Sarah Maclean
„Sie wagen
es, mich zu kritisieren? Sie wagen es, mein Verhalten in Zweifel
zu ziehen? Für wen halten Sie sich eigentlich?"
„Für die Frau, die Ihre Schwester in die Gesellschaft einfüh-
ren soll. Ich lasse nicht zu, dass Sie ihre Aussichten ruinieren
wegen einer ..."
„Sie lassen nicht zu, dass ich ihre Aussichten ruiniere? Wer war es denn, der vor den Augen des gesamten ton schamlos mit
einem angetrunkenen Dandy geflirtet hat?"
Ihr blieb der Mund offen stehen. „Ich ganz bestimmt nicht!"
„Aber es hatte den Anschein, meine Liebe."
„Wie können Sie es wagen!", sagte sie zornig, „wie können
Sie es wagen zu behaupten, ich hätte schamlos geflirtet! Ich
war es nicht, die einer Opernsängerin mitten in der Vorstellung
schöne Augen gemacht hat!"
„Das reicht", sagte er in mühsam beherrschtem Ton.
„Nein, noch lange nicht!" Callie konnte sich nicht länger zu-
rückhalten, alle Dämme waren gebrochen. „Ich bin es nicht, die
zu einem Stelldichein mit einer ... angemalten Geliebten da-
voneilt ... während meine Schwester vor der größten Heraus-
forderung ihres Leben steht. Haben Sie auch nur die geringste
Ahnung, was der ton ihr antun wird, wenn Sie ertappt wer-
den, Sie gefühlloser ... Unhold?" Das letzte Wort klang ziemlich
schrill.
Sein Blick wurde stumpf, seine Miene versteinerte. Er ballte
die Hände zu Fäusten, und sein Ton verriet, dass er sich kaum
noch unter Kontrolle hatte. „Wenn Sie endlich fertig sind, Lady
Calpurnia, so glaube ich, dass unser Gespräch beendet ist. Was
meine Schwester angeht, so brauche ich Ihre Hilfe nicht mehr."
„Wie bitte?" Sie war empört.
„Eigentlich ist es ganz einfach. Ich will nicht, dass sie in Ihre
Nähe kommt. Sie sind zu riskant."
Vor Schreck riss sie die Augen auf. „Ich soll ein Risiko sein?",
erwiderte sie. Ihre Stimme zitterte vor Zorn. „Oh, ich wer-
de Ihre Schwester sehen, Mylord. Ich lasse nicht zu, dass Ihre
Chancen zerstört werden. Außerdem ...", drohend hob sie den
Finger, „lasse ich mir von einem berüchtigten Lebemann und
Wüstling nicht vorschreiben, wie ich mich zu verhalten habe."
Da verlor er die Beherrschung, packte ihre Hand samt dro-
hend erhobenem Finger und zog sie damit direkt an sich. „Wenn
ich schon so bezeichnet werde, kann ich auch aufhören, gegen
meinen Ruf anzukämpfen." Und damit küsste er sie.
Sie wehrte sich gegen ihn, wand sich in seinem festen Griff,
doch wohin sie sich auch drehte, er hielt sie fest, mit starken
Armen, festen Muskeln und harten, unnachgiebigen Lippen. Sie
trommelte ihm mit den Fäusten auf die Schultern, und er fasste
sie mit beiden Händen um die Taille und hob sie hoch - sodass
ihr nichts anderes übrig blieb, als sich an ihm festzuhalten. Sie
keuchte vor Überraschung über diese plötzliche Wendung, und
er nutzte die Gelegenheit, in ihren Mund einzudringen, ihr den
Atem zu rauben.
Und dann erwiderte sie den Kuss mit Lippen, Zunge und
Zähnen, folgte ihm, wohin er sie führte. Er fing ihre Seufzer
mit seinem Mund auf, sie genoss sein tiefes Stöhnen der Lust.
Nach intensiven Momenten sinnlichen Kampfes wurden seine
Lippen sanfter, und er beendete den Kuss sehr viel zarter, als er
begonnen hatte.
Die Liebkosungen entlockten Callie einen leisen Schrei, und
Ralston lächelte und drückte ihr einen letzten weichen Kuss
auf den Mundwinkel. Dann rückte er ein Stück von ihr ab, und
ihre Blicke trafen aufeinander. In dem Gang war nichts zu hö-
ren, bis auf ihren keuchenden Atem - der sie auch an den inten-
siven Streit erinnerte, der dem Kuss vorangegangen war.
Er hob eine Augenbraue, eine stille Geste des Siegs.
Seine arrogante Miene weckte erneut ihren Zorn.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und sagte: „Ich bin
nicht eine Ihrer Frauen, die Sie in der Öffentlichkeit traktieren
können. Ich rate Ihnen, das nicht zu vergessen."
„Verzeihen Sie", spottete er, „aber ich hatte nicht den Ein-
druck, als hätten Sie viel gegen diese Rolle einzuwenden."
Sie konnte nicht anders. Wie von selbst holte sie aus, um ihn
ins Gesicht zu schlagen. Noch in der Bewegung fürchtete sie
den Schlag, konnte sich aber nicht mehr bremsen. Als er ihre
Hand wenige Zoll vor seinem Gesicht ergriff und wie in einem
Schraubstock festhielt, keuchte sie überrascht auf, begegnete
seinem Blick und erkannte den Zorn darin.
Sie hatte eine Grenze überschritten. Lieber Gott. Sie hat-
te versucht, ihn zu schlagen. Was war nur in sie
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