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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Problem bestand nicht in dem, was mir einmal
als ›Bildschirmangst‹ beschrieben worden war; davon hatte ich mich selbst überzeugt.
    Ein Brief war an Harold, der andere an Debra Weinstock, und in beiden stand weitgehend dasselbe: Hier ist das neue Buch, Helens Versprechen , ich hoffe, es gefällt euch so gut wie mir, wenn es etwas uneben ist, liegt das daran, daß ich so viele Überstunden machen mußte, um es fertigzubekommen, fröhliche Weihnachten, glückliches Hanukkah, Erin go bragh, Süßigkeiten oder Streich, hoffe, jemand schenkt euch ein Scheißpony.
    Ich stand fast eine Stunde in einer Schlange schlurfender Nachzügler mit verbitterten Augen (Weihnachten ist so eine sorglose, entspannte Zeit, das gefällt mir daran), hielt Helens Versprechen unter dem linken Arm und eine Taschenbuchausgabe von Nelson DeMilles Charm School in der rechten Hand. Ich hatte fast fünfzig Seiten gelesen, als ich meinen letzten unveröffentlichten Roman einer hektisch dreinschauenden Schalterbeamtin anvertraute. Als ich ihr fröhliche Weihnachten wünschte, erschauerte sie und sagte nichts.

Kapitel 4
    Das Telefon läutete, als ich zur Haustür hereinkam. Es war Frank Arlen, der mich fragte, ob ich Weihnachten bei ihm verbringen wollte. Bei ihnen , genauer gesagt; all seine Brüder kamen mit ihren Familien.
    Ich machte den Mund auf, um nein zu sagen - als allerletztes auf der Welt konnte ich ein turbulentes irisches Weihnachtsfest gebrauchen, bei dem alle Whiskey tranken und rührselig von Jo schwadronierten, während schätzungsweise zwei Dutzend rotznäsige Hosenmätze auf dem Boden herumkrabbelten -, und hörte mich sagen, ich würde kommen.
    Frank hörte sich so überrascht an, wie ich mich fühlte, aber aufrichtig erfreut. »Fantastisch!« rief er. »Wann kannst du hier sein?«
    Ich stand in der Diele, meine Galoschen tropften auf die Fliesen, und von da, wo ich stand, konnte ich durch den Türbogen ins Wohnzimmer sehen. Kein Weihnachtsbaum; seit Jos Tod hatte ich mir die Mühe nicht mehr gemacht. Das Zimmer kam mir gräßlich und viel zu groß vor … eine im frühen amerikanischen Stil möblierte Eislaufbahn.
    »Ich war auf Besorgungen unterwegs«, sagte ich. »Wie wäre es, wenn ich etwas Unterwäsche in eine Tasche werfe, wieder ins Auto steige und nach Süden fahre, solange noch Warmluft aus der Heizung kommt?«
    »Riesig«, sagte Frank, ohne einen Augenblick zu zögern. »Wir können uns einen zünftigen Junggesellenabend machen, bevor die Söhne und Töchter von East Malden eintrudeln. Ich schenk dir einen Drink ein, sobald ich den Hörer aufgelegt habe.«
    »Dann sollte ich mich besser auf den Weg machen«, sagte ich.
     
    Das waren ungelogen die schönsten Feiertage seit Johannas Tod. Die einzigen schönen Feiertage, schätze ich. Vier Tage
lang war ich ein Arlen ehrenhalber. Ich trank zuviel, stieß zu oft auf Johannas Andenken an … und wußte irgendwie, daß sie sich darüber freuen würde. Zwei Babys spuckten mich voll, ein Hund kam mitten in der Nacht zu mir ins Bett gekrochen, und Nicky Arlens Schwägerin machte sich in der Nacht nach dem ersten Weihnachtstag dreist an mich ran, als sie mich allein in der Küche erwischte, wo ich mir ein Truthahnsandwich zubereitete. Ich küßte sie, weil sie eindeutig geküßt werden wollte, und einen Moment faßte mich eine abenteuerlustige (oder vielleicht ist ›mutwillig‹ das Wort, das ich suche) Hand an einer Stelle, wo mich seit fast dreieinhalb Jahren niemand mehr angefaßt hatte, von mir selbst abgesehen. Es war ein Schock, aber kein durch und durch unangenehmer.
    Weiter ging es nicht - in einem Haus voller Arlens, und da Susy Donahue noch nicht offiziell geschieden war (sie war, wie ich, eine Arlen ehrenhalber über Weihnachten), hätte es schwerlich weiter gehen können -, aber ich beschloß, daß es Zeit wurde, wieder abzureisen … es sei denn, ich wollte mit Höchstgeschwindigkeit eine schmale Straße hinunterrasen, die höchstwahrscheinlich an einer Backsteinmauer endete. Ich brach am siebenundzwanzigsten auf, sehr froh, daß ich gekommen war, und umarmte Frank heftig zum Abschied, als wir an meinem Auto standen. Vier Tage lang hatte ich überhaupt nicht daran gedacht, daß sich mittlerweile nur Staub in meinem Schließfach bei der Fidelity Union befand, und vier Nächte hatte ich ungestört durchgeschlafen bis acht Uhr morgens und war manchmal mit einem sauren Magen und den Kopfschmerzen eines Katers aufgewacht, aber nicht einmal mitten in der Nacht mit

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