Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
krampfhaft an nichts zu denken. Wie lange ich dort stand, weiß ich nicht mehr. Als die Haut an meinen Händen begann, schrumpelig zu werden, drehte ich das wieder Wasser ab. Mit nassen Haaren verließ ich das Badezimmer und bat Iris, mir ins Schlafzimmer zu folgen. Mary trabte gleich hinterher. Sie schenkte Lionel einen tröstenden Blick und kicherte: „Frauengespräche. Lionel, wenn du was trinken möchtest, dann bediene dich am Kühlschrank. Lass nur das rohe Fleisch in Ruhe, das ist mein Essen für morgen.“
Leise fiel die Schlafzimmertüre ins Schloss. Ich schaute Iris fragend an. Sie war uns so einige Erklärungen schuldig. Sie lächelte besonnen, betrachte mich einen kurzen Moment, dann schweifte ihr Blick zu Mary.
„Ihr wollt nun wissen, wer ich bin und was ich bin. Also ich fang am besten von vorne an. Ich werde mich kurz fassen.“
Sie berichtete uns, dass sie ein Nachkomme der Hexenzunft aus dem 17. Jahrhundert ist und die Gene jener Vorfahren in sich trägt, die damals die Pforten geschlossen hatten. Mary und ich mussten ziemlich ungläubig ausgesehen haben, denn Iris tätschelte ungefragt meine und Marys Schulter und schenkte uns einen verständnisvollen Blick bevor sie fort fuhr. Mit leiser und andächtiger Stimme sprach sie weiter. „Als ich 16 Jahre alt wurde, machte sich meine Gabe das erste Mal bemerkbar. Visionen und Bilder tauchten auf, Fähigkeiten wurden in ihrer form immer intensiver und ich begann mich mit meinem Stammbaum auseinanderzusetzen. Meine Eltern waren sehr konservativ und wehrten sich gegen alles, was mit Magie und Hexerei zu tun hatte. Ich war also in jungen Jahren völlig auf mich allein gestellt. Eines Tages hatte ich mich meiner Großmutter anvertraut, die nicht besonderes erstaunt darüber war. Meine Großmutter besaß, wie sich später herausstellte, die selben Fähigkeiten wie ich, so unterrichtete sie mich heimlich und ich lernte das Hexenhandwerk.“
Wenn bis hier hin nicht feststand, dass ich irre bin, dann spätestens jetzt. Das ist so abwegig, niemals ist das real. Verdammt, was ist los hier?
Iris fuhr jedoch unbeeindruckt weiter.
„Meine Visionen wurden immer stärker und meine Fähigkeiten bauten sich im Laufe der Zeit immer weiter aus. Als meine Großmutter verstarb, hinterließ sie mir eine eine kleine Schatulle mit einigen Dingen, unteranderem auch eine Adresse von einem Hexenmeister. So begegnete ich später Peter Baumeister, einem älteren Steinmetz. Dort lernte ich alles weitere, was eine gute Hexe ausmachte. Ich lernte verschwiegen zu sein, nicht aufzufallen und meine Kräfte nur für die weiße Magie zu nutzen. Ich wusste, dass mir irgendwann eine große Aufgabe bevorstand.“
Sie endete mit dem Satz: „In einer meiner Visionen sah ich euch und ich erstellte darauf hin meine erste Homepage. Ich wusste, ihr würdet mich eines Tages so finden.“
Mit großen Augen hatte Mary zugehört und wisperte aufgeregt: „Warum hast du dich dann nicht bei uns gemeldet und was kannst du denn alles?“
Mit aufgerissenen Augen nuschelte sie: „Ich werd bekloppt.“
Mit zusammengekniffenen Lippen bestätigte ich: „Und ich erst.“
Die blonde Schönheit fuhr sich mit ihren grazilen Fingern durch ihr kurzes, glänzendes Haar.
„Ich darf nicht in die Geschehnisse der Zeit eingreifen, ihr musstet den Weg zu mir selbst antreten. Hättet ihr mir denn geglaubt, wenn ich einfach aufgetaucht wäre? Hättet ihr mir vertraut?“
Ich legte den Kopf beiseite und gedankenversunken flüsterte ich: „Wer sagt, dass wir dir jetzt trauen können? Wem kann man schon wirklich trauen?“
„Das kannst du nur allein entscheiden. Aber warum hätte ich dir dann eben im Stadtwald helfen sollen und warum hätte ich zulassen sollen, dass du in mich hinein siehst?“
Ihre Stimme klang sanftmütig und warm. Ich nickte vorsichtig. Sie hatte mir einen Einblick in ihr Inneres gewährt, das stimmte wohl. Damit hatte sie mich verwirrt. Ich hatte immer schon ein Problem damit, Vertrauen zu fassen, doch dieses Mal gab es überhaupt keinen Grund zur Skepsis. Dennoch wühlte dieses verdammte Misstrauen in mir. In allem sah ich eine Hürde, in jedem einen Feind. Lionel und die ganzen Ereignisse der letzten Zeit hatten meinen Geist verwirrt und meinen Gefühlen die Sicherheit entzogen.
Mary gähnte hinter vorgehaltener Hand: „Ich bin müde.“
„Wir haben keine Zeit zu schlafen. Sie werden uns früher oder später auch hier finden.“
Iris schien zu überlegen, ihre sonst so glatte
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