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Sarah Boils Bluterbe (German Edition)

Sarah Boils Bluterbe (German Edition)

Titel: Sarah Boils Bluterbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Laue
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Norden, Süden, Westen und Osten. Ich rufe meinen Ahnen, tretet herbei und vollführt, was nötig ist.....“
    Bestimmend, jedoch nicht fordernd, wiederholte sie immer wieder den gleichen Text. Ich blickte ihr nach, bis sie im Schlafzimmer verschwand. Wenn ich auch noch immer nicht verstand, was hier vor meinen Augen ablief, war es dennoch faszinierend zu beobachten. Belustigend war zudem das Schauspiel von Mary, die wie ein Küken im Gänsemarsch hinter Iris her trottete. Das ganze Spektakel dauerte eine gute viertel Stunde und das sanfte Gebrabbel macht mich zunehmend müder. Iris schritt zurück und durchquerte das Wohnzimmer, langsam konnte ich die Worte auswendig und flüsterte im Halbschlaf mit:
    „ Elemente, ich rufe euch,
    gebannt sei nun die negative Energie,
    strömt herbei, zeigt mir eure Kraft,
    schützt dieses Haus, dass nur Gutes schafft.
    Kein Schaden soll von nun an hier entstehen,
    nichts Böses darf in diesen Räumen gehen.“
    Sie zeichnete immer wieder mit dem Zeigefinger ein Pentagramm in die Luft und griff in ihre Hosentasche. Ständig warf sie Salz in die Luft. Wo sie auch lang schritt, knirschte es unter den Schuhen.

Na, der Hausverwalter wird sich über den zerkratzen Laminatboden freuen.
    Mary schien das alles nicht im Geringsten zu stören. Im Gegenteil, ihre Augen blitzten jedes Mal auf, wenn Iris ihre Hand zum Himmel hob und schwungvoll ihre Luftzeichnungen vollzog. Ich hingegen schloss die Augen und gähnte. Dann wurde es still und dunkel.
    Gegen zwölf Uhr mittags schreckte ich hoch, mein Herz begann sofort schneller zu schlagen. Es hatte geklingelt. Ich musste wirklich eingeschlafen sein. Mary tapste aus dem Schlafzimmer, gefolgt von Iris, die sich erschöpft die Augen rieb. Hatte Iris Zauber nicht gewirkt? Waren wir auch hier nicht mehr sicher? Ich sprang vom Sofa, deutete den anderen, leise zu sein und betätigte den Türsummer. Mary stammelte verwirrt vor sich hin: „ Alles ist gut, mir wird nichts passieren. Ihr passt alle gut auf mich auf.“
    Iris legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und flüsterte: „ Der Zauber wirkt, es ist sicher nur die Post.“
    Dann klopfte jemand an die Wohnungstüre. Statt durch den Spion zu blicken, fragte ich laut und deutlich: „Wer ist da?“
    Bevor wir eine Antwort erhielten, war Lionel, schnell wie ein Schatten an uns vorbei gehuscht und riss mit einem Ruck die Türe weit auf. Das Treppenhaus war auf Grund seiner schrägen Lage schwer einzusehen. Mary hatte sich hinter ihrem großen Jackenständer versteckt und lugte links zwischen einem braunen Mantelärmel und einem beigen Winterschal hindurch. Ihr Kopf war in einem Berg Stoff verschwunden. Ihre kräftigen Stempel sorgten dafür, dass es ein urkomischer Anblick war, bei dem ich mich zusammenreißen musste, nicht laut los zu prusten. Ein dunkelhaariger, bärtiger Mann in Jeans und alten, abgewetzten Turnschuhen, machte einen Satz nach hinten und stammelte: „Meine Güte, haben sie mich erschreckt! Ein Paket für Frau Mary Berger.“
    Er war klein und zierlich, seine winzigen und dürren Finge umklammerten einen Magnetstift und ein kleines, elektronisches Gerät. Seine Augen auf Lionel gerichtet, der mit grimmiger Miene vor ihm stand, bat er zitternd um eine Unterschrift. Mary lief schuldbewusst an die Türe, um ihr Paket in Empfang zu nehmen.
    „Entschuldigen Sie bitte, mein Onkel ist ein wenig neurotisch wenn die Türklingel geht, er hat seine Tabletten heute mal wieder nicht genommen.“
    Mit diesen Worten drängte sie sich an dem Altvampir vorbei und schubste ihn mit ihrer kräftigen Hüfte zur Seite. Mit hochgezogener Lippe und gekräuselter Stirn erwiderte der Bote: „Sicher, darum verstecken sie sich ja auch hinter einem Kleiderständer. Aber geht mich ja nichts an. Ich liefere hier nur ein Paket ab.“
    Der Kurier verabschiedete sich kopfschüttelnd und verschwand schnellen Schrittes im Hausflur. Mary ließ die Türe ins Schloss fallen und grunzte: „Du Tölpel, mach an meiner Türe mal nicht so einen Wind.“
    Ich raunte Lionel an: „Musst du dich wie ein Primat aufführen?“
    Wortlos schritt er an mir vorbei und setze sich zurück in den Sessel, um wieder die Haltung einer Statue anzunehmen. Lediglich sein Zeigefinger zog kreisende Bewegungen auf der Sessellehne.

Irgendwann hat er den Stoff abgewetzt. Warum tut er das bloß?
    Mary stellte das Paket vor uns auf den großen Wohnzimmertisch. Als sie unsere fragenden Blicke sah, schnappte sie sich die Kiste und wollte

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