Sarah Maclean
lächeln musste.
„Mylord", sagte sie und knickste züchtig, während er sich tief
über ihre Hand beugte, „ich freue mich, Sie zu sehen."
„Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite." Bei den Worten,
die aus allzu großer Nähe geäußert wurden, stieg Callie die Röte
in die Wangen, und sie tat einen kleinen Schritt rückwärts. Er
fuhr fort: „Ich habe mir erlaubt, Champagner zu bestellen." Er
hielt inne, deutete auf einen Lakaien in der Nähe, der ein Tab-
lett mit Champagnergläsern hielt. „Für Sie ... und für den Rest
Ihrer Gesellschaft."
Callie legte den Kopf ein wenig schief. Bestimmt hatte sie die
Betonung falsch verstanden. „Danke, Mylord." Sie sah zu, wie
der Lakai den Champagner verteilte, und wusste nicht recht,
wie sie fortfahren sollte. „Gefällt Ihnen die Aufführung?"
„Allerdings. Ich bin vor allem von Miss Kritikos' Leistung
beeindruckt, sie ist wirklich ... überwältigend." Oxford sagte
das mit einem breiten Grinsen Richtung Bühne, das Callie nicht
unbedingt angenehm fand. Er griff nach einem Glas Champag-
ner und bot es ihr an. Als sie es nahm, strich er mit dem Finger
über ihren Handrücken, beugte sich vor und senkte die Stimme
zu einem verführerischen Flüstern. „Natürlich genieße ich auch
die Pause in vollen Zügen."
Diesmal war sie sich sicher, dass er angeheitert war. Musste
er doch. Callie entzog ihm die Hand und überlegte, ihm eine
heftige Abfuhr zu erteilen. Das wäre die angemessene Vorge-
hensweise. Doch sie konnte nicht leugnen, dass sie ein gewisses
Maß an Befriedigung daraus zog, dass sie, während sie einen
Abend durchlitt, an dem sich Raistons Geliebte beim gesamten
ton beliebt machte, selbst auch ein wenig Aufmerksamkeit er-
hielt. Sie warf Ralston, der gerade mit seinem Bruder plauder-
te, einen verstohlenen Seitenblick zu. Der Marquess begegnete
ihrem Blick und hob das Champagnerglas zu einem stummen
Gruß. Sofort wandte sie sich wieder Oxford zu und schenkte
ihm ein strahlendes Lächeln. „Auch ich genieße die Pause, My-
lord."
„Ausgezeichnet." Er nahm einen Schluck Champagner und
sagte dann etwas undeutlich: „Mögen Sie Kunst?"
Etwas erstaunt von der Frage, sagte Callie: „Ich ... also, ja,
Mylord."
Oxford tauschte das leere gegen ein volles Glas und meinte:
„Ich würde Sie nächste Woche gern zur Ausstellung der Royal
Academy einladen."
Sie widerstand dem Drang, die Motive des Lords zu hinter-
fragen; ihr war klar, dass sie sich dieser Einladung nur schwer
entziehen konnte. Und so sagte sie: „Das wäre reizend, My-
lord."
„Was wäre reizend?" Die schleppende Stimme kündigte Rais-
tons Ankunft an. Callie ließ sich nicht provozieren.
Oxford jedoch schien überaus bereit, dem Marquess von ih-
rem Gespräch zu berichten. „Ich werde Lady Calpurnia nächste
Woche zur Ausstellung in der Royal Academy begleiten", sagte
er. Die Prahlerei in seinem Ton war nicht zu überhören.
„Tatsächlich?", sagte Ralston.
So ungläubig braucht er nun auch nicht zu klingen. „Aller-
dings, Mylord. Ich bin schon äußerst gespannt auf die Kunst-
werke in diesem Jahr." Leichthin legte sie eine Hand auf Ox-
fords Arm. „Ich kann von Glück reden, so eine Begleitung zu
haben."
„Das Glück ist ganz auf meiner Seite", sagte Oxford, fixierte dabei aber Ralston.
Bevor Callie sich noch über die merkwürdige Betonung wun-
dern konnte, verkündete der Gong das Ende der Pause. Oxford
verabschiedete sich, beugte sich dabei wieder tief über Callies
Hand. „Guten Abend, meine Liebe. Ich freue mich schon auf
nächste Woche."
„Ich auch, Lord Oxford", erwiderte sie und knickste.
Dann drehte er sich breit grinsend zu Ralston um, der ihn mit
versteinerter Miene betrachtete. „Gute Nacht, alter Knabe."
Ralston antwortete nicht, blickte stattdessen auf den jungen
Dandy hinunter, der jedoch nur auflachte und den Marquess
mit dem Spazierstock antippte, ehe er die Loge verließ. Callie
sah ihm nach und meinte dann: „So unhöflich hätten Sie nun
auch zu ihm nicht sein müssen."
„Er hat nichts im Kopf außer Zähnen", erwiderte er nüch-
tern.
Callie ignorierte die Worte, ebenso den Umstand, dass sie erst
vor wenigen Tagen genau dasselbe gesagt hatte, und setzte sich.
Als Ralston seinen Platz neben ihr einnahm, beachtete sie ihn
nicht, sondern blickte stattdessen entschlossen zur Bühne.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ein Lakai mit einem Sil-
bertablett die Loge betrat und eine gefaltete
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