Sara Linton 01 - Tote Augen
Sakkotasche und gab Faith eines. » Ich vermute ja, dass alles für den Umzug verpackt ist, aber man kann nie wissen.«
Faith stieg aus. Charlie müsste das Haus als Schauplatz absperren, sobald er anfing, Spuren zu sichern. Dass er zuvor Faith und Will sich im Haus umsehen ließ, bedeutete für sie, dass sie nicht warten mussten, bis alles gesichert war, bevor sie nach Hinweisen suchen konnten.
» Hey, hallo«, rief Charlie und winkte ihnen fast fröhlich zu. » Seid gerade rechtzeitig gekommen.« Er deutete auf die Tüten. » Goodwill wollte das gerade wegkarren, als wir ankamen.«
» Was haben Sie?«
Er zeigte ihnen die Etiketten auf den Tüten, auf denen der Inhalt sorgfältig vermerkt war. » Vorwiegend Kleidung, Küchenutensilien, alte Mixer und solche Sachen.« Er grinste. » Ist schon was anderes als dieses Loch im Boden.«
Will fragte: » Was meinen Sie, wann bekommen wir die Ergebnisse aus der Höhle?«
» Amanda hat Dampf gemacht. Da unten war ziemlich viel Scheiße, sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Wir haben die Sachen, die wir für wichtig hielten, vorgezogen. Sie wissen, dass die Isolierung der DNS aus den Körperflüssigkeiten achtundvierzig Stunden dauert. Fingerabdrücke lassen wir sofort nach der Entwicklung durch den Computer laufen. Wenn da unten wirklich was Weltbewegendes war, wissen wir es spätestens morgen in der Früh.« Er tat so, als würde er sich ein Telefon ans Ohr halten. » Der erste Anruf geht an Sie.«
Will deutete auf die Mülltüten. » Irgendwas Hilfreiches gefunden?«
Charlie gab ihm einen Packen Briefe. Will zog das Gummiband ab und schaute sich jeden Umschlag an, bevor er ihn Faith gab. » Die Poststempel sind jüngeren Datums«, sagte er. Ziffern konnte er problemlos lesen, was ihm sehr dabei half, seine Schwierigkeiten zu verbergen. Außerdem erkannte er die meisten Firmen-Logos. » Gasrechnung, Strom, Kabelfernsehen …«
Faith las den Namen der Adressaten. » Gwendolyn Zabel. Das ist ein reizender, altmodischer Name.«
» Wie Faith«, sagte Charlie, und es überraschte sie ein wenig, so etwas Persönliches von ihm zu hören. Doch er tat es ziemlich schnell wieder ab, indem er sagte: » Und sie wohnte in einem reizenden, altmodischen Haus.«
Faith hätte den kleinen Bungalow nicht reizend genannt, aber mit seinen grauen Schindeln und der roten Fassadenverzierung war er auf jeden Fall malerisch. Man hatte nichts unternommen, um das Haus zu modernisieren oder wenigstens in Schuss zu halten. Die Dachrinnen hingen unter Jahren toten Laubs durch, und der Dachfirst erinnerte an einen Kamelrücken.
Der Rasen war ordentlich gemäht, aber es gab keine Blumenbeete oder künstlerisch gestutzte Sträucher, die so typisch waren für die Gärten Atlantas. Alle anderen Häuser in der Straße bis auf eines hatten ein nachträglich hinzugefügtes Obergeschoss oder waren ganz einfach abgerissen worden, um Platz zu machen für ein größeres Steinhaus. Gwendolyn Zabel dürfte eine der letzten Alteingesessenen in der Gegend gewesen sein, ihr Haus war das einzige mit nur zwei Schlafzimmern und einem Bad. Faith fragte sich, ob die Nachbarn froh waren, dass die alte Frau weg war. Ihre Tochter war mit Sicherheit froh um den Scheck vom Verkauf. Ein Haus wie dieses hatte als Neubau wahrscheinlich ungefähr dreißigtausend Dollar gekostet. Jetzt dürfte das Grundstück allein eine halbe Million Dollar wert sein.
Will fragte Charlie: » Konnten Sie die Tür aufschließen?«
» Sie war unverschlossen, als ich ankam«, erwiderte er. » Ich und die Jungs haben uns umgesehen. Nichts, was uns in die Augen gesprungen wäre, aber zuerst seid ihr an der Reihe.« Er deutete auf die Müllsäcke vor ihm. » Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Da drinnen herrscht Chaos.«
Will und Faith wechselten Blicke, als sie aufs Haus zugingen. Inman Park war weit weg von Mayberry. Man ließ seine Tür nicht unverschlossen, außer man hoffte auf Geld von der Versicherung.
Faith drückte die Haustür auf, und mit dem Schritt über die Schwelle kehrte sie zurück in die Siebziger. Der grüne Flokati-Teppichboden war so tief, dass er ihre Tennisschuhe fast verschluckte, und die Spiegelfolie an den Wänden hatte die Güte, sie daran zu erinnern, dass sie im letzten Monat fünfzehn Pfund zugelegt hatte.
» Wow«, sagte Will und schaute sich im Wohnzimmer um. Es war vollgestopft mit Unmengen von Unrat: Stapeln von Zeitungen, Taschenbüchern, Zeitschriften.
» Hier kann man doch nicht gefahrlos
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