Sarah Maclean
ge-
bracht hatte, sich in der Bibliothek zu verstecken.
Ihre Mutter.
„Callie! Sind das nicht wunderbare Neuigkeiten?" Während
sie sich entnervt fragte, wie oft sie diese Bemerkung an die-
sem Tag wohl noch würde beantworten müssen, öffnete Cal-
lie den Mund. Sie war jedoch nicht schnell genug. „Und dabei
ist Rivington auch noch so verliebt in Mariana! Das ist doch
unglaublich! Ein Herzog, verliebt in unsere Mariana!" Wieder
wollte Callie antworten, doch sie wurde gleich wieder unter-
brochen. „Ach, was jetzt nicht alles zu tun ist! Die Hochzeit
vorbereiten! Einen Verlobungsball geben! Speisenfolgen ent-
werfen! Einladungen verschicken! Ganz zu schweigen von
Marianas Kleid! Und die Aussteuer! Ach, Mariana!"
Die Miene der verwitweten Countess zeigte ebenso viel Selig-
keit, wie sich blankes Entsetzen in Marianas Gesicht spiegelte.
Callie unterdrückte ein Lächeln und stürzte sich ins Getüm-
mel, um ihre Schwester zu retten. „Mutter, Rivington hat ihr
doch erst heute früh einen Heiratsantrag gemacht. Meinst du
nicht, dass wir Mariana erst einmal ein wenig Zeit lassen sollte,
sich über dieses bedeutsame Ereignis zu freuen?" Ihre Stimme
schwankte ein wenig, als sie mit vielsagendem Seitenblick zu
ihrer Schwester meinte: „Vielleicht ein, zwei Tage?"
Es war, als hätte sie nichts gesagt. Die Dowager Countess of
Allendale fuhr fort, wobei ihre Stimme vor Eifer immer schril-
ler wurde: „Und du, Callie! Wir müssen uns genau überlegen,
was für ein Kleid du zur Hochzeit tragen sollst!"
O nein. Die Dowager Countess of Allendale mochte so eini-
ges sein, aber sie war keine verlässliche Modeberaterin für ihre
Tochter. Wenn es Callie nicht bald gelang, ihre Mutter abzulen-
ken, würde diese sie in irgendeine federbesetzte Scheußlichkeit
samt passendem Turban stecken.
„Wir sollten uns erst den wichtigen Punkten zuwenden,
Mutter, findest du nicht auch? Wir könnten doch zur Feier des
Tages heute Abend ein kleines Dinner geben." Sie hielt inne
und wartete ab, ob ihre Mutter auf diesen Vorschlag ansprin-
gen würde.
„Eine wunderbare Idee!" Callie stieß den Atem langsam aus,
hoch erfreut von ihrer Geistesgegenwärtigkeit. „Das machen
wir! Natürlich nur im Familienkreis - die offizielle Ankündi-
gung müssen wir uns für den Verlobungsball aufsparen -, aber
ich finde, ein Dinner ist genau das Richtige für heute Abend.
Oh! Jetzt gibt es noch mehr zu tun! Ich muss die Einladun-
gen austragen lassen und mit der Köchin reden!" Die Dowa-
ger Countess wandte sich um und eilte geschäftig zur Tür. Dort
blieb sie jedoch noch einmal stehen, da sie ihrem Entzücken
einfach noch einmal Luft machen musste. Mit hochrotem Kopf
und schwer atmend rief sie aus: „Oh! Mariana!", dann verließ
sie den Raum endgültig.
In der darauf eintretenden Stille saß Mariana wie betäubt
da. Callie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Du hast
doch wohl nicht geglaubt, dass es leicht werden würde, oder,
Mariana? Vergiss nicht, unsere Mutter wartet seit zweiunddrei-
ßig Jahren auf eine Hochzeit, seit Benedicks Geburt. Und jetzt
bekommt sie eine, dank dir."
„Ich glaube nicht, dass ich das überlebe", erklärte Mariana
und schüttelte benommen den Kopf. „Wer war diese Frau nur?"
„Eine Mutter, die eine Hochzeit zu planen hat."
„Mein Gott", sagte Mariana schwach. „Wie lange, glaubst du,
wird sie sich so aufführen?"
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich würde meinen, bestimmt
die ganze Saison."
„Die ganze Saison? Gibt es keinen Ausweg?"
„Doch." Callie, die das Ganze sehr genoss, machte eine
Kunstpause.
Mariana stürzte sich auf sie. „Welchen denn?"
„Glaubst du, dass Rivington bereit wäre, mit dir nach Gretna
Green durchzubrennen?"
Mariana stöhnte gepeinigt auf, während Callie in Gelächter
ausbrach.
Es würde eine außerordentlich unterhaltsame Saison werden.
Es würde die schlimmste Saison ihres Lebens werden.
Callie stand in der Ecke des Salons, wo sich nach dem Din-
ner und den traditionellen Zigarren (für die Männer) und
dem traditionellen Klatsch (für die Frauen) die gesamte Fa-
milie versammelt hatte und Mariana und ihren Duke mit gu-
ten Wünschen überschüttete. Dutzende von Kerzen tauchten
den Raum in sanftes Licht und verliehen ihm ein intimes Flair.
Normalerweise liebte Callie kleinere Veranstaltungen, bei de-
nen alle Gäste in einen Salon passten, da es sich dabei meist
um gemütliche, fröhliche Feste
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