Sarah Maclean
ihn nicht abgewiesen hättest, hätte Vater es getan,
Callie. Er war ein Spieler und ein Säufer. Meine Güte, er ist in
einer Spielhölle gestorben."
„Ja, aber ich wäre darin Witwe gewesen. Witwen werden von
keinem beleidigt."
„Je nun, ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, aber wenn du
darauf bestehst..." Benedick machte eine Pause. „Wünschst du
dir wirklich, du hättest einen von ihnen geheiratet?"
Callie trank noch einen Schluck und ließ sich den süßen
Sherry genüsslich auf der Zunge zergehen, während sie über
die Frage nachdachte. „Nein, keinen von denen, die mir einen
Antrag gemacht haben", sagte sie. „Ich wäre nicht gern das
Eigentum irgendeines grässlichen Kerls, der mich nur wegen
meines Geldes geheiratet hat oder weil er eine Verbindung zur
Earlswürde der Allendales suchte ... gegen eine Liebesehe hätte
ich jedoch nichts einzuwenden."
Benedick lachte. „Nun ja, eine Liebesehe ist auch etwas ganz
anderes. So etwas passiert nicht jeden Tag."
„Nein", stimmte sie zu, und dann schwiegen sie ein Weilchen.
Schließlich meinte Callie: „Nein ... was ich mir wirklich wün-
sche, das wäre, ein Mann zu sein."
„Wie bitte?"
„Aber ja! Wenn ich dir zum Beispiel sagen würde, du müss-
test die nächsten drei Monate damit verbringen, dir gefühllose
Bemerkungen über Marianas Hochzeit anzuhören, wie würdest
du dann reagieren?"
„Ich würde mich nicht weiter darum kümmern und der Sache
einfach aus dem Weg gehen."
Callie wies mit dem Sherryglas in seine Richtung. „Genau!
Weil du ein Mann bist!"
„Ein Mann, der einer ganzen Reihe von Veranstaltungen,
bei denen er wegen seines Junggesellentums kritisiert worden
wäre, erfolgreich aus dem Weg gegangen ist."
„Benedick", sagte Callie offen und hob den Kopf, „du konn-
test diesen Veranstaltungen einzig und allein deswegen aus dem
Weg gehen, weil du ein Mann bist. Für mich gelten leider andere
Regeln."
„Aber warum denn?"
„Weil ich eine Frau bin. Ich kann nicht einfach all den Bällen,
Abendessen, Teegesellschaften und Anproben fernbleiben. O
Gott. Anproben. Nun muss ich all diese furchtbaren mitleidigen
Blicke schon wieder ertragen ... während Mariana ihr Hoch-
zeitskleid anprobiert ... im Schneidersalon. O Gott." Schaudernd legte sie die Hand auf die Augen.
„Mir erschließt sich immer noch nicht ganz, warum du nicht
wenigstens den schlimmsten Veranstaltungen aus dem Weg ge-
hen kannst. Na gut, beim Verlobungsball wirst du wohl dabei
sein müssen. Und bei der Hochzeit. Aber sag doch alles andere
ab."
„Das kann ich nicht."
„Und wieder frage ich dich: Warum denn nicht?"
„Nette, anständige Frauen sagen derartige Veranstaltungen
nicht ab, genauso wenig, wie sie sich einen Liebhaber nehmen.
Ich muss schließlich auf meinen guten Ruf achten!"
Benedick schnaubte erneut. „Was für ein Unsinn, Calpurnia.
Du bist achtundzwanzig!"
„Es ist nicht sehr freundlich von dir, von meinem Alter zu
sprechen. Und du weißt, wie ich es hasse, wenn du Calpurnia zu
mir sagst."
„Du wirst es überstehen. Du bist achtundzwanzig, unverhei-
ratet und hast vielleicht den makellosesten Ruf des gesamten
tons, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Meine Güte, wann
bist du zum letzten Mal ohne dein Spitzenhäubchen irgendwo-
hin gegangen?"
Wütend funkelte sie ihn an. „Mein guter Ruf ist alles, was ich
habe. Genau das versuche ich dir doch die ganze Zeit zu erklä-
ren, Benedick." Sie bückte sich, um sich noch ein Glas Sherry
einzuschenken.
„Da hast du allerdings recht. Dein guter Ruf ist alles, was du
im Moment hast. Aber du könntest mehr haben. Warum nimmst
du es dir nicht?"
„Ermutigst du mich, unseren guten Namen zu beflecken?",
fragte Callie fassungslos und erstarrte, die Karaffe in der ei-
nen Hand, das Glas in der anderen. Benedick hob bei diesem
Anblick eine Augenbraue. Callie stellte die Karaffe ab. „Dir ist
doch sicher klar, wenn ich das tue, wirst du als Earl unter den
Konsequenzen zu leiden haben."
„Ich sage doch nicht, dass du dir einen Liebhaber nehmen
sollst, Callie. Genauso wenig, wie ich mir wünsche, dass du eine
Szene machst. Ich meine nur, dass du dauernd furchtbar hohe
Maßstäbe an dich selbst legst. Wegen eines kleinen Vergehens
bräuchtest du mit deinem Ruf dir doch gar keine Sorgen zu
machen. Glaub mir, die Earlswürde wird nicht darunter leiden,
wenn du irgendwelche ekelhaften Veranstaltungen ausfallen
lässt."
„Wenn ich schon
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