Vielen Dank, Herr Leutnant. «
» Das ist leider alles, was ich für Sie tun kann. Und jetzt wollen Sie mich bitte entschuldigen, die Pflicht ruft… «
Ein uniformierter Askari führte Charlotte durch den weiß gekalkten Flur, bog um mehrere Ecken, folgte einem schmalen Gang und zog endlich eine Tür auf. Die Wände des kleinen Magazins waren mit Regalen vollgestellt, in denen Holzkisten und Kartons lagerten, außerdem Stapel mit Schuhen, Jacken und Mützen. Der Fußboden bestand aus gestampftem Lehm. In einer Ecke lag allerlei Zeug, das Charlotte zuerst nicht genau erkennen konnte, da der gestreifte Schatten des hölzernen Fensterladens genau darüberfiel. Erst als der Askari den Laden zurückgestoßen hatte, konnte sie das Sammelsurium genauer in Augenschein nehmen.
Braune Medizinfläschchen in verschiedenen Größen, mit und ohne Schraubdeckel, lagen auf einem kleinen Haufen, einige waren angeschlagen, alle jedoch leer. Daneben entdeckte sie zwei lederne Taschen, in denen vermutlich Verbandsstoffe gewesen waren, außerdem verschiedene, ehemals weiße Kleidungsstücke: Jacken, mehrere Hemden, eine Hose, eine rechte Socke. Schuhe ohne Schnürsenkel, zwei Tropenhelme mit abgetrennten Krempen. Sie erblickte eine stark verkratzte Laterne und drei Sättel, wahrscheinlich für Maultiere, dazu eine Sammlung verschiedenster Waffen: eine alte Flinte, einen Trommelrevolver, mehrere Buschmesser. Auf einer blanken Nierenschale lagen drei Lanzetten und eine zerbrochene Pipette aus Glas, außerdem ein Taschenmesser mit Perlmuttgriff sowie ein goldener Ring. Nichts davon gehörte George. Zögernd kniete sie sich hin und streckte die Hand nach einem in Leder gebundenen Notizbuch aus, doch als sie es aufschlug, sah sie, dass die Seiten leer waren und aufgequollen von der Feuchtigkeit. Zögernd legte sie es wieder an Ort und Stelle.
» Nichts « , sagte sie entmutigt zu dem Askari, der sie bei ihrem Tun beobachtete, und versuchte, ihre Tränen zurückzudrängen. Er spürte ihren Kummer und nickte mitfühlend.
Zurück im Innenhof der boma, band sie Simba los und ging mit dem Hund an der Leine zurück zum Gasthof, um eine Kleinigkeit zu essen und nach ihren beiden Angestellten zu sehen. Sie fühlte sich enttäuscht und entmutigt, zumal sie sich mehr von ihrem Besuch bei dem Truppenkommandeur erwartet hatte. Inzwischen hatten sich die Morgendünste verzogen, und die Konturen der Landschaft traten hart im gleißenden Sonnenlicht hervor. Der Ort belebte sich, eine Gruppe schwarzer Arbeiter hämmerte an den Gleisen, neben dem Postamt wurden neue Gebäude gemauert, eingeborene Frauen mischten den Mörtel mit bloßen Füßen. Vor dem Gasthof hockten Jonas Sabuni und Johannes Kigobo inmitten der schwarzen Dienerschaft, ließen sich mit Maisbrei, Bananen und Gemüse verwöhnen und gaben dafür allerlei Heiteres zum Besten. Sie sprachen eine Mischung aus Waschamba und Suaheli, behalfen sich auch mit deutschen Ausdrücken, und wenn alle Worte versagten, nutzten sie ihr ausgeprägtes schauspielerisches Talent. Besonders Jonas Sabuni rief immer wieder Lachsalven hervor, wenn er anschaulich beschrieb, wie ihm auf dem eisernen Schiffsungetüm die guten Maisfladen aus dem Mund gefallen seien. Charlotte wusste recht genau, wie schrecklich er sich gefühlt hatte– jetzt aber war er
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