Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
Eltern hatten mittlerweile aufgrund des Gerichtsverfahrens nahezu alle ihre Güter in Südgallien verloren, aber er war in der Lage gewesen, ihnen genügend Geld zu senden, daß sie sorgenfrei leben konnten. Alles in allem meinte es das Leben nicht schlecht mit ihm. Eine Veränderung seines Alltags hatte er allerdings nicht vorausgesehen. Es handelte sich um Maeve.
    Sie war selbst überrascht davon. Der Beginn ihrer ersten Schwangerschaft war schwierig. Nachts fühlte sie Wellen der Übelkeit. Sie wollte die Geburt hinter sich haben, damit sie ihr freies Leben mit ihrem Geliebten wiederaufnehmen konnte. Aber sobald es ihr besserging und sie dieses kleine warme Leben in sich wachsen spürte, war sie ganz davon erfüllt. Ein neues Abenteuer bahnte sich an. Es war sogar noch aufregender als der Beginn mit Porteus.
    Die Mutterrolle nahm sie noch mehr in Anspruch; als das Kind geboren war, saß sie stundenlang da und betrachtete es staunend. In den folgenden Monaten galt ihre Aufmerksamkeit fast ausschließlich dem Baby. Das Reiten interessierte sie nicht mehr. Wenn sie Porteus jetzt liebte, geschah es nicht mehr mit leidenschaftlicher Hingabe, sondern mit einem warmen Erfülltsein. Es vergingen nur wenige Monate, und schon freute sie sich auf das nächste Kind.
    Zunächst gefiel Porteus diese Veränderung. Meine Gemahlin wird eine echte Frau, dachte er stolz. Doch nach den beiden weiteren Kindern merkte er, daß er bei Maeve überhaupt nicht mehr zählte. Immer mußte sie sich in seiner Anwesenheit um eines der Kinder kümmern; sie lächelte ihn zwar warm an, aber ihre Augen waren nicht bei ihm. Tatsächlich schien es Maeve manchmal, wenn sie es auch nie aussprach, daß der fremde junge Römer, der ihr die Kinder geschenkt hatte und immer noch von seiner Rückkehr nach Rom sprach, fast ein Eindringling in ihrem neuen Leben war. Wieso sah er nicht das erfüllende Wunder ihrer Kinder? Warum wandte er sich manchmal ungeduldig von ihr ab? Und doch liebte sie ihn; dessen war sie sich ganz sicher. Er hatte doch einen schönen Besitz für ihre Familie geschaffen! Natürlich liebte sie ihn. Und sie brauchte ihn.
    Wenn Porteus auch manchmal ärgerlich darüber war, daß seine Frau keine Leidenschaft mehr für ihn empfand, schien es ihm andererseits auch gut so. Er benötigte seine Zeit jetzt für seine Arbeit und seine vielen Pläne.
    Im Sommer des Jahres 67 besuchten Marcus und Lydia Sorviodunum. Während Porteus mit Tosutigus und Maeve an der Düne wartete, hatte er gemischte Gefühle. Warum hatte er sie eingeladen? Aus reiner Höflichkeit. Was hätte er sonst tun sollen, als Marcus ihm brieflich ihren Besuch der Provinz mitteilte?
    Und jetzt würde er sie, nachdem soviel geschehen war, wiedersehen. Zwei Tage lang wurde die Villa bestens für den Empfang hergerichtet. Jeder Raum war makellos; draußen wurde sogar der Weg zum Haus frisch aufgeschüttet. Mehrmals hatte er sich dabei ertappt, daß er gegen Maeve oder die Kinder unduldsam war, weil er seine Erregung immer weniger verbergen konnte. Am Morgen ihrer Ankunft stand er vor dem polierten Bronzespiegel in seinem Zimmer und fragte sich: Was werden sie von mir denken? Bin ich ein Provinzler geworden? Und noch wichtiger: Liebe ich Lydia noch? Er wußte es nicht.
    Auch Maeve machte sich Gedanken. Porteus hatte ihr zwar nie von Gracchus oder Lydia erzählt, doch sie hatte die Geschichte vor langer Zeit von ihrem Vater erfahren. Als sie jetzt an der Straße wartete, schauderte es sie leicht. Sie wußte nicht, warum sie sich vor Lydia fürchtete. Es war nicht die Schönheit der Römerin, Maeve war sich ihrer eigenen gewiß. Nein, es war, weil die Besucher aus Rom kamen, jener anderen Welt, derentwegen Porteus sie möglicherweise verlassen würde. Nur Tosutigus war restlos glücklich. In seine schönste Toga gekleidet, kicherte er vor sich hin. »Die Tochter des Senators wird in unserer Villa wohnen«, verkündete er jedem. Er war begeistert, so einflußreiche Römer als seine Gäste zu haben.
    Keiner der Wartenden wußte, daß die Besucher länger gezögert hatten, bevor sie Porteus schrieben. Marcus hatte inzwischen eine wichtige Stellung in Afrika erhalten, was ihn zum Anwärter auf höchste Ämter machte. Bevor er dieses Amt antrat, erfüllte er Lydia das alte Versprechen, ihr die nördliche Provinz zu zeigen, von der sie bereits so viel gehört hatte. Beide wußten nicht genau, wie sie sich Porteus gegenüber verhalten sollten. »Er sitzt dort in irgendeinem verlassenen Nest

Weitere Kostenlose Bücher