Sarum
unversehrt gelandet. Nach den neuesten Berichten der Kundschafter befanden sich Wikingerlager im Wylye-Tal in der Nähe von Wilton, doch der Landsitz des Thans in Sarum war bisher verschont geblieben. Eines Morgens ließ Aelfwald Tostig kommen und teilte ihm seinen Plan mit. Der Sklave war ein merkwürdiger und für den Than undurchschaubarer Mensch. Er hatte langes dunkles Haar, nahe beieinander stehende Augen und lange, schmale Finger und Zehen. Während er den Vorschlägen lauschte, starrte er wie üblich auf seine Füße und schwieg. Was in ihm auch vorgehen mochte – bisher hatte er jede ihm aufgetragene Arbeit zufriedenstellend erledigt, und im Haus des Thans hatte es immer reichlich Fisch aus den fünf Flüssen gegeben. »Nun, wirst du das schaffen?« Tostig sah nicht auf. »Vielleicht.«
»Du kannst dir Leute mitnehmen. Aelfstan und Aelfric können dich begleiten.«
Der Sklave schüttelte den Kopf. »Sie sind mir nur im Weg.«
»Wie du willst. Dann also, viel Glück.«
Tostig kam zehn Tage später zurück, und zwar mit beladenen Booten. Er hatte seine genaue Kenntnis der Wasserwege genützt und, meist nachts, die Boote unbemerkt an den Wikingerlagern vorbeigelenkt. Er hatte Wilton passiert und schließlich ungehindert Aelfwalds Besitz erreicht. Dort hatte er die versteckten Vorräte unangetastet vorgefunden. Nun brachte er zehn Bottiche Honig, zweihundert Käselaibe, vierzig Säcke Mehl, dunkles Ale, zweihundert Pfund Viehfutter und zwanzig tote Schafe, deren Fleisch sich in der Kälte frisch gehalten hatte. Als der König das sah, verkündete er: »Sklave, von dieser Stunde an bist du ein freier Mann. Ich bezahle deinem Herrn Aelfwald den Preis für deine Freiheit.« Darauf neigte Tostig ehrerbietig sein Haupt, aber er lächelte nicht dabei.
Im letzten Boot saßen Ports beide Kinder, die man für tot gehalten hatte. Als der Than ihrer ansichtig wurde, rief er mit Tränen in den Augen: »Sagt Port, daß seine Kinder leben!«
Dann erzählten die beiden Kinder ihrem Vater und dem Than, wie sie dem Massaker mit Hilfe eines graubärtigen Wikingers entronnen waren, der wohl Bairn-ni-kel heiße, wie sie dann wochenlang allein auf der Schaffarm und später in dem verlassenen Hof im Tal gelebt hatten.
Die Schlacht von Edington im Frühjahr 878 zählt, obwohl nur wenige Männer daran beteiligt waren, mit anderen kleineren, doch folgenschweren Konflikten – Hastings, die Armada, die Schlacht von Britannien – zu den Wendepunkten in der Geschichte der Insel.
Als der Winter dem Ende zuging, registrierte Aelfwald eine Welle der Hoffnung in der Gemeinde von Athelney. Der König wurde aktiv: Kundschafter wurden in alle Richtungen gesandt, um die wechselnden Positionen der Wikinger zu kontrollieren; andere mußten Vorräte herbeischaffen.
Ende März faßte das gesamte Lager durch eine unerwartete Neuigkeit Mut: Eine Abordnung, die der König in das fruchtbare Land im Südwesten geschickt hatte, konnte eine ansehnliche Truppe zusammenstellen; sie wehrte plündernde Wikinger ab, die mit dreiundzwanzig Schiffen von Wales herübergekommen waren. Mehr als tausend Wikinger sollen dabei gefallen sein. Es war das erste Anzeichen eines Erfolges nach vielen Monaten.
Die Söhne des Thans wollten nun einen massierten Angriff starten. »Wir sollten Guthrum in Chippenham angreifen«, drängte Aelfstan. »Erteilen wir ihm eine Lektion!«
Doch König Alfred wartete ab. Zu lange schon wurde der Krieg gegen die Wikinger auf diese Weise geführt: ergebnislose Schlachten, dann eine Bezahlung des »Danegelds«, eines allgemeinen Tributs, und ein zeitweiliger Rückzug.
»Diesmal müssen wir sie für immer hinausdrängen«, sagte er zu Aelfwald, »es gibt keine andere Lösung.« Täglich brachten die Boten Nachrichten von Thanes, die sich auf dem Feldzug dem König anschließen wollten.
An Ostern versammelten sich alle aus dem Lager auf dem nahen Feld bei dem großen Holzkreuz. Die Nonnen aus Wilton und die wenigen Mönche aus dem Gefolge des Königs feierten die Messe; danach stellte sich König Alfred vor das Kreuz und sprach zur Menge. »Die Zeit ist gekommen«, rief er, »und wenn es Gottes Wille ist, vertreiben wir die Wikinger für immer aus Wessex. Wenn nicht, werden wir bei dem Versuch unser Leben lassen«, fügte er entschlossen hinzu. Der Than wartete mit Ungeduld auf den Tag des Aufbruchs, es stellte sich jedoch ein unvorhergesehenes Problem ein: Es handelte sich um Aelfwalds Tochter.
Über ihre Eskapade mit den
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