Sarah Maclean
klat-
schen?"
„Ach, komm schon, Callie. Gib zu, dass du Leighton nicht
ausstehen kannst."
„Nun, natürlich nicht", meinte Callie leise. „Das kann
schließlich niemand. Ich versuche aber nicht, ganze Buchläden
von meinem Missfallen in Kenntnis zu setzen."
Juliana ließ sich das durch den Kopf gehen. Auf sie hatte er
durchaus nicht unangenehm gewirkt. Aber er hatte auch nicht
gewusst, wer sie war. Wenn er herausgefunden hätte, dass sie
die Tochter eines Kaufmanns war ...
„Gibt es viele wie ihn? Viele, die mich nur aufgrund meiner
Herkunft sofort ablehnen werden?"
Mariana und Callie tauschten einen raschen Blick, bevor Cal-
lie leichthin sagte: „Auf solche Leute sollte man nichts geben.
Es wird jede Menge Menschen geben, die Sie sofort ins Herz
schließen. Keine Sorge."
„Allerdings", fügte Mariana lächelnd hinzu. „Und vergessen
Sie nicht, dass ich bald Herzogin werde. Und dann ... zum Hen-
ker mit den anderen."
„Ich würde nicht wollen, dass sie alle umgebracht werden",
erklärte Juliana besorgt.
Die anderen beiden stutzten einen Augenblick, doch dann
begann Callie zu lachen. Marianas Bemerkimg war einem Ver-
ständigungsproblem erlegen. „Das ist eine Redewendung, Ju-
liana. Niemand wird aufgehängt. Es heißt nur, dass Mariana die
anderen egal sind."
Juliana verstand. „Ah! Capisco. Verstehe! Si. Zum Henker mit ihnen."
Die drei Frauen lachten. Juliana zahlte die Geschenke für
ihre Brüder. Nachdem ein Lakai angewiesen worden war, die
beiden Päckchen in die Kutsche zu tragen, wandte sie sich mit
strahlendem Lächeln an die anderen beiden Frauen. „Wohin
gehen wir jetzt?"
Mariana lächelte breit und verkündete: „Natürlich zum
Handschuhmacher. Ohne Opernhandschuhe kann man wohl
kaum debütieren, nicht?"
Callie stand im Theatre Royal in der Loge der Riving-
tons und konnte ein zufriedenes Lächeln nicht unter-
drücken, als sie sich im Publikum umsah und die vie-
len Operngläser entdeckte, die auf Miss Juliana Fiori gerichtet
waren.
Die Oper hatte noch nicht einmal begonnen, doch in der Loge
drängten sich bereits die Gäste, von den Stützen der Gesell-
schaft, die angeblich gekommen waren, um der Dowager Du-
chess ihre Aufwartung zu machen, und dann gar nicht umhin
kamen, die hübsche junge Juliana kennenzulernen, bis zu jun-
gen Stutzern, die keinen Grand sahen, den Zweck ihres Besuchs
zu verbergen, und sofort nach ihrer Ankunft lauthals verlang-
ten, Juliana vorgestellt zu werden.
Der Abend hätte nicht günstiger in Szene gesetzt werden
können, und Callie übernahm die volle Verantwortimg für die-
sen Erfolg.
Juliana war in der Kutsche der Allendales angekommen, und
zu Callies Freude war die junge Frau dem Wagen voll Anmut
und Selbstbewusstsein entstiegen, als wäre es die natürlichste
Sache der Welt, von der vornehmen Gesellschaft unter die Lupe
genommen zu werden. Im Opernhaus hatte Juliana dann ihren
Mantel abgelegt und das atemberaubende Abendkleid präsen-
tiert, das, wie versprochen, am selben Morgen geliefert worden
war: Madame Hebert hatte sich bei dieser Robe selbst übertrof-
fen. Bestimmt verzehrte sich jede zweite Frau an diesem Abend
nach dem golddurchwirkten Kleid.
Und dann war sie an diesem wichtigsten Abend der Lon-
doner Opernsaison in die Loge des Duke of Rivington geleitet
worden, wo sie der persönliche Gast der Herzoginwitwe, der
zukünftigen Herzogin und des Herzogs selbst war. Die Loge der
Allendales sollte an diesem Abend leer stehen; der Earl und
die Dowager Countess of Allendale und Callie wollten sich die
Oper ebenfalls aus der Loge der Rivingtons ansehen - und der
Welt zeigen, dass Juliana von zwei der einflussreichsten Famili-
en Englands akzeptiert wurde.
Und als wäre das nicht genug, so waren auch Ralston und
St. John anwesend - was den ehestiftenden Mamas des ton
noch mehr Nahrung für Klatsch gab. Die schwer zu fassenden
Zwillingsbrüder wurden auf derartigen gesellschaftlichen Er-
eignissen selten gesichtet, und noch seltener zusammen. Cal-
lie sah die beiden an, die Seite an Seite ein Stück hinter ihrer
Schwester standen - zwei identisch anmutende Wachposten,
die durch ihre Körpergröße und Attraktivität ziemlich ein-
schüchternd wirkten.
Callies Herzschlag beschleunigte sich, während sie Ralston
musterte. Er war tadellos gekleidet: er hatte auf die bei den
Dandys so beliebte bunte Weste verzichtet und trug stattdessen
einen erstklassig geschnittenen schwarzen
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