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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Großvater mit bescheidenem Erfolg bewässert hatte, war nun eine große Viehweide. Dies war die Gemeinde, das erste Dorf, das sich auf dem ehemaligen Grundbesitz der einstigen Porteus-Villa gebildet hatte. Eine halbe Meile weiter begann der Wald. Hier wurden die Schweine geweidet. Port und die übrigen trieben ihre Schafherden auf die höher gelegenen Kreidehänge, das ehemalige Ackerland.
    Es gab hier eine Besonderheit: Auf einer kleinen Weide zwischen Aelfwalds Halle und dem Dorf stand ein einzelnes Holzkreuz. Hier hörten die Leute an religiösen Festtagen Sommer und Winter die Messe. Der Priester kam dafür aus Wilton herüber. Hier trafen sich auch die Dorfältesten, wenn wichtige Fragen zu erörtern waren. Als die Sonne unterging, war die gesamte Gemeinde unterwegs zu Than Aelfwalds Halle, zu dem großen Fest, und es ging das Gerücht, daß der Than eine wichtige Ankündigung machen werde. Die Halle faßte gut hundert Personen. In zwei Reihen waren Tische an den Längsseiten aufgestellt. An dem einen Tisch, der quer am oberen Ende stand, saß der Than mit seiner Frau Hild, einer großen hübschen Person in den Fünfzigern. Nur eine graue Strähne in ihrem blonden Haar und ein paar Stirnfalten ließen ihr Alter ahnen. Die Söhne und Aelfgifu saßen zwischen den Gefolgsleuten.
    Es wurde ein großartiges Fest. Außer Rindfleisch und Wildbret wurde auch Fisch serviert, den Tostig, der Sklave, aus dem Fluß geholt hatte. Einige Männer tranken Wein, die meisten jedoch das dickflüssige duftende Ale der Region, und neben jedem Gast stand ein Becher, den die Bediensteten mit dem wichtigsten aller Getränke füllten, dem süßen, zu Kopfe steigenden Met, der wie eh und je aus Waldhonig gewonnen wurde.
    Zu seiner großen Freude hatte Port einen Ehrenplatz an der Ecke des Ehrentisches, und dort saß er ganz zufrieden neben seiner kleinen mausgrauen Frau, die ihm uneingeschränkte Ehrerbietung entgegenbrachte. Mehr als einmal an diesem Abend gingen die Augen der Männer vom Than weg zu seiner Tochter, die mit ihrer Mutter den Pflichten als Ehefrau und Tochter eines gastfreundlichen Mannes nachkamen, den Gästen Delikatessen und Met anboten und für jeden ein freundliches Wort hatten. Heute war mit Aelfgifu eine Wandlung vorgegangen. Sie trug ein langes, rotes, besticktes Gewand mit wogenden Seidenmanschetten, dazu schmale, elegante Schuhe aus weichem, rotem Leder. Ihr offenes Haar fiel in langen Wellen über den Rücken. Sie ging hoch aufgerichtet.
    Nach dem Essen kam die Unterhaltung. Ein stämmiger junger Mann mit glattrasiertem Gesicht trat in den Raum zwischen den Tischen, von einem Jungen mit einer kleinen Harfe begleitet. Sie sangen anzügliche Lieder, die die Zuhörer zum Lachen brachten. Dann folgten Rätsel, von denen die meisten den Gästen allerdings bekannt waren. So fügte der junge Mann noch ein paar eigene hinzu. Nun wurden Lieder über die alten germanischen Götter vorgetragen, von Donar, dem Donnerer, von Tyr, dem Gott des Todes, und vom großen Wodan, der als Gott des Krieges und mythischer Vorfahr des Königshauses von Wessex galt.
    Dann verbeugte sich der Vortragende, und die Zuhörer prosteten ihm nach donnerndem Applaus für seine glänzende Leistung zu. Nun erhob Aelfwald, der Than, sich feierlich und bat um Ruhe. »Es ist Zeit, den Ring zu übergeben«, verkündete er. Es gab keine wichtigere Zeremonie als die alte Sitte der Ringübergabe. Wenn der König seinem Earldorman oder seinem treuen Than einen Ring überreichte, war das ein symbolisches Band zwischen ihnen, das unter Ehrenmännern nie mehr gelöst werden konnte. Als die Stimmen verstummten, deutete Aelfwald auf Port.
    »Heute«, erklärte er, »erhielt Port das Wergeld für den Verlust seiner rechten Hand.« Zustimmendes Klopfen auf die Tische erfolgte. »Und so, meine treuen Freunde, gebe ich ihm heute einen Ring für seine noch verbliebene Hand.« Begeisterung allenthalben. Port neigte würdevoll sein Haupt.
    »Bewahre diesen Ring für mich, Port!« rief der Than. Port errötete tief vor Freude.
    Während Aelfwald den Ring in die Höhe hielt, damit alle ihn sehen konnten, ging seine Frau auf Port zu und reichte ihm feierlich den Becher. Als er getrunken hatte, übergab Aelfwald den breiten, mit einer Runeninschrift versehenen Goldring.
    Port steckte ihn an den kleinen Finger seiner Linken. Dann pochte auch er, um Ruhe bittend, auf den Tisch.
    »Than Aelfwald ist mein Herr«, sagte er ernst. »Ich habe seinen Met getrunken. Ich habe

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