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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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eingeheizt, Commissario!«
    »Dem? Der reißt doch nur das Maul auf, weil sie an seinem Stuhl sägen.«
    Er trank noch ein bisschen Tee, dann wurde er wütend:
    »Seit mehr als zehn Jahren stecken die sich alles ein. Und jetzt tun sie so, als wüssten sie von nichts, der Gestank, der hier durchzieht, geht sie nichts an.«
    Vielleicht hatte das was mit den Verhaftungen von all diesen Politikern zu tun, aber weil ich es nicht genau verstand, fragte ich nach.
    »Das Erdbeben, Acanfora. Mit dem Geld, das da verschwunden ist, hätte die Stadt ein Traum werden können. Aber das kriegen wir ja offensichtlich nicht hin.«
    Er legte die Flasche zurück in die Schublade.
    »Zu Sarah habe ich jedenfalls eine Idee.«
    »Was für eine Idee, Commissario?«
    »Lass uns erst die Autopsie abwarten. Der Gerichtsmediziner hat gesagt, dass der Bericht noch heute Vormittag fertig ist.«
    Cardillo steckte den Kopf zur Tür rein.
    »Entschuldigen Sie, Commissario, da ist jemand.«
    »Wer denn?«
    Cardillo schwieg, irgendwie verschämt.
    »Komm schon, sagst du mir, wer es ist, oder muss ich raten?«
    »Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.«
    »Dann erklär nichts, sondern lass ihn rein.«
    »Commissario …«
    »Tu dir keinen Zwang an, lass diese geheimnisvolle Person rein.«
    »Sie stinkt!«
    »Wie – sie stinkt? Ist es ein Raubtier?«
    »Eine Pennerin«
    »Eine Frau?«
    »Ja … glaub ich.«
    »Glaubst du?«
    »Sie hat irgendwie ’nen Bart.«
    »Los, nun mach schon, Cardì, schick sie her.«
    Die Pennerin schleppte zwei volle Plastiktüten mit sich rum. Cardillo wollte, dass sie die im Nachbarzimmer ließ, aber keine Chance. Die stank wirklich ganz schön. Wie alt sie war, war schwer zu sagen, weil sie echt verwahrlost aussah. Und um zu erkennen, dass es eine Frau war, musstest du ganz schön genau hingucken. Sie stand da, schaute niemanden direkt an und schwieg.
    »Setzen Sie sich doch, Signora«, sagte der Commissario.
    Sie rührte sich nicht vom Fleck.
    »Bitte sehr.« Der Commissario ließ nicht locker und wies auf einen Stuhl.
    Sie dachte einen Moment drüber nach, dann überwand sie sich. Aber sie setzte sich auf die Kante, als hätte sie Angst, was schmutzig zu machen.
    »Sie wollten mit mir reden?«
    Sie nickte.
    »Ich höre, Signora.«
    Sie zog was aus ihrem BH und legte es auf den Schreibtisch. Es war ein Stück Papier, ein total zerknitterter Zeitungsausschnitt. Der Commissario nahm ihn und strich ihn glatt, um besser lesen zu können. Die Pennerin machte ein Zeichen mit dem Finger, ihn umzudrehen. Der Commissario tat das und erkannte das Foto von Sarah, das seit ein paar Tagen immer wieder in den Zeitungen auftauchte.
    »Sind Sie wegen dem Mädchen hier?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Wissen Sie etwas, das Sie mir erzählen wollen?«
    Die Pennerin griff nach dem Zeitungsausschnitt. Sie streichelte Sarahs Bild und lächelte.
    »Vielleicht hat sie Sarah gekannt«, sagte ich zum Commissario.
    Die Pennerin nickte sofort.
    »Meine Freundin«, sagte sie mit rauer Stimme.
    »Und wie haben Sie sich angefreundet?«, fragte der Commissario.
    Sie schaute mich an, war aber unsicher, ob sie reden sollte.
    Deshalb schnappte ich mir einen Stuhl und hockte mich neben sie.
    »Sarah war auch meine Freundin, weißt du?«
    Sie lächelte nochmal und rang sich durch weiterzusprechen.
    »Ich weiß nich so genau. Vor zwei Tagen, einer Woche? Ich weiß nich.«
    »Macht nichts, sprich weiter.«
    »Da war so’n tolles altes Haus. Mir tat’s Bein weh, mich hat so’ne Töle gebissen.«
    Sie zog die Hose hoch.
    »Siehst du?«
    Auf der Wade waren Bissspuren. Also war der Penner, der in Posillipo gesichtet worden war, kein Mann, sondern sie.
    »Tat weh. Ich war müde.«
    »Du wolltest dich ’n bisschen ausruhen?«
    »War so heiß.«
    »Richtig. Du hast gesehen, dass die Haustür offen stand und bist rein, oder?«
    »Da war drinnen so’n Garten.«
    »Und ein Brunnen, nicht wahr?«
    »Ja, aber ohne Wasser. Ich hab mich auf die Wiese gelegt. Zum Schlafen. Zwei Stunden, dann wär ich weg gewesen.«
    Der Commissario goss Tee in ein Glas und reichte es mir. Ich gab es der Pennerin, die ihn trank.
    »Dann ist sie gekommen«, sagte sie mit einem Lächeln.
    »Das Mädchen von dem Foto?«
    »Ja, das Mädchen. Die war nett. Hat den Hundebiss gesehen und gesagt, dass sie was drauf tut. Ich hab gewartet. Dann ging irgendwo ein Fenster auf, und einer hat losgeschrien.«
    »Ein Mann?«
    »Ja.«
    »War der böse auf dich?«
    »Ja, er hat geschrien, dass er die

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