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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Das letzte Wort zischte sie verächtlich hervor und spuckte vor ihm aus. »Ich hoffe, daß die Iren dich umbringen.«
    »Und was wirst du jetzt machen?« fragte Petrus. Trotz seiner festen Überzeugung hatte er Schuldgefühle.
    »Ich suche mir einen richtigen Mann statt eines Knaben«, meinte sie wegwerfend. »Geh jetzt!«
    Er zögerte. »Vielleicht brauchst du Geld.« Ungeschickt warf er ihr einen kleinen Beutel mit Münzen zu, den sie wortlos aufhob. Die Auseinandersetzung mit seiner Mutter ging an jenem Abend weiter. Sie gab nicht auf. Jetzt, da sie wußte, daß sie wirklich allein war, spürte sie neue Kraft in sich.
    Als Petrus am dritten Tag Reisevorbereitungen traf, erschien zu seiner Überraschung Numincus in Begleitung von acht Männern, die ihn nicht unhöflich, doch mit größter Bestimmtheit in ein Nebengebäude brachten, und ehe er wußte, wie ihm geschah, die Tür hinter ihm verriegelten. Dort stand Placidia.
    »Es tut mir leid, Petrus, aber du darfst Sarum jetzt nicht verlassen. Ich erlaube es nicht.«
    Er hätte sich nicht träumen lassen, daß seine Mutter zu derart abwegigen Hilfsmitteln greifen würde.
    »Du hast also vor, mich hier gefangenzuhalten?« fragte er ungläubig. »Ja« war die kurze Antwort.
    Sie wußte, daß sie Numincus auf ihrer Seite hatte und daß die Männer ihm gehorchten. Später befahl Petrus dem Verwalter draußen, ihn freizulassen, doch er bekam die Stärke seiner Mutter und seine eigene Schwäche zu spüren, als Numincus antwortete: »Ich wünschte, es gäbe einen besseren Mann als einen Porteus, der diesen Ort schützen könnte. Da jedoch außer dir keiner da ist, mußt du bleiben.« An diesem und dem folgenden Abend diskutierten Placidia und er weiter. Obwohl es im Nebenhaus kalt und ungemütlich war, gab Petrus nicht nach.
    Dieser Zustand dauerte fünf Tage. Dann löste sich das Problem – durch einen Boten, der die Straße von Calleva mit der Nachricht herangesprengt kam, daß die Sachsen im Anmarsch seien. Diesmal war es ein Heer, das im Südosten gelandet war und mehrere Sturmtrupps, jeder an die hundert Mann stark, nach Westen vorschickte. Sobald Placidia davon erfuhr, wußte sie, was sie zu tun hatte. Sie öffnete die Tür des Gefängnisses und ließ Petrus heraus. »Du bist frei.«
    »Warum so plötzlich?«
    »Die Sachsen sind gelandet; wir ziehen uns auf die Düne zurück. Ich kann dich nicht hierlassen.« Inzwischen luden Numincus und ein paar Männer Waffen auf einen Wagen. »Wenn du nach Irland willst, solltest du sogleich aufbrechen.«
    Petrus starrte seine Mutter an. Die Sonne fing sich in ihrem weißen Haar, auf ihrem zerfurchten Gesicht. Er hatte seine Tonsur drei Tage lang nicht rasiert und sah ungepflegt aus. Doch als er diese willensstarke Frau vor sich sah, fühlte er sich so sicher wie seit langem nicht. »Ich glaube, ich gehe mit euch auf die Düne«, entgegnete er lächelnd.
    Am Abend waren in der alten Festung alle Vorkehrungen getroffen. Ein neues Eichentor lehnte am Erdwall, es konnte jederzeit vorgeschoben und verbarrikadiert werden. Numincus’ Miliz war bewaffnet und bereit, den Schutzwall zu erklettern, und die Familien aus Sarum kampierten mit einem Teil ihres Viehbestands auf der großen Fläche. Petrus hatte einen Reiter nach Westen um Unterstützung durch die jungen Anführer der dortigen Miliz gesandt. »Ich denke zwar, daß wir die Sachsen eine Weile in Schach halten können«, sagte er zu seiner Mutter. »Aber man hat uns Hilfe zugesagt, und vielleicht brauchen wir sie am Ende doch.«
    »Ich hoffe nur, daß sie kommen«, meinte Placidia zweifelnd. »Natürlich kommen sie.«
    Insgesamt war Petrus mit den Verteidigungsanlagen der Düne zufrieden.
    Es war auch eine christliche Festung; auf etwas hatte Petrus unnachgiebig bestanden: Numincus, dessen unausgesprochene Verehrung des Mithras bekannt war, und die heidnischen Germanen sollten getauft werden. Darin hatte er die uneingeschränkte Unterstützung seines Vaters. Also führten Constantius und sein Sohn die Germanen trotz ihres Murrens an den Fluß hinunter, tauchten jeden ins Wasser und machten über ihm ein Kreuzzeichen. Sie waren zwar keine Priester, doch diese kurze Zeremonie mußte genügen. Petrus errichtete inmitten der Düne ein Holzkreuz. »Gott wird uns beschützen«, sagte er und war froh über die von ihm herbeigeführte Wandlung.
    Eine Veränderung war jedoch auch mit Constantius vorgegangen. Er trug einen herrlichen Brustpanzer aus Bronze, darüber seinen schönsten blauen

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