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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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dafür. Es entging ihm jedoch nicht, daß Marcus eine Spur zu breit lächelte und dann ausrief: »Also wirklich, Porteus, du bist endlich doch auf den Füßen gelandet und hast ein schönes Gut!« Offensichtlich hatte der Römer nach irgendeinem Kompliment gesucht.
    Das Abendessen, das Maeve und ihre Frauen zubereitet hatten, wäre allerdings selbst in Rom kaum zu übertreffen gewesen, und Porteus fühlte seinen Stolz wenigstens teilweise zurückkehren. »Deine Maeve«, Lydia fiel es nicht leicht, den Namen auszusprechen, »stellt unsere bescheidenen Mahlzeiten in den Schatten. Ich verstehe, warum du sie dir gewählt hast, mein Porteus.«
    Sie versuchte auch eine Unterhaltung mit Maeve, aber nach dem Lob für das Essen wurde diese schleppend. Lydia erzählte ein bißchen von Rom, Maeve lächelte zwar höflich, zeigte jedoch kein großes Interesse; als sich das Gespräch anderen Provinzen zuwandte, wurde klar, daß Porteus’ junge Frau nur eine sehr geringe Vorstellung von den Ausmaßen des Imperiums hatte. Tosutigus war allerdings in seinem Element und überhäufte die Gäste bis spät in die Nacht mit Fragen über Staatsangelegenheiten, über die Taten des Kaisers Nero und die römische Politik, bis Porteus schließlich lachend erklärte, daß es jetzt Zeit sei, den Besuchern ein wenig Schlaf zu gönnen.
    »Ihr müßt uns wieder besuchen«, beschwor sie Tosutigus, als sie sich zurückzogen, »und wir werden euch besuchen, wenn wir nach Rom kommen.«
    Als Marcus und Lydia am nächsten Morgen aufbrachen, begleiteten alle sie bis zur Düne.
    »Ade, mein Porteus«, sagte Lydia mit einem süßen Lächeln, »ich bin froh, dich so glücklich zu sehen.«
    Marcus nahm Porteus beim Arm und sagte heiter: »Es freut mich, daß du in der Provinz Reichtum anhäufst, mein lieber Freund. Mögen die Götter mit dir sein.« Aber während er es sagte, entdeckte Porteus den schwachen, doch unübersehbaren Ausdruck der Verlegenheit, den der Erfolgreiche nie ganz vor einem Freund verbergen kann, dem das Glück nicht so hold war.
    Als die kleine Kutsche die Straße hinunterrollte, ging Porteus eine Weile allein hinterher, ohne es zu bemerken. Tosutigus und Maeve waren zurückgeblieben. Da stand er allein und starrte dem Wagen nach, wie er verschwand. Eine innere Stimme sagte ihm: Du hast verloren. Langsam wandte er sich um.
    Im Jahre 68 fanden im Imperium, in der Provinz von Britannien und im Haushalt von Porteus in Sorviodunum große Veränderungen statt. Denn im Jahre 68 wurde Kaiser Nero abgesetzt und starb, vermutlich von eigener Hand. Es folgte eine Zeit der Verwirrung, in der Geschichte als das »Jahr der vier Kaiser« bekannt, als mehrere Anwärter aus verschiedenen Teilen des Imperiums um den kaiserlichen Purpur stritten. Während dieses Kampfes blieb die Provinz Britannien unter ihrem Statthalter Bolanus Zuschauer; die drei dort stationierten Legionen unterstützten den Kandidaten Vitellius und sandten seiner Armee Verstärkung.
    Der alte Sueton, mittlerweile ein hochangesehner Senator in Rom, befürwortete die Anwärterschaft eines anderen Bewerbers, Otho; er wurde jedoch nicht bestraft, als die Armee des Vitellius ihn in der Schlacht von Bedriacum in Norditalien besiegte. Die siegreichen Anhänger des Vitellius machten jedoch einen großen Fehler. Um alle anderen abzuschrecken, sich ihrem Kandidaten zu widersetzen, ermordeten sie jeden Zenturio in Othos Armee. Es hatte genau die gegenteilige Wirkung. Im ganzen Imperium hörten die Legionen davon und waren empört; und es dauerte nicht lange, bis mächtige Befehlshaber Truppen gesammelt hatten und gegen sie marschierten. Dazu gehörte der nüchtern denkende Vespasian, der militärische Aktionen in Palästina leitete. Vitellius wurde besiegt, und Vespasian kam auf den Thron. Damit begann die bemerkenswerte Dynastie der Flavier.
    Es war eine außergewöhnliche Verkettung der Ereignisse. Plötzlich wurde offenbar, daß Rom sich nicht mehr über alles erheben konnte: Ein mächtiger Feldherr aus vergleichsweise unbedeutender Familie hatte sich selbst ohne große Schwierigkeiten den kaiserlichen Thron angeeignet; von da ab wußte jeder Statthalter einer Provinz, daß er unter gegebenen Umständen das gleiche vermochte.
    Das neue Regime brachte auch für Britannien einige Veränderungen. Vespasian handelte rasch. Er schickte den verläßlichen Gnaeus Julius Agricola, der sich in Suetons Truppe während Boudiccas Revolte so bewährt hatte, als Feldherrn der XX. Legion. Den Statthalter

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