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Santiago, Santiago

Santiago, Santiago

Titel: Santiago, Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Aebli
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grauen Himmel hinein, und in der exakten Fortsetzung abwärts, in die Tälchen hinunter. Die alten Wege verlaufen natürlicher, und auch die modernen Straßen sind zum Glück nicht mehr so starr geometrisch konzipiert. Was hat sich wohl der wackere Planer an seinem Zeichenpult gedacht? Sicher ist er sich sehr modern, rational und konsequent denkend vorgekommen. Und doch müssen auch ihn einige menschliche Regungen bewegt haben.
Er hat nämlich in der Nähe der größeren Orte auf beiden Seiten der Strasse Platanen pflanzen lassen. Wir lieben diese schattigen Alleen, und die Kühle, die sie spenden, versöhnt uns mit dem konsequenten Planer.
Wie an diesem Tage die Regenschauer kommen und gehen, so folgen sich die Hügelketten und Talsenken in der Landschaft. Ihre seichten Täler streichen alle gegen Südosten, und wir streben nach Südwesten: da gibt es nichts anderes, als eine Anhöhe nach der anderen zu überqueren. Zum Glück sind sie nicht hoch, und wir versuchen, das Auf und Ab unseres Weges mit dem heiteren Gleichmut zu ertragen, der uns auch den Wechsel von Sonne und Regen erdulden läßt.
Von einer letzten Anhöhe erkennen wir endlich am gegenüberliegenden Talhang ein kleines Städtchen. Es ist Nogaro, lateinisch Nogarolium, zu deutsch etwa »Nußbaumen«. Eine Platanenallee führt durch die Talsenke geradewegs in seine Mitte.
     

Begegnung mit dem Humor der Armagnaken
24. Tag: Von Nogaro nach Aire-sur-l’Adour
 
Nach unserem Reiseführer sind es 34 Kilometer zur nächsten Unterkunft in Aire-sur-l’Adour. Wir haben inzwischen gelernt, daß es verschieden angelegte Wanderwege gibt, zielstrebige und verspielte, praktische und umständliche, aufs Vorwärtskommen ausgerichtete und lauschige Weglein auskostende. Der Pfad-Finder, der den Weg nach Aire markiert hat, liebt zweifellos die Umwege. Wahrscheinlich ist er selber nie mehr als zwei oder drei Etappen hintereinander gewandert, sonst hätte er den armen Pilgern von heute nicht die zahllosen Zacken und Bogen links und rechts von der Hauptrichtung des Jakobsweges zugemutet.
Zudem sieht es nach mehr Regen aus. Wir wählen daher einen direkteren Weg nach Aire. Er folgt vorerst zwar der Hauptstraße, in der Folge jedoch durchaus attraktiv einem kleinen Sträßlein. Intuitiv bin ich fast sicher, daß es auch die Route der mittelalterlichen Pilger gewesen ist. Man erkennt den historischen Weg ja fast nie aus Merkmalen des Weges selber, sondern muß seinen Verlauf zwischen den markanten Punkten, vor allem den Kirchen und Hospitälern, durch Interpolation erschließen. Er ist sicher ähnlich zielstrebig verlaufen, wie wir es uns wünschen.
Vorerst durchqueren wir das saubere Städtlein Nogaro hangaufwärts, kommen vorbei an der interessanten, aber in den Glaubenskriegen und der Revolution schwer verstümmelten Kirche und folgen dann der alten Landstraße stadtauswärts. Wir haben die Hügel nun hinter uns und sind auf einer großen Ebene, die mit viel Wald durchsetzt ist. Wir finden hier auch die Nußbäume, die Nogaro seinen Namen gegeben haben, vermischt mit Edelkastanien und Eichen. Vereinzelte Schirmpinien zeigen an, daß wir schon tief im Süden Frankreichs sind. Auf den Feldern herrschen der Mais und die Sojabohne vor.
Es beginnt in der Tat zu regnen, und wir folgen wortlos der schnurgeraden Landstraße. Es ist zum Glück Samstag, und wir sind fast allein auf der Straße. Andere Pilger haben wir seit Moissac nicht mehr gesehen. Nach zwei Stunden verlassen wir die große Straße. Die grauen Wolken haben sich verzogen, und große Stücke blauen Himmels schauen zwischen den letzten Wolkenstaffeln hervor. Das Wandern macht jetzt Spaß. Alle Beschwerden sind weg, wir fühlen uns in guter Form und kommen vorwärts. Es gibt hier fast keine Dörfer, fast nur Einzelhöfe. Die älteren Bauernhäuser sind klein und einfach. Wir erinnern uns, daß es im Europa des 15. Jahrhunderts große Söldnerheere von Armagnaken gegeben hat, und verstehen nun, warum. Diese Landschaft vermochte ihre Bevölkerung nur notdürftig zu ernähren. Die überzähligen Männer suchten ihr Auskommen als Söldner in fremden Kriegsdiensten.
Wir halten in der Nähe eines verlassenen und zerfallenden Bauernhauses Mittagsrast. Es ist ein ganz einfacher Fachwerkbau aus Kastanienholz, oben der Wohnteil, unten die Tiere. Ein Zweiräderwagen mit einem abgefallenen Rad steht noch schief neben dem Stallteil. So sind auch die ältesten Bauernhäuser der Alpen aufgebaut. Wir werden diesen Haustyp in

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