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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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– wenn ein Mann gekämpft hat, braucht er eine Frau. Petrus stieg ab und folgte dem Mädchen zu der Stelle, die es vorgesehen hatte.
    Als das Jahr 431 zu Ende ging, erreichte Sarum die Nachricht, daß für den folgenden Sommer eine größere Invasion bevorstehe. Diesmal war wohl mit Bestimmtheit damit zu rechnen.
    Petrus sah dem Ereignis ruhig entgegen. In den beiden vergangenen Jahren waren er und die Bewohner vieler anderer Gemeinden im Süden nicht müßig gewesen. Siedlungen wie etwa Venta verstärkten ihre Befestigungen so gut wie möglich. Weitere Söldner wurden gedungen. Petrus erfuhr von einer interessanten Neuerung im Westen des Landes, als ein paar tatkräftige junge Männer, die meisten in seinem Alter, eines Tages nach Sarum geritten kamen und nach ihm persönlich fragten. »Wir bilden eine Konföderation«, sagten sie, »einheimische Landbesitzer wie du und deine Familie stellen eine Miliz auf ihrem Grund zusammen und verpflichten sich, die benachbarten Landbesitzer im Fall eines Angriffs zu unterstützen. Willst du dich uns anschließen?« Er stimmte sofort zu, und sie versprachen zu kommen, wenn er sie um Hilfe bäte. Dann ritten sie zum nächsten Anwesen.
    Was die germanischen Söldner anbetraf, hatte sich Constantius’ Voraussage als falsch erwiesen. Sie waren bereit zu bleiben, nachdem man ihnen Land auf den Abhängen um die Düne gegeben und den Aufenthalt von Frauen in ihrem Lager gestattet hatte. Sie machten weiter keine Schwierigkeiten. Da der Vorrat an goldenen solidi zu schrumpfen begann, wurden sie nun meist in Naturalien bezahlt, doch war man übereingekommen, daß sie allen Eindringlingen, die sie töteten, die Kleider abnehmen und sie ausplündern durften. Petrus erhöhte die Zahl der Männer auf zehn.
    Die Familien wurden aus Sorviodunum auf die Düne gebracht, die ihre ursprüngliche Aufgabe einer Wehrsiedlung nun wieder erfüllte. Sie lebten zwar mit einer gewissen Unruhe, doch unbehelligt neben den Germanen.
    Numincus stellte eine örtliche Miliz zusammen. Petrus und der Verwalter erwarben in Venta eine Anzahl Schwerter und andere Waffen, die sie in der Villa unter Verschluß hielten. Numincus sorgte dafür, daß jeder einsatzfähige Mann einen Bogen und zweihundert Pfeile erhielt. Jeden Morgen exerzierte er nun mit seinen zwanzig Mann. Diese Miliz sah neben den Germanen nicht sonderlich eindrucksvoll aus, doch immerhin konnte sie im Ernstfall die Wehrmauer der Düne besetzen. Constantius hatte sich nicht geändert. Er zeigte geringes Interesse an der Verwaltung seiner Besitzungen und gar keines an ihrer Verteidigung – beides lag in den Händen des treuen Numincus. Placidia wußte nur zu gut, daß Petrus, abgesehen von einer kurzfristigen Begeisterung für wechselnde Dinge, wenig Sinn fürs Praktische hatte. Er ritt seine Pferde, überwachte die Arbeit auf der Düne, und gelegentlich setzte er sich mit sichtlicher Ungeduld dazu, wenn sie mit Numincus die Abrechnungen durchging. Wenn ich einmal nicht mehr bin, gestand sie sich bekümmert ein, wird er nicht viel besser als Constantius sein. Sie konnte nur hoffen, daß er eine Frau finden würde, die ihm den Rücken stärkte. Da war ein weiteres Problem: Seit dem Scharmützel mit den Sachsen hielt Petrus sich eine Geliebte – Sulicena, die Nichte des Viehhirten. Diese Beziehung machte ihr Sorgen. Placidia spürte, daß das Mädchen einen schlechten Einfluß auf ihren Sohn ausübte. Schlimmer noch, sie hielt ihn von der wichtigen Aufgabe ab, sich eine passende Ehefrau zu suchen. Jedesmal, wenn Placidia dieses Thema zur Sprache brachte, wich Petrus aus. Er war zufrieden mit seinem derzeitigen Leben. Seine Verbindung mit dem Mädchen war rein körperlich; ihr geschmeidiger Leib und ihr heftiges sexuelles Verlangen kamen seinen Bedürfnissen sehr entgegen. Er besuchte sie häufig, und sie liebten sich bis zur Erschöpfung. Er fühlte sich als Mann, und seit er dem Mädchen klargemacht hatte, daß die Affäre eines Tages zu Ende sein müsse, war er frei. Und doch fühlte er sich irgendwie unbefriedigt. Die Verehrung der heidnischen Götter kam ihm plötzlich schal vor, denn er hatte außer dem einsilbigen alten Bauern Tarquinus niemanden, mit dem er seinen Glauben teilen konnte. Er verbrachte zwar viele Stunden mit dem Studium der römischen Geschichte auf der Suche nach Helden, die ihm zusagten; er las sogar die Werke der großen heidnischen Philosophen, doch den windgepeitschten Höhen von Sarum lag die von ihm bewunderte klassische

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