Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
schüttelte mich. Lionel betrachtete das ganze Dilemma aus dem kurzen Abstand, den die kleine Küche hergab. Ihm entging nicht das kleinste Detail unserer Vorführung. Teils Siegessicher, weil Martin so eine große Gefühlsregung zeigte und doch peinlich berührt, warf ich Lionel einen warnenden Blick zu. Martin zeigte mit dem Finger auf ihn und schrie was das Zeug hielt. Ich wehrte mich nicht, konnte ihn sogar verstehen. Was hätte ich an seiner Stelle getan?
Ausrasten!
Lionels Augen blitzten kurz golden auf. Seine innere Unruhe zog wie ein unsichtbarer Schleier durch den Raum. Eine große Welle geladener Energie schwappte über mich. Er klatschte zum Applaus. Ich sah das Blau in seinen Pupillen gänzlich verschwinden. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, sprang er im Bruchteil einer Sekunde auf Martin zu und schlug ihn mit einem einzigen Hieb beiseite. Martin fiel rückwärts gegen die Küchenwand und sank zu Boden. Mit einem lauten Scheppern fiel der blecherne Mülleimer um. Mary quietschte in einem so hohen Ton, dass die Gläser zu springen drohten: „Oh mein Gott, mein neuer Mülleimer, er hat ne Beule, seit ihr irre?“
Wir starrten sie alle gleichzeitig an. Wie konnte man sich in so einer eskalierenden Situation über eine große Blechbüchse aufregen? Martin blickte mit aufgerissenen Augen Lionel an, der über ihm gebeugt hing und seine Reißzähne fletschte.
„Fass sie nie wieder an. Oder ich bring dich um, “ fauchte er mit einer dunkler und grollender Stimme. Die Bestie in ihm war erwacht! Ich packte Lionel von hinten mit dem rechten Arm, legte den linken um seinen Hals und riss ihn von Martin weg. Meine Stimme zitterte: „Denk nicht mal daran! Lass ihn sofort los!“
Martin hockte völlig weggetreten auf dem Boden. Er starrte Lionel an und bewegte sich keinen Millimeter von der Stelle. Ich fauchte, ließ den Altvampir nicht aus den Augen: „Reiß dich zusammen und lass ihn endlich los. Hast du das verstanden? Sonst bringe ich dich um!“
Lionel fauchte zurück: „Ich bin schon tot, hast du das vergessen?“
Er lockerte jedoch langsam seinen Griff, Martin sank in sich zusammen und Lionel verließ erhobenen Hauptes die Küche. Der Altvampir schmiss sich im Wohnzimmer in den Sessel und zückte sein silbernes Zigarettenetui. Sein Gesicht hatte wieder einigermaßen menschliche Züge angenommen und seine Augen leuchteten wieder in einem unschuldigen blau. Ich kniete mich vor Martin, legte meine Hände auf seine um ihn zu beruhigen.
„Schatz, schau mich bitte an. Ist alles in Ordnung? Es tut mir so leid, dass du da mit rein gezogen wurdest. Es tut mir unendlich leid.“
Wie vom Wahnsinn umzingelt, stotterte Martin völlig geistesabwesend: „Das glaub ich dir nicht, hat der Kerl gelbe Augen?“
„Ich nickte und strich ihm über die Wange. „Ja, hat er, aber nur, wenn er sich aufregt. Ich sagte doch, ich habe dich nicht angelogen. Schau mich bitte an, es ist alles gut.“
Ich hoffte, dass Martin nicht einen lebenslangen Schock davon trug. Was seine körperliche Konstruktion anging, war er menschlich kaum zu toppen, aber seine psychische Verfassung war immer schon labil. Ich strich ihm immer wieder beruhigend mit der Hand über seinen Arm. Es dauerte zum Glück nicht lange und es schien, als wäre er wieder Herr seiner Sinne.
„Meine Güte, das kann man gar nicht glauben, wenn man es nicht selbst erlebt. Ist das der Bruder von Rüdiger, dem kleinen Vampir aus dem Kinderbuch?“
Ich musste lächeln, wie ein kleines Kind saß er auf dem Boden und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich streichelte ihm noch einmal sanft über seine Wange und küsste ihn: „Provozier ihn jetzt bitte nicht. Er ist einfach zu schnell in Rage. Aber er ist ansonsten recht stubenrein.“
Leise fügte ich hinzu: „Zumindest meistens.“
Mit Sicherheit konnte ich es ja auch nicht sagen. Was wusste ich schon über ihn? Lionels Stimme drang in die Küche: „Stubenrein? Bin ich dein Hauskater? Nein, also unterlass diese Art von Vergleichen..... Meine Kleine.“
Die letzten Worte galten Martin, er konnte es nicht lassen noch eine weitere Provokation hinzuzufügen. Ich äugte um den Türrahmen herum ins Wohnzimmer und zischte durch die Zähne. „Ich bin nicht deine Kleine. Kapier das endlich.“
Martin versuchte aufzustehen. Ich legte meinen Arm unter seine Achsel und half ihm dabei, bis er wieder aufrecht stehen konnte. Lionels Stimme tönte aus dem Wohnzimmer: „ Was willst du eigentlich mit so einem
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