Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Nordflügels, zog meine nassen Sachen aus und warf sie in die Wanne - platsch . Dann drehte ich mich, immer noch zitternd, um und musterte mich im Spiegel über dem Waschbecken. Ich sah aus wie einer, der bei einer Kneipenschlägerei den kürzeren gezogen hat. Eine lange, trocknende klaffende Wunde zog sich über einen Bizeps. Ein schwarzblauer Bluterguß breitete eine Art schattenhafter Schwingen auf meinem linken Schlüsselbein aus. Am Hals und hinter dem Ohr, wo die holde Rogette mich mit dem Stein ihres Rings erwischt hatte, hatte ich einen blutigen Kratzer.
    Ich nahm den Rasierspiegel und betrachtete damit meinen Hinterkopf. »Geht das nicht in eure Dickschädel hinein?« hatte meine Mutter mich und Sid angebrüllt, als wir Kinder gewesen waren, und nun dankte ich Gott, daß Ma recht gehabt hatte, was die Dicke des Schädels anging, jedenfalls in meinem Fall. Die Stelle, wo Devore mich mit seiner Krücke getroffen hatte, sah aus wie der Kegel eines jüngst erloschenen Vulkans. Whitmores Volltreffer hatte eine rote Wunde
hinterlassen, die genäht werden mußte, wenn ich keine Narbe zurückbehalten wollte. Blut, rostrot und dünn, färbte meinen Hals um den gesamten Haaransatz herum. Gott allein wußte, wieviel aus diesem häßlichen roten Mund geflossen und vom See fortgespült worden war.
    Ich schüttete mir Wasserstoffperoxid in die hohle Handfläche, wappnete mich und klatschte es wie Rasierwasser auf die Platzwunde. Das Brennen war höllisch, ich mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut aufzuschreien. Als die Schmerzen ein wenig abklangen, tränkte ich Wattebäusche mit weiterem Peroxid und säuberte meine anderen Verletzungen.
    Ich duschte, zog ein T-Shirt und eine Jeans an und ging in die Diele, um den County Sheriff anzurufen. Auf ein Telefonbuch war ich nicht angewiesen; die Nummern der Polizei von Castle Rock und des County Sheriffs standen auf der BEI-NOTFÄLLEN-Karte, die an der Pinnwand festgesteckt war, zusammen mit den Nummern von Feuerwehr, Rettungswagen und der 900er-Nummer, wo man drei Lösungen des aktuellen Kreuzworträtsels der Times für einen Dollar fünfzig erfahren konnte.
    Die ersten drei Ziffern wählte ich schnell, dann wurde ich langsamer. Ich kam bis 955-960, bevor ich ganz aufhörte. Ich stand in der Diele, hielt den Hörer ans Ohr gedrückt und malte mir eine weitere Schlagzeile aus, diese nicht in der höflichen Times , sondern in der ruppigen New York Post . SCHRIFTSTELLER ZU ALTEM COMPU-KING: ›SIE GROSSER RÜPEL!‹ Darunter zwei Bilder nebeneinander, eins von mir, ungefähr meinem Alter entsprechend, und eins von Max Devore, der ungefähr wie hundertundsechs aussah. Die Post würde ihren Lesern mit dem größten Vergnügen mitteilen, wie Devore (zusammen mit seiner Begleiterin, einer älteren Dame, die tropfnaß vielleicht vierzig Kilo wiegen mochte) einen Schriftsteller auseinandergenommen hatte, der nicht halb so alt war wie er - einen Mann, der zumindest auf dem Foto einen hinreichend durchtrainierten Eindruck machte.
    Das Telefon hatte es satt, nur sechs der erforderlichen sieben Ziffern in seinem rudimentären Hirn zu speichern, klickte zweimal und präsentierte mir wieder das Freizeichen. Ich
nahm den Hörer vom Ohr, sah ihn einen Moment an und legte ihn behutsam wieder auf.
    Ich bin nicht zimperlich, was die manchmal launische, manchmal verhaßte Aufmerksamkeit der Presse betrifft, aber argwöhnisch, wie ich es in Gegenwart eines übellaunigen Pelztiers wäre. Amerika hat die Leute, die es unterhalten, in groteske Luxushuren verwandelt, und die Medien verhöhnen jede ›Berühmtheit‹, die es wagt, über die Behandlung zu klagen, die ihr oder ihm zuteil wird. ›Hör auf zu knatschen!‹ schreien die Zeitungen und die Boulevardmagazine im Fernsehen (in einem Tonfall zwischen Triumph und Gekränktheit). ›Haste echt geglaubt, wir zahl’n dir die dicke Knete, nur damitte singst oder’n Baseballschläger schwingst? Irrtum, Arschloch! Wir zahlen dafür, daß wir staunen können, wenn du deine Sache gut machst - was immer das in deinem Fall sein mag -, aber auch, weil es lohnend ist, wenn du Scheiße baust. In Wahrheit bist du nur Nachschub. Wenn du uns nicht mehr bei Laune hältst, können wir dich jederzeit abservieren und fressen.‹
    Natürlich können sie dich nicht wirklich fressen. Sie können Bilder von dir ohne Hemd bringen und schreiben, daß du zu fett wirst, sie können darüber schreiben, wieviel du trinkst oder welche Pillen du nimmst, oder sie

Weitere Kostenlose Bücher