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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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fragen.«
    Ich sah ihn erschrocken an.
    »Oh, verstehe«, sagte Lucas schnell. »Du kannst mich nicht fragen, weil ich da längst tot bin oder alt, taub und blind in einem Pflegeheim vor mich hin dämmere ... - nein, nein, bitte, ich will es gar nicht wissen.«
    Dieses Mal konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Mindestens eine halbe Minute lang schluchzte ich vor mich hin, weil ich - so seltsam das klingt - meinen Großvater plötzlich furchtbar vermisste. »Ich hatte dich sehr lieb«, sagte ich schließlich.
    Lucas reichte mir ein Taschentuch und sah mich mitleidig an. »Bist du sicher? Ich mag Kinder nicht mal. Nervensägen, irgendwie ... Aber vielleicht warst du ja ein besonders nettes Exemplar. Bestimmt sogar.«
    »Ja, war ich. Aber du warst zu allen Kindern nett.« Ich putzte mir geräuschvoll die Nase. »Sogar zu Charlotte.«
    Eine Weile schwiegen wir, dann nahm Lucas eine Uhr aus seiner Tasche und sagte: »Wie lange haben wir noch?«
    »Sie haben mich für genau zwei Stunden hergeschickt.«
    »Das ist nicht besonders viel. Wir haben schon viel zu viel Zeit vertrödelt.« Er stand auf. »Ich besorge Stifte und Papier und wir versuchen, ein bisschen System in dieses Chaos zu bringen. Du bleibst am besten hier und rührst dich nicht von der Stelle.«
    Ich nickte nur. Als Lucas verschwunden war, starrte ich vor mich hin, das Gesicht in den Händen vergraben. Er hatte recht, es war wichtig, gerade jetzt einen klaren Kopf zu bewahren.
    Wer wusste schon, wann ich meinem Großvater noch einmal begegnen würde? Über welche Dinge, die erst noch passieren würden, sollte ich ihn in Kenntnis setzen und über welche nicht? Umgekehrt überlegte ich verzweifelt, welche Informationen er mir geben konnte, die mir nützlich sein würden. Im Grunde war er mein einziger Verbündeter. Nur eben in der falschen Zeit. Und in welches der vielen dunklen Rätsel konnte er von hier aus überhaupt Licht bringen?
    Lucas blieb lange weg und mit jeder Minute, die verging, begann ich an meinem Gefühl zu zweifeln. Möglicherweise hatte er doch gelogen und würde gleich mit Lucy und Paul und einem großen Messer wieder auftauchen, um mir Blut abzunehmen. Unruhig stand ich schließlich auf und suchte nach etwas, das ich als Waffe benutzen konnte. In einer Ecke lag ein Brett mit einem rostigen Nagel darin, aber als ich es aufhob, zerbröselte es unter meinen Fingern. Genau in diesem Augenblick ging die Tür wieder auf und mein junger Großvater erschien mit einem Block Papier unter dem Arm und einer Banane in der Hand.
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Hier, gegen den Hunger.« Lucas warf mir die Banane zu, nahm einen dritten Stuhl vom Stapel, stellte ihn zwischen uns und legte den Schreibblock darauf. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Dieser dämliche Kenneth de Villiers hat oben im Weg rumgestanden. Ich kann diese Villiers nicht ausstehen, sie stecken ihre neugierigen langen Nasen einfach überall hinein, alles wollen sie kontrollieren und bestimmen und immer wissen sie alles besser!«
    »Allerdings«, murmelte ich.
    Lucas schüttelte sein Handgelenk. »Dann wollen wir mal - Enkeltochter. Du bist der Rubin, der Zwölfte im Kreis. Der Diamant aus der Familie de Villiers wurde zwei Jahre vor dir geboren. Er muss also in deiner Zeit ungefähr neunzehn Jahre alt sein. Und er heißt noch mal wie?«
    »Gideon«, sagte ich und nur durch das Aussprechen seines Namens wurde mir warm. »Gideon de Villiers.«
    Lucas' Stift huschte über das Papier. »Und er ist ein Ekel, wie alle de Villiers, aber du hast ihn trotzdem geküsst, wenn ich das vorhin richtig verstanden habe. Bist du nicht ein bisschen jung für so was?«
    »Wohl kaum«, sagte ich. »Im Gegenteil - ich bin total spät dran. Außer mir nehmen
alle
Mädchen in der Klasse die Pille.« Naja, alle außer Aishani, Peggy und Cassie Clarke, aber Aishanis Eltern waren konservative Inder und würden Aishani umbringen, wenn sie einen Jungen auch nur angucken würde, Peggy stand wohl eher auf Mädchen, und was Cassie betraf - sicher gingen die Pickel irgendwann von alleine weg und dann war sie auch wieder netter zu ihren Mitmenschen und hörte auf, »Was guckst du denn so blöd« zu keifen, wenn jemand auch nur in ihre Richtung schaute. »Oh, und Charlotte hat mit Sex natürlich auch nichts am Hut. Gordon Gelderman nennt sie deshalb nur
die Eiskönigin.
Aber mittlerweile bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich passt...«Ich knirschte mit den Zähnen, weil ich daran

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