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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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glauben, nicht einmal in meiner augenblicklichen Lage … aber beinahe doch. Wenigstens mußte ich ihm das Glück des Teufels zugestehen.
    Müde. Meine Turnschuhe schwerer denn je. Ich versuchte, einen auszuziehen, was mir nur einen weiteren Mundvoll Seewasser einbrachte. Sie standen da und beobachteten mich, wobei Devore ab und zu die Maske anhob und einen belebenden Zug nahm.
    Ich konnte nicht warten, bis es dunkel wurde. Hier im Westen von Maine geht die Sonne schnell unter - wie es, vermute ich, überall auf der Welt in jedem bergigen Land der Fall ist -, aber die Dämmerung zieht sich sehr lange hin. Bis es im Westen so dunkel war, daß ich mich bewegen konnte, ohne gesehen zu werden, wäre im Osten der Mond aufgegangen.
    Ich stellte mir meinen Nachruf in der New York Times vor, die Schlagzeile lautete: BELIEBTER AUTOR VON ROMANTISCHEN THRILLERN ERTRINKT IN MAINE. Debra Weinstock würde ihnen das Autorenfoto des angekündigten Buches Helens Versprechen zur Verfügung stellen. Harold Oblowski würde die richtigen Worte finden und nicht vergessen, eine bescheidene (aber nicht winzige) Todesanzeige in Publisher’s Weekly zu veröffentlichen. Die Kosten dafür würde er sich mit Putnam teilen und -

    Ich ging unter, schluckte mehr Wasser und spie es aus. Ich schlug wieder wie wild auf den See ein und zwang mich, damit aufzuhören. Vom Ufer konnte ich Rogette Whitmores schrilles Lachen hören. Du Miststück , dachte ich. Du dürres Mist-
    Mike , sagte Jo.
    Ihre Stimme war in meinem Kopf, aber nicht diejenige, die ich mache, wenn ich mir ihre Seite eines geistigen Dialogs vorstelle oder wenn ich sie einfach vermisse und eine Zeitlang heraufbeschwören muß. Wie um das zu bekräftigen, platschte etwas rechts von mir, platschte heftig. Als ich in die Richtung schaute, sah ich keinen Fisch, sah nicht einmal Wellen. Statt dessen sah ich unser schwimmendes Floß, das etwa hundert Meter entfernt im sonnenuntergangfarbenen Wasser verankert war.
    »So weit kann ich nicht schwimmen, Baby«, krächzte ich.
    »Haben Sie etwas gesagt, Noonan?« rief Devore vom Ufer. Er hielt spöttisch eine hohle Hand an seine riesigen Wachsklumpenohren. »Konnte es nicht richtig verstehen! Klingt so, als wären Sie außer Puste!« Wieder schrilles Gelächter von Whitmore. Er war Johnny Carson; sie war Ed McMahon.
    Du kannst es schaffen. Ich helfe dir.
    Das Floß, wurde mir klar, war möglicherweise meine einzige Chance - an diesem Abschnitt des Ufers gab es kein weiteres mehr, und es lag mindestens zehn Meter außerhalb von Whitmores bislang weitestem Wurf. Ich paddelte in die Richtung, aber mittlerweile waren meine Arme so bleischwer wie meine Beine. Jedesmal, wenn mein Kopf unterzugehen drohte, machte ich eine Pause und redete ich mir beim Wassertreten zu, daß ich ruhig bleiben solle, ich sei ziemlich gut in Form und mache meine Sache gut, sagte mir, daß alles gut werden würde, wenn ich nicht in Panik geriet. Das alte Miststück und der noch ältere Dreckskerl folgten mir weiter, aber sie sahen, wohin ich wollte, und das Gelächter verstummte. Ebenso die Spötteleien.
    Lange Zeit schien das Floß überhaupt nicht näher zu kommen. Ich sagte mir, daß das am schwindenden Licht läge, wodurch die Farbe des Wassers von Rot über Purpur zu fast
Schwarz wechselte, der Farbe von Devores Zahnfleisch, aber dieses Argument wirkte immer weniger überzeugend, je kurzatmiger ich selbst und je schwerer meine Arme wurden.
    Als ich noch dreißig Meter entfernt war, bekam ich einen Krampf im linken Bein. Ich rollte zur Seite wie ein auf Grund gelaufenes Segelboot und versuchte, den verkrampften Muskel zu erreichen. Wieder lief mir Wasser die Kehle hinunter. Ich versuchte es auszuhusten, würgte und ging unter, während mein Magen sich immer noch hob und meine Finger immer noch nach der knotigen Stelle oberhalb des Knies tasteten.
    Ich ertrinke wirklich , dachte ich und war jetzt, wo es tatsächlich passierte, seltsam ruhig. So passiert es, so ist es .
    Dann spürte ich, wie mich eine Hand im Genick packte. Als ich an den Haaren gerissen wurde, holte mich der Schmerz blitzartig in die Wirklichkeit zurück - es war besser als eine Epinephrin-Injektion. Ich spürte eine andere Hand, die um mein linkes Bein gelegt wurde; ein kurzes, aber erstaunliches Gefühl der Hitze folgte. Der Krampf ließ nach, ich stieß durch die Oberfläche und schwamm - richtiges Schwimmen diesmal, nicht nur Paddeln, und es schienen nur Sekunden vergangen zu sein, bis ich mich an der

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