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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Umhang, und er hatte sein langes Eisenschwert selbst scharf geschliffen. Er hatte nicht nur seine übliche Lethargie abgelegt, sondern gab den Verteidigern ein anspornendes Beispiel. Die Befehlsgewalt überließ er Numincus und Petrus, er selbst bewegte sich gelassen und hocherhobenen Hauptes zwischen seinen Männern; seine sonst blutunterlaufenen Augen blickten klar und scharf.
    Zwei Tage vergingen. Jede Stunde hielt Petrus von den Wällen vergeblich Ausschau nach einem Anzeichen der Verstärkung aus dem Westen. Am dritten Tag kamen die Sachsen.
    Etwas hatte Petrus bei seinen sorgfältigen Verteidigungsplänen für Sarum nicht voraussehen können: Die furchtsamen germanischen Söldner desertierten. Das geschah, als am Morgen des dritten Tages die Wachen auf den Wällen die Sachsen von Südosten her anrücken sahen und den unten postierten Leuten meldeten, daß es sich um mindestens hundert Mann handelte. Energisch forderten die Söldner ihre Frauen auf, ihnen zu folgen. Sie schwangen sich auf ihre Pferde, und bevor die anderen begriffen, was geschah, waren sie schon aus dem Tor und auf der Straße nach Calleva. Sie wollten zwar den Lohn dafür, daß sie kämpften, aber umgebracht werden wollten sie nicht.
    Petrus traute seinen Augen nicht, aber es war nun nichts mehr zu ändern. »Schließt das Tor«, befahl er ärgerlich.
    Wieder hielt er nach Westen Ausschau: Wenn überhaupt, dann mußte die Verstärkung jetzt kommen.
    Die Sachsen drangen rasch und gezielt gegen die Düne vor. Die hundert Männer führten ihre Beutepferde um die Nordseite der alten Festung herum und nahmen die Verteidigungsanlagen in Augenschein, ehe sie sich in sicherem Abstand vom Tor zur Beratung sammelten. Es waren große blonde Männer, die meisten trugen dicke Ledergewänder, schwere, mit Riemen umwickelte Wollgamaschen; die Anführer hatten große Metallhelme mit seitlichen Hörnern auf. Sie führten Schwerter, Speere und große Holzschilde mit glänzenden Metallknöpfen mit sich. Einige waren mit Streitäxten ausgerüstet.
    Die Düne stellte selbst für hundert bewaffnete Männer ein gewaltiges Bollwerk dar, doch sie waren offenbar fest entschlossen, sie einzunehmen. Nach spannungsreichen Minuten sah Petrus, wie der Verbund sich in vier gleich starke Trupps aufteilte, die mit ihren Pferden an verschiedene Positionen gegenüber dem Wall abschwenkten, dort absaßen und strategisch gute Stellungen bezogen. Rasch teilte Petrus seine Leute in vier Gruppen ein: Constantius hatte den Befehl am Tor, Numincus, Petrus und ein Mann vom Gut befehligten je eine Gruppe. Der gewaltige Sturmangriff der Sachsen wurde von ihrem Schlachtruf eingeleitet. »Donar! Wodan!« Wieder und wieder schallten die Namen ihrer Götter des Donners und des Krieges zur Festung herauf, und das rhythmische Schlagen der Schwerter ließ die Verteidiger erblassen. Doch Constantius’ Stimme kam klar vom Tor her: »Gott verteidigt uns, meine Kinder!« Das gab den Männern wieder Mut. Der Angriff machte den Sachsen mehr Schwierigkeiten, als sie erwartet hatten. Die Wälle waren steil und die kahlen Abhänge langgezogen. Jeder Trupp wurde von einem Hagel wohlgezielter Pfeile empfangen, und beim Erklimmen der Wälle waren die Soldaten völlig schutzlos. Die Abwehrmaßnahmen der alten britannischen Festung erwiesen sich, anders als gegen die römischen Belagerungsmaschinen, wieder einmal als nützlich.
    Der einzige Erfolg war den Eindringlingen am Tor beschieden, wo sie sich in kleine Gruppen aufspalteten und zu beiden Seiten des Tores stürmten, wo einige die Höhen des Festungswalles erklimmen konnten. Doch hier eilte Constantius hin und her und teilte wuchtige Schwerthiebe aus. Er tötete einen Sachsen auf der Stelle; zwei andere rollten, von seinem Schwert getroffen, schwer verwundet hügelabwärts. Bald wurden die Sachsen unsicher. Die Verteidigung hielt sie unter ständigem Beschuß. Da machte Constantius seinen unerwarteten Schachzug.
    Petrus sah überrascht, daß sich das Haupttor öffnete, und ehe er sich’s versah, sprengte sein Vater auf seinem besten Pferd, hinter ihm sechs Mann Fußvolk, aus dem Tor.
    Petrus hatte das eigentlich von den germanischen Söldnern erwartet: Sie sollten einen Ausfall machen, sobald die Angreifer zögerten, und sie auf dem Rückzug vernichten. Daß sein Vater diese Aufgabe übernehmen würde, hatte Petrus nicht geglaubt.
    Was nun folgte, raubte ihm den Atem; als ein Ausfalltrupp die erste Gruppe der Sachsen von hinten überraschte und sie

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