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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tage in Boston, ein Spiel der Red Sox, ein Ausflug ins Tower Records & Video und ein Besuch der Buchhandlung Wordsworth in Cambridge. Eine solche Lebensweise reißt kein großes Loch in die Zinsen, geschweige denn ins Kapital; ich hatte einen guten Finanzmanager in Waterville, und am Tag, als ich in Derry die Tür abschloß und in Richtung Westen nach TR 90 aufbrach, war ich etwas über fünf Millionen Dollar schwer. Nicht viel im Vergleich zu Bill Gates, aber für diese Gegend eine Menge, daher konnte ich es mir leisten, unbekümmert auf hohe Kosten für Reparaturen am Haus zu reagieren.
    Es war ein seltsamer Frühling und Frühsommer für mich. Die meiste Zeit wartete ich, regelte meine Angelegenheiten in der Stadt, redete mit Bill Dean, wenn er mit den jüngsten Problemen anrief, und versuchte, nicht nachzudenken. Ich machte das Interview mit Publisher’s Weekly , und als der Interviewer mich fragte, ob ich ›im Anschluß an meinen schmerzlichen Verlust‹ Probleme gehabt hätte, mich wieder an die Arbeit zu machen, sagte ich mit absolut ungerührter Miene nein.
Warum auch nicht? Es stimmte ja. Meine Probleme hatten erst angefangen, als ich Von ganz oben beendet hatte; bis dahin war alles wie am Schnürchen gelaufen.
    Mitte Juni traf ich mich mit Frank Arlen zum Essen im Starlite Café. Das Starlite liegt in Lewiston, der geographischen Mitte zwischen seiner Stadt und meiner. Beim Dessert (dem legendären Erdbeermürbekuchen des Starlite) fragte mich Frank, ob ich eine Freundin hätte. Ich sah ihn überrascht an.
    »Was glotzt du so?« fragte er, und sein Gesicht zeigte eine der neunhundert namenlosen Emotionen - in diesem Fall eine zwischen Erheiterung und Ärger. »Ich würde es ganz sicher nicht als einen Betrug an Jo betrachten. Im August ist sie vier Jahre tot.«
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe keine Freundin.«
    Er sah mich schweigend an. Ich erwiderte den Blick ein paar Sekunden, dann rührte ich mit dem Löffel in der Schlagsahne auf meinem Obstkuchen. Die Biskuits waren noch ofenwarm, die Sahne schmolz. Ich mußte an das alberne alte Lied denken, in dem jemand einen Kuchen im Regen hat stehenlassen.
    » Hattest du eine Freundin, Mike?«
    »Ich bin nicht sicher, ob dich das was angeht.«
    »Oh, um Himmels willen. Im Urlaub. Hast du -«
    Ich zwang mich, von der schmelzenden Schlagsahne aufzusehen. »Nein«, sagte ich. »Ich habe nicht.«
    Er schwieg wieder einen oder zwei Augenblicke. Ich dachte, er würde sich einem anderen Thema zuwenden. Mir wäre das recht gewesen. Statt dessen rückte er ohne Umschweife mit der Frage heraus, ob ich seit Johannas Tod überhaupt schon einmal gevögelt hätte. Er hätte eine Lüge zu dem Thema akzeptiert, auch wenn er sie nicht rückhaltlos geglaubt hätte - Männer lügen andauernd über Sex. Aber ich sagte die Wahrheit … mit einem gewissen perversen Vergnügen.
    »Nein.«
    »Kein einziges Mal?«
    »Kein einziges Mal.«
    »Was ist mit einem Massagesalon? Du weißt schon, damit du wenigstens ein -«
    »Nein.«

    Er saß da und klopfte mit dem Löffel gegen den Rand der Schüssel mit seinem Dessert. Er hatte keinen Bissen zu sich genommen. Er sah mich an, als wäre ich eine neue und unappetitliche Insektenart. Das gefiel mir nicht besonders, aber ich glaube, ich konnte es verstehen.
    Zweimal hatte ich fast etwas gehabt, was man heutzutage eine ›Beziehung‹ nennt - aber nicht auf Key Largo, wo ich schätzungsweise zweitausend hübschen Frauen begegnet war, die so gut wie gar nichts angehabt hatten. Einmal war es eine rothaarige Bedienung gewesen, Kelli, in einem Restaurant an der Extension, wo ich häufig zu Mittag aß. Nach einer Weile kamen wir ins Gespräch, alberten herum, und dann kam es ein paarmal zu diesem Blickkontakt, Sie wissen, welchen ich meine, diese Blicke, die ein klein wenig zu lange dauern. Mir fielen ihre Beine auf, und wie ihre Uniform über den Hüften spannte, wenn sie sich drehte, und ihr fiel auf, daß es mir auffiel.
    Und es gab eine Frau im Nu You, dem Studio, wo ich Krafttraining gemacht habe. Eine große Frau, die pinkfarbene Jogging-BHs und schwarze Radfahrershorts bevorzugte. Ziemlich lecker. Außerdem gefiel mir, was sie zum Lesen mitbrachte, wenn sie auf dem stationären Fahrrad ihre endlosen Aerobicausflüge nirgendwohin machte - nicht Mademoiselle oder Cosmo , sondern Romane von Leuten wie John Irving und Ellen Gilchrist. Ich mag Leute, die richtige Bücher lesen, und zwar nicht nur, weil ich einmal selbst welche geschrieben habe.

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