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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Wikingern in Sarum war er ebenso wütend, wie er über ihre gesunde Rückkehr erleichtert war. Die restliche Reise mußte sie auf seinen Befehl mit ihrer Mutter in einem Wagen machen, damit sie nicht wieder Dummheiten machen konnte. Im Lager war sie gehorsam, beschränkte sich auf häusliche Aufgaben und half den anderen Frauen bei der Zubereitung des Essens und bei der Versorgung der Soldaten.
    »Meine Tochter ist ziemlich ungebärdig«, gestand Aelfwald dem König, »aber ich weiß sie zu zügeln.«
    Deshalb war er erstaunt, als am Abend nach der Messe Aelfgifu vor ihn hintrat und ihm erklärte: »Ich ziehe mit euch in den Kampf.«
    »Unmöglich! Du bist schließlich eine Frau.«
    »Ich gehe auf alle Fälle mit«, wiederholte sie störrisch. »Du bleibst im Lager«, befahl ihr Vater. »Genug davon!«
    »Ich kämpfe ebenso gut wie jeder Mann.« Sie ließ nicht locker. Er blickte sie finster an. Er wußte, daß es so war, wie sie sagte, und insgeheim war er stolz auf ihre außergewöhnliche Tapferkeit. Doch ein solches Verhalten ziemte sich nicht für ein junges Mädchen. Er wußte auch, daß andere Thanes hinter seinem Rücken sich ihretwegen über ihn lustig machten.
    Am folgenden Morgen erschienen seine beiden Söhne und legten zu seinem Ärger ein gutes Wort für das Mädchen ein. »Ich habe sie kämpfen sehen«, sagte Aelfstan, »und ich würde lieber neben ihr als neben den meisten Männern kämpfen.«
    »Würdest du sie auch genausogern neben dir fallen sehen?« gab der Vater gereizt zurück.
    »Nein«, erwiderte Aelfstan, »aber sie ist fest entschlossen, und sie sollte das Risiko ruhig auf sich nehmen. Lieber würde ich, falls wir verlieren, mit ihr zusammen sterben, als sie den Wikingern überlassen.« Zur Überraschung des Thans schloß sein ältester Sohn Aelfric sich dem Bruder an.
    »Ich will nichts mehr davon hören«, befahl Aelfwald. »Bringt sie sofort hierher. Wenn nötig, stelle ich sie unter Bewachung.« Da sahen sich die beiden jungen Männer unschlüssig an. »Aber sie hat das Lager bereits verlassen«, gestand Aelfric. »Sie sagt, daß sie uns auf alle Fälle folgen wird, auch wenn du es ablehnst. Wenn du aber deine Meinung änderst, geben wir ihr ein Zeichen da oben im Wald.« Er deutete auf den nahe gelegenen Hügel. Aelfwald blickte seinen Sohn verblüfft an. »Und du hast sie nicht aufgehalten?«
    Aelfstan grinste: »Wie denn, Vater? Sie war schon bewaffnet und wir nicht.«
    Der Than wußte nicht, ob er wütend sein oder lachen sollte. Schließlich seufzte er. »Ich werde zum Gespött der ganzen Armee werden. Sagt ihr also, sie soll mit euch reiten.« Einige Tage später brachen sie auf. Das Lager in Athelney erhielt leichte Bewachung. Aelfwald hatte eigentlich nicht nur Aelfgifu, sondern auch Port im Lager zurücklassen wollen. Doch der Schafzüchter bat ihn: »Laßt mich an Eurer Seite kämpfen, Herr, wie ich es geschworen habe, und laßt mich meine Frau rächen.« Und nun konnte er es ihm nicht abschlagen. Seine eigene Frau und die Äbtissin mußten sich um die anderen Frauen kümmern; die beiden waren ebenfalls bewaffnet. Selbst Edith trug stolz einen Speer bei sich.
    Die Wertsachen wurden in Tostigs Boot geladen, damit man sie entweder zurück nach Sarum oder nötigenfalls zu einem anderen Versteck bringen konnte, und der Than befahl dem ehemaligen Sklaven und dessen Familie, mit ihrem Leben dafür einzustehen. Bei Verlassen des Lagers sah Aelfwald, wie der Fischer sich über das Boot im angeschwollenen Fluß beulte und seine langen Zehen sich in den Ufergrund krallten. Sein schmales dunkles Gesicht war so auf sein Tun konzentriert, daß er die sächsischen Krieger, die an ihm vorüberzogen, gar nicht bemerkte.
    Die Stelle, die Alfred als Sammelpunkt für seine Thanes ausgewählt hatte, lag zwei Tagereisen entfernt am Rand des Selwood-Waldes. Als die kleine Einheit sich von Athelney her näherte, überlegte Aelfwald, wie viele sich wohl eingefunden hatten. Würden die Thanes aus Wessex zu ihrem Wort stehen?
    Fast hätte er einen Freudenschrei ausgestoßen, als sie schließlich von einem vortrefflichen Heer empfangen wurden. Die Männer hatten sich um ihren König geschart, auf den sie ihre letzte Hoffnung gesetzt hatten: Sie wollten ihre Unabhängigkeit behalten. Das angelsächsische Aufgebot zog nach Norden, den Wikingern entgegen. Am nächsten Tag sahen sie, fünfzehn Meilen südlich von Chippenham, lange Reihen von im Sonnenlicht glänzenden Helmen: Guthrum erwartete sie.
    Als die

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