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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Eibe
    Gwendolyn
    Shepherd
    M994 Rubin Projectio Rabe Birke
    Aus den Chroniken der Wächter, Band 4, Der Kreis der Zwölf
     

4
    Gwenny! Gwenny, du musst aufwachen!«
    Ich tauchte schwerfällig aus den Tiefen meines Traums empor - im Traum war ich eine uralte, bucklige Frau gewesen, die einem blendend aussehenden Gideon gegenübersaß und behauptete, ihr Name sei Gwendolyn Shepherd und sie käme aus dem Jahr 2080 - und sah in das vertraute, stupsnasige Gesicht meiner kleinen Schwester Caroline.
    »Na endlich!«, sagte sie. »Ich dachte schon, ich kriege dich nie wach. Ich habe schon geschlafen, als du gestern Abend nach Hause gekommen bist, dabei habe ich wirklich versucht, wach zu bleiben. Hast du wieder so ein irres Kleid mitgebracht?«
    »Nein, dieses Mal nicht.« Ich setzte mich auf. »Dieses Mal konnte ich mich dort umziehen.«
    »Wird das jetzt immer so sein? Wirst du immer erst nach Hause kommen, wenn ich schon schlafe? Mum ist so merkwürdig, seit diese Sache mit dir passiert ist. Und Nick und ich vermissen dich - ohne dich sind die Abendessen seltsam.«
    »Das waren sie vorher auch schon«, versicherte ich ihr und ließ mich wieder auf das Kissen zurücksinken.
    Ich war gestern Abend von einer Limousine nach Hause gefahren worden, den Chauffeur kannte ich nicht, aber der rothaarige Mr Marley hatte mich begleitet, exakt bis vor die Haustür.
    Gideon hatte ich nicht noch einmal zu Gesicht bekommen und das war mir auch ganz recht so gewesen. Es reichte, dass ich die ganze Nacht von ihm träumen würde.
    An der Haustür hatte mich Mr Bernhard, der Butler meiner Großmutter, in Empfang genommen, wie immer höflich und ansonsten absolut regungslos. Meine Mum war mir auf der Treppe entgegengekommen und hatte mich umarmt, als sei ich gerade von einer Südpolexpedition zurückgekehrt. Ich freute mich auch, sie zu sehen, aber ich war immer noch ein wenig sauer auf sie. Es war so befremdlich gewesen, feststellen zu müssen, von der eigenen Mutter belogen worden zu sein. Und die Gründe dafür wollte sie mir ja nicht verraten. Außer ein paar kryptischen Sätzen - »vertraue niemandem -gefährlich - Geheimnis - blablabla« - hatte ich von ihr nichts erfahren, was ihr Verhalten erklärt hätte. Deshalb und weil ich vor Müdigkeit beinahe umkam, hatte ich recht wortkarg ein kleines Stück kaltes Hähnchen verzehrt und war dann ins Bett gegangen, ohne Mum über die Geschehnisse des Tages in Kenntnis zu setzen. Was genau sollte sie auch mit den Informationen anfangen? Sie machte sich ohnehin viel zu viele Sorgen. Ich fand, dass sie beinahe so erschöpft aussah wie ich.
    Caroline rüttelte erneut an meinem Arm. »Hey, nicht wieder einschlafen!«
    »Schon gut.« Ich schob mit Schwung meine Füße über die Bettkante und stellte fest, dass ich trotz des langen Telefonats, das ich mit Leslie noch vor dem Einschlafen geführt hatte, einigermaßen ausgeschlafen war. Aber wo war Xemerius? Er war verschwunden, als ich gestern Abend ins Bad gegangen war, und seitdem nicht mehr wieder aufgetaucht.
    Unter der Dusche wurde ich endgültig wach. Ich wusch meine Haare verbotenerweise mit Mums teurem Shampoo und ihrer Haarspülung, auch auf die Gefahr hin, dass mich der wunderbare Duft nach Rosen und Pampelmusen verraten würde. Während ich meinen Kopf trocken nibbelte, fragte ich mich unwillkürlich, ob Gideon wohl Rosen und Pampelmusen mochte, um mich gleich darauf wieder streng zur Ordnung zu rufen.
    Kaum hatte ich ein, zwei Stunden geschlafen, schon dachte ich wieder an diesen bekloppten Typen! Was, bitte schön, war denn schon groß passiert? Gut, wir hatten ein bisschen im Beichtstuhl geknutscht, aber kurz danach hatte er wieder die Rolle des Ekelpakets übernommen und mein Sturz von Wolke sieben war nichts, woran ich mich gerne erinnern wollte, ausgeschlafen hin oder her. Was ich im Übrigen auch Leslie gesagt hatte, die gestern Abend so gar nicht mehr von dem Thema hatte aufhören wollen.
    Ich föhnte meine Haare, zog mich an und trabte dann die vielen Treppen nach unten, Richtung Esszimmer. Caroline, Nick, ich und meine Mum bewohnten den dritten Stock unseres Hauses. Dort war es im Gegensatz zu dem restlichen Kasten, der sich seit Anbeginn aller Zeiten (mindestens!) im Besitz meiner Familie befand, wenigstens einigermaßen gemütlich.
    Das restliche Haus dagegen war vollgestopft mit Antiquitäten und Bildern von diversen Urahnen, von denen die wenigsten eine Augenweide waren. Und wir hatten einen Ballsaal, in dem Nick mit

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