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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Boston Post jedem County in den Staaten von Neuengland einen dieser Stöcke gestiftet. Sie wurden den ältesten Einwohnern gegeben und von einem alten Knacker an den nächsten weitergegeben. Und der Witz daran war, daß die Post schon vor Jahren den Löffel abgegeben hatte.
    »Eigentlich zwei neue Freundinnen«, antwortete ich und versuchte, seinen Namen auf die Reihe zu bekommen. Ich schaffte es nicht, kannte ihn aber aus der Zeit, als Jo noch gelebt hatte und er einen der Plüschsessel in Dickies Aufenthaltsraum plattdrückte und über Wetter und Politik, Politik und Wetter diskutierte, während die Hämmer zuschlugen und der Kompressor tuckerte. Ein Stammgast. Und wenn dort draußen auf dem Highway 68 etwas passierte, war er bei Gott da, es zu sehen.
    »Hab’ gehört, Mattie Devore kann’ne richtig Süße sein«, sagte er, und eines seiner verklebten Lider zuckte herab. Ich habe zu meiner Zeit eine Menge anzügliches Blinzeln gesehen, aber keins konnte es auch nur annähernd mit dem aufnehmen, das mir der alte Mann mit dem goldenem Griff an seinem Gehstock zuteil werden ließ. Ich verspürte den heftigen Wunsch, ihm seine blasse Hakennase abzuschlagen. Sie würde sich wahrscheinlich mit dem Geräusch eines trockenen Zweigs, den man über dem angezogenen Knie zerbricht, von seinem Gesicht verabschieden.

    »Hörst du viel, Oldtimer?« fragte ich.
    »Oh, jau!« sagte er. Seine Lippen - dunkel wie Leberstreifen - teilten sich zu einem Grinsen. Weiße Flecken überzogen sein Zahnfleisch. Im oberen steckten noch zwei gelbe Zähne, im unteren zwei weitere. »Und sie hat die Kleine - ein Schätzchen, das ist sie! Jau!«
    »Ein Schätzchen wie ein Miezekätzchen«, stimmte ich zu.
    Er blinzelte mich an und schien überrascht, diesen alten Spruch aus einem wahrscheinlich neumodischen Mund zu hören, dann wurde das abstoßende Grinsen breiter. »Paßt aber nich auf sie auf«, sagte er. »Baby bestimmt, wie der Hase läuft, was sagt man dazu.«
    Mir fiel auf - besser spät als nie -, daß uns ein halbes Dutzend Leute beobachteten und zuhörten. »Den Eindruck hatte ich nicht«, sagte ich und hob die Stimme ein wenig. »Nein, den Eindruck hatte ich ganz und gar nicht.«
    Er grinste nur … dieses Altmännergrinsen, das sagte: Oh, jau, mein Lieber; ich kenn”nen Spruch, der ist doppelt soviel wert .
    Ich verließ den Laden und machte mir Sorgen um Mattie Devore. Mir schien, als kümmerten sich zu viele Leute um ihre Angelegenheiten.
    Als ich nach Hause kam, nahm ich die Flasche Wein in die Küche - zum Kühlen -, während ich den Grill auf der Veranda anwarf. Vor der Kühlschranktür blieb ich stehen. Schätzungsweise vier Dutzend Magneten waren wahllos darauf verteilt worden - Gemüse, Obst, Plastikbuchstaben und Zahlen, sogar eine gute Auswahl kalifornischer Rosinen -, aber ihre Anordnung war nicht mehr wahllos. Jetzt bildeten sie einen Kreis auf der Kühlschranktür. Jemand war hier drinnen gewesen. Jemand war hereingekommen und hatte …
    Die Magneten auf der Kühlschranktür verschoben? Wenn ja, handelte es sich um einen Einbrecher, der noch eine Menge dazulernen mußte. Ich berührte einen davon - zaghaft, nur mit der Fingerspitze. Dann wurde ich plötzlich wütend auf mich und verteilte sie wieder mit solcher Wucht, daß ein paar auf den Boden fielen. Ich hob sie nicht auf.
    In dieser Nacht stellte ich, bevor ich ins Bett ging, den Memo-Scriber unter Bunter den Großen Ausgestopften Elch,
schaltete ihn ein und stellte ihn auf DIKTAT-Modus. Dann schob ich eine meiner alten selbstbespielten Kassetten hinein, stellte das Zählwerk auf Null und ging ins Bett, wo ich traumlos und ohne Unterbrechung acht Stunden schlief.
     
    Der nächste Tag, Montag, war einer der Tage, um derentwillen Touristen nach Maine kommen - die Luft so sonnenklar, daß die Hügel auf der anderen Seite des Sees leicht vergrößert wirkten. Mount Washington, der höchste Berg von Neuengland, schwebte in größter Ferne.
    Ich setzte Kaffee auf und ging pfeifend ins Wohnzimmer. An diesem Vormittag kamen mir die Hirngespinste der vergangenen Tage albern vor. Dann verstummte mein Pfeifen. Das Zählwerk des Memo-Scribers, das ich vor dem Zubettgehen auf 000 gestellt hatte, zeigte jetzt 012.
    Ich spulte zurück, zögerte mit dem Finger über der PLAY-Taste, sagte mir (mit Jos Stimme), ich solle kein Narr sein, und drückte sie.
    » Oh, Mike «, flüsterte eine Stimme - fast wehklagend - auf dem Band, und ich mußte mir einen Handballen auf den Mund

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