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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Umständen kaum eine Rolle spielte.
    In dieser Nacht träumte ich wieder, daß ich in der Dämmerung den Weg zweiundvierzig entlangschritt, der zu Sara Lacht führt; wieder wünschte ich mir etwas vom Abendstern, während die Eistaucher auf dem See schrien, und wieder spürte ich etwas im Wald hinter mir, das sich unerbittlich näher schlich. Es schien, als wären meine Weihnachtsferien zu Ende.

     
    Es war ein harter, kalter Winter, jede Menge Schnee und im Februar eine Grippeepidemie, die die Alten von Derry schrecklich dezimierte. Die Krankheit fällte sie wie starker Wind alte Bäume nach einem Eissturm. An mir ging sie spurlos vorüber. Ich hatte in jenem Winter nicht mal einen Schnupfen.
    Im März flog ich nach Providence und nahm an Will Wengs Kreuzworträtselwettbewerb von Neuengland teil. Ich belegte den vierten Platz und gewann fünfzig Dollar. Den Scheck löste ich nicht ein, sondern hängte ihn gerahmt im Wohnzimmer auf. Früher einmal waren meine sämtlichen Zertifikate des Triumphs (Jos Formulierung; mir scheint, als wären alle guten Formulierungen von Jo) an den Wänden meines Arbeitszimmers gelandet, aber seit März 1998 ging ich nicht mehr sehr oft dort rein. Wenn ich Scrabble gegen den Computer spielen oder ein Kreuzworträtsel auf Turnierformat lösen wollte, nahm ich das PowerBook und setzte mich an den Küchentisch.
    Ich erinnere mich, wie ich eines Tages dort saß, das Hauptmenü des PowerBook öffnete und zu den Kreuzworträtseln durchklickte … um dann mit dem Cursor zwei oder drei Stellen tiefer zu gehen, bis er meinen alten Freund Word sechs aufhellte.
    In diesem Augenblick überkam mich keine Frustration, keine hilflose, unterdrückte Wut (beides hatte ich seit der Fertigstellung von Von ganz oben reichlich erlebt), sondern Traurigkeit und schieres Verlangen. Als ich das Symbol von Word sechs ansah, kam ich mir plötzlich vor, als würde ich eines der Bilder von Jo ansehen, die ich in der Brieftasche hatte. Wenn ich die betrachtete, dachte ich manchmal bei mir, ich würde meine unsterbliche Seele verkaufen, um Jo zurückzubekommen … und an jenem Tag im März dachte ich, ich würde meine Seele verkaufen, nur um wieder eine Geschichte schreiben zu können.
    Dann versuch es doch , flüsterte eine Stimme. Vielleicht hat sich etwas geändert .
    Aber nichts hatte sich geändert, und das wußte ich. Also öffnete ich Word sechs nicht, sondern zog es zum Papierkorb an der rechten unteren Ecke des Bildschirms und warf es hinein. Leb wohl, alter Freund.

    Debra Weinstock rief in jenem Winter häufig an, meistens mit guten Nachrichten. Helens Versprechen war als eine Hälfte des Schwerpunkts der Literary Guild im August gewählt worden, die andere Hälfte war ein Anwalts-Thriller von Steve Martini, wie ich ein Veteran der Plätze acht bis fünfzehn der Bestsellerliste der Times . Und mein britischer Verleger, sagte Debra, liebte Helen und war sicher, es würde mein ›Durchbruch‹ werden. (Meine Verkaufszahlen in Großbritannien hatten immer zu wünschen übriggelassen.)
    » Helens Versprechen ist eine Art neue Richtung für Sie«, sagte Debra. »Finden Sie nicht auch?«
    »Das dachte ich irgendwie auch«, gab ich zu und fragte mich, wie Debra reagieren würde, wenn ich ihr sagte, daß das Buch meiner neuen Richtung vor fast zwölf Jahren geschrieben worden war.
    »Es hat … ich weiß nicht … eine Art Reife .«
    »Danke.«
    »Mike? Ich glaube, die Verbindung ist schlecht. Sie klingen so gedämpft.«
    Klar tat ich das. Ich biß mir in die Handkante, um nicht vor Lachen loszubrüllen. Nun nahm ich die Hand vorsichtig aus dem Mund und betrachtete die Bißspuren. »Besser?«
    »Ja, viel besser. Also, worum geht es in dem neuen Buch? Geben Sie mir einen Hinweis!«
    »Sie kennen die Antwort darauf, Mädchen.«
    Debra lachte. »›Sie müssen schon das Buch lesen, um das herauszufinden, Josephine‹«, sagte sie. »Richtig?«
    »Jawoll.«a
    »Nun, dann lassen Sie’s kommen. Ihre Freunde bei Putnam sind schwer beeindruckt davon, wie Sie die nächste Stufe erklimmen.«
    Ich verabschiedete mich, legte auf und lachte etwa zehn Minuten unbeherrscht. Lachte, bis mir die Tränen kamen. So bin ich eben. Immer dabei, die nächste Stufe zu erklimmen.
     
    Während dieser Zeit willigte ich auch in ein Telefoninterview mit einem Journalisten von Newsweek ein, der einen Artikel über den neuen amerikanischen Schauerroman schrieb (was
immer das sein mochte, abgesehen von einer Phrase, die die Auflage steigern

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