Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
Vom Netzwerk:
gut informiert gewesen.
    Leutnant von Diel war überkorrekt gekleidet, die helle Uniform makellos. Seine Wangen waren glatt rasiert und mit irgendeinem Duftwässerchen eingerieben, das Charlotte süßlich entgegenwehte, die stahlblauen Augen mit den dunklen Wimpern blickten sie durchdringend an. Eigentlich war er genau der schneidige junge Offizier, der alle Frauenherzen eroberte. Was ihn wohl nach Deutsch-Ostafrika geführt haben mochte?
    » Ein Vorschlag meinerseits, liebe Frau Johanssen « , sagte er schließlich und bedeutete seinem boy, dem Gast eine Tasse Tee einzugießen. » Morogoro ist kein Ort für eine hübsche, junge Frau. Sosehr ich es begrüßen würde, Sie eine Weile hier bei uns zu behalten, so denke ich doch, dass Sie in Ihrem Domizil an der Küste besser aufgehoben sind. Reisen Sie zurück nach Daressalam und warten Sie dort in aller Ruhe ab, was wir Neues in Erfahrung bringen. «
    Sie hatte nichts anderes erwartet und rührte gelassen ein Löffelchen Zucker in ihren Tee.
    » Ich habe vor, auf eigene Faust nach meinem Mann zu suchen, Herr Leutnant. Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mir auf einer Karte zeigen könnten, wo sich das Dorf befindet, in dem er gefangen war. «
    Er blähte überrascht die Nasenflügel, dann sagte er energisch: » Das sollten Sie besser lassen, Frau Johanssen. Wir haben dort eine Strafexpedition durchgeführt– das Dorf und die Umgebung wurden gründlich abgesucht. Sie können ganz sicher sein, dass uns nichts entgangen ist. «
    » Ich möchte es trotzdem versuchen. «
    Er schien nicht mit Widerspruch gerechnet zu haben, von weiblicher Seite schon gar nicht, denn seine bemüht unverbindliche Miene verfinsterte sich.
    » Ich muss Sie dringend bitten, solchen Unsinn zu unterlassen, Frau Johanssen. Erstens grassieren im Uluguru-Gebirge die Pocken, und zweitens könnte es zu Zusammenstößen mit Eingeborenen kommen. Wir haben die Burschen zwar in ihre Schranken gewiesen, doch es hat sich gezeigt, dass sie nach wie vor widerspenstig sind! «
    Er deutete ihr Schweigen als Einverständnis und zog nun– quasi als Entgegenkommen– eine handgezeichnete Karte aus der Schublade seines Schreibtisches hervor. Charlotte erkannte die horizontal verlaufende Linie der Zentralbahntrasse, einige Ortschaften wie Morogoro und Kilossa, die direkt an den Schienen lagen, darunter das Uluguru-Gebirge. In seinem nördlichen Teil war es dunkel schraffiert und schien als steiler Bergkamm aufzuragen, nach Süden hin verbreiterte es sich, löste sich in mehrere, niedrige Erhebungen auf und bildete eine Hochebene. Mehrere Eingeborenendörfer waren dort als schwarze Punkte gekennzeichnet, dünne blaue Schlangenlinien markierten Flüsse oder Bäche, gewundene Linien deuteten die Pfade der Eingeborenen an. An den Rand waren ein paar Höhenangaben gekritzelt, die sie aber nicht entziffern konnte.
    » Sehen Sie– das Dorf befindet sich auf einer Hochebene im südlichen Teil des Gebirges. Eine ziemlich wilde Gegend, man fragt sich, weshalb Ihr Mann unbedingt dorthin vorstoßen musste. Es ist sowieso verdammt schwer, diese Burschen zur Arbeit zu rekrutieren, weil sie so fernab leben. Wozu also sollte man sie impfen? «
    Er fuhr mit dem Finger auf der Karte herum, ohne sich länger an einer Stelle aufzuhalten, so dass sie nur vermuten konnte, welches der dort eingetragenen Dörfchen das fragliche war.
    » Vor seiner Abreise hatte ich übrigens ein kurzes Gespräch mit Ihrem Mann « , erzählte er, während er die Karte wieder zusammenlegte, um sie in der Schublade zu verstauen. » Immerhin ist er ein bekannter Schriftsteller. «
    Der Ton, in dem er den letzten Satz sprach, hatte einen leicht ironischen Klang. Charlotte ahnte, dass dieser junge Leutnant nicht gerade zu den Bewunderern von Georges Schriften zählte.
    » Einige Schilderungen in seinen Büchern sind tatsächlich brillant, dagegen ist nichts einzuwenden. Er scheint sich allerdings mehr um das Schicksal der Neger zu sorgen als um das Gedeihen unserer Kolonien. Ich muss schon sagen, in dieser Hinsicht hätte ich mir mehr erwartet! «
    Charlotte ging über seine Bemerkung hinweg und bat ihn stattdessen, ihr noch einmal die Karte zu zeigen, da sie sich gern ein paar Dinge notiert hätte. Widerstrebend öffnete Ernst von Diel die Schreibtischschublade und zog die Karte erneut heraus. » Sie können es wohl nicht lassen « , knurrte er ungehalten. » Weshalb sind Sie so stur? Sie werden nur in Ihr Unglück rennen und uns einen Haufen Scherereien

Weitere Kostenlose Bücher