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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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erkennen, wie er mit sechzig aussehen würde, wenn er bis dahin nicht das Feuerwasser drangab. Er stieg in seinen Ford ein und setzte so brutal in meiner Einfahrt zurück, daß die Reifen durchdrehten. Ich blieb stehen, wo ich war, und sah ihm nach. Als er auf dem Weg zweiundvierzig in Richtung Highway fuhr, ging ich ins Haus. Ich überlegte mir, daß Deputy Footmans Nebenjob ganz einträglich sein mußte, wenn er sich eine Rolex leisten konnte. Andererseits war sie vielleicht ein Imitat.
    Reg dich ab, Mike , riet Jos Stimme. Das rote Tuch ist nicht mehr da, niemand schwenkt etwas vor deinen Augen, also reg dich bitte -
    Ich blendete ihre Stimme aus. Ich wollte mich nicht abregen; ich wollte mich auf regen. Man hatte mir eine Vorladung zugestellt .
    Ich ging zum Tisch in der Diele, wo Jo und ich immer unsere aktuellen Dokumente aufbewahrt hatten (und unsere Terminkalender, wo ich gerade darüber nachdachte), und steckte die Vorladung an einer Ecke des fleischfarbenen Umschlags an der Pinnwand fest. Als das erledigt war, hob ich die Faust vor die Augen, betrachtete den Ehering einen Moment und schlug damit an die Wand neben dem Bücherregal. So fest,
daß eine ganze Reihe Taschenbücher hüpften. Ich dachte an Mattie Devores ausgebeulte Hosen und ihr Woolworth-Oberteil, dann an ihren Schwiegervater, der viereinviertel Millionen Dollar für das Warrington’s bezahlte. Einen gottverdammten persönlichen Scheck ausschrieb. Ich dachte an Bill Dean, der sagte, das kleine Mädchen würde so oder so in Kalifornien aufwachsen.
    Ich ging im Haus auf und ab, kochte innerlich und stand schließlich vor dem Kühlschrank. Der Kreis der Magneten war unverändert, aber die Buchstaben im Inneren hatten sich verändert. Anstelle von
    hal1o
stand da nun
    hilf r
    »Hilfer?« Kaum hatte ich das Wort laut ausgesprochen, begriff ich. Die Buchstaben auf dem Kühlschrank bestanden aus einem einzigen Alphabet (nein, nicht einmal das; ich sah, daß g und x irgendwie verlorengegangen waren), und ich würde mehr Buchstaben besorgen müssen. Wenn die Tür meines Kenmore zum Ouijabrett werden sollte, würde ich einen stattlichen Vorrat davon brauchen. Besonders Vokale. Derweil schob ich das h und das i vor das r . Nun lautete die Botschaft
    lf ihr
    Ich verteilte den Kreis der Obst- und Gemüsemagneten mit der Handfläche, verteilte die Buchstaben und ging wieder auf und ab. Ich hatte den Entschluß gefaßt, mich nicht zwischen Devore und seine Schwiegertochter zu stellen, und nun war ich doch zwischen sie geraten. Ein Deputy in Cleveland-Kleidung war in meiner Einfahrt aufgetaucht und hatte ein Leben komplizierter gemacht, das ohnehin nicht frei von Problemen war … und mich dabei noch ein wenig eingeschüchtert. Aber wenigstens war es eine Angst vor etwas, das ich sehen und begreifen konnte. Plötzlich entschied ich, daß ich mehr mit dem
Sommer anfangen wollte, als mir Sorgen über Gespenster, weinende Kinder, und was meine Frau vor vier oder fünf Jahren im Schilde geführt hatte, zu machen … falls sie tatsächlich etwas im Schilde geführt hatte. Ich konnte keine Bücher schreiben, aber das bedeutete nicht, daß ich meine Wunden lecken mußte.
    Hilf ihr.
    Ich beschloß, daß ich es wenigstens versuchen würde.
     
    »Literarische Agentur Harold Oblowski.«
    »Komm mit mir nach Belize, Nola«, sagte ich. »Ich brauche dich. Wir werden uns um Mitternacht leidenschaftlich lieben, wenn der Vollmond den Strand in einen Knochen verwandelt.«
    »Hallo, Mr. Noonan«, sagte sie. Hatte keinen Sinn für Humor, diese Nola. Und auch keinen Sinn für Romantik. In gewisser Weise machte sie das perfekt für die Agentur Oblowski. »Möchten Sie mit Harold sprechen?«
    »Wenn er da ist.«
    »Er ist da. Bitte bleiben Sie dran.«
    Einer der Vorzüge, wenn man Bestsellerautor ist - auch einer, dessen Bücher regelmäßig nur auf Listen mit fünfzehn Plätzen auftauchen -, besteht darin, daß der Agent fast immer für einen zu sprechen ist. Ein weiterer Vorzug: Wenn er im Urlaub auf Nantucket ist, ist er dort für einen zu sprechen. Und ein dritter ist, daß die Wartezeit am Telefon meistens recht kurz ist.
    »Mike!« rief er. »Wie ist es am See? Ich habe das ganze Wochenende an dich gedacht!«
    Klar , dachte ich, und Schweine können pfeifen .
    »Im allgemeinen ganz gut, aber in einer Besonderheit beschissen, Harold. Ich muß mit einem Anwalt sprechen. Ich habe mir zuerst überlegt, Ward Hankins anzurufen und mir von ihm jemand empfehlen zu lassen, aber dann

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