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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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hatte er an Hämorrhoiden gelitten, und den größten Teil seines Lebens war er mit einer fast an Hypochondrie grenzenden Nervosität um seine angegriffene Gesundheit besorgt. Doch sein wacher Geist und seine Entschlossenheit hielten ihn aufrecht und machten ihn zu einem bemerkenswerten Monarchen.
    Er umarmte den Earldorman und die Thanes. Und als er Aelfwald mit seinen ernsten, blaßblauen Augen anblickte, kam es diesem so vor, als drückte Alfred seine Hand besonders herzlich. »Ihr seid gekommen, treue Freunde.« Der Than erschrak, als er in den Augen des Königs Trauer, ja fast etwas Flehendes bemerkte. »Die meisten meiner Thanes halten mich wohl für tot«, meinte er. »Nirgends wurde wirklich verteidigt – nirgends.«
    Der Angriff der Wikinger war ein harter Schlag für den ehrgeizigen Monarchen gewesen; denn in den sieben schweren Jahren seiner Regierung hatte Alfred mit aller Kraft versucht, dem reichen Land Wessex die nötige Sicherheit zu geben, um seine großen Pläne zu verwirklichen: den Neubau von Kirchen, den Wiederaufbau von Klöstern und Schulen, das Wiederaufleben der großen lateinischen Kultur in Wessex, die in den vorausgegangenen Generationen die nördlichen angelsächsischen Königreiche von Northumbrien und Mercien zu den vornehmsten von Europa gemacht hatte.
    »Es bleibt so vieles zu tun. Unsere Städte müssen befestigt werden. Wir brauchen Schiffe zur Bewachung der Küste«, setzte er seinen Thanes auseinander. »Und was das Heer betrifft…«
    Der angelsächsische fyrd – die Miliz –, das bewaffnete Aufgebot der Thanes und ihrer Männer aus allen Grafschaften und Bezirken, war eine schwerfällige und unzureichende Streitmacht. Die Herren waren lediglich verpflichtet, jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Tagen Waffendienst zu leisten; es war schwierig, die bewaffneten Steuerpächter zu bewegen, außerhalb ihrer Grafschaften zu kämpfen, und oft liefen selbst loyale Freie plötzlich davon, um nach ihrer Ernte zu sehen.
    Bei dem Versuch, aus diesen Leuten ein schlagkräftiges Heer gegen die Freibeuterhorde der Wikinger zu machen, sah Alfred sich ungeheuren Schwierigkeiten gegenüber. Die als burghs bekannten Stadtbefestigungen waren die ersten ständigen Verteidigungssysteme seit römischer Zeit, aber mit ihrem Aufbau wurde erst begonnen. Das Ziel war, daß sich jede Siedlung in Wessex innerhalb der Zwanzigmeilenzone von einer Burgh befinden sollte.
    Der König plante außerdem eine Flotte zum Schutz der Küste und hatte das Modell eines mit sechzig Rudern bestückten Schiffes entworfen. Doch alle diese Dinge waren nur geplant, und dem Überraschungsangriff der Wikinger mitten im Winter stand König Alfred machtlos gegenüber. Seine ehrgeizigen Projekte schienen sich in Luft aufzulösen. Die Nachrichten der nächsten Tage waren nicht ermutigend. Sie machten deutlich, daß die Wikinger im gesamten Königreich freie Bahn hatten.
    »Sie können Wessex so aufteilen, wie sie es schon mit Mercien getan haben«, äußerte Earldorman Wulfhere dem Than gegenüber. »Dann ist die ganze Insel danelaw – dänisches Hoheitsgebiet.« Wenn auch Aelfwald nicht sonderlich mit Wulfhere sympathisierte, wußte er doch, daß das angelsächsische Königreich für alle Zeiten zugrunde ging, falls ihnen nicht ein Überraschungsangriff vom Moor her gelang.
    Doch Alfred blieb fest. »Im Frühjahr, wenn wir unsere Leute sammeln können, schlagen wir zurück«, versprach er ihnen. Zwei Tage nach seiner Ankunft erhielt Aelfwald die Nachricht, daß Aelfwine und der junge Osric in Twyneham umgebracht worden waren. Der Than suchte den Schreiner und seine Familie auf und sprach ihnen Trost zu.
    Zu den ihm verbliebenen Söhnen sagte er: »Nun müssen wir euren Bruder rächen. Auch werden wir Osric nicht vergessen.« In den nächsten drei Wochen verstärkte sich das Heer im Moor. Es blieb weiterhin bitter kalt.
    Mitte Februar tauchte ein neues Problem auf: Die Vorräte im Lager gingen zu Ende. Täglich wurden Kundschafter auf Nahrungssuche geschickt, doch sie brachten jedesmal weniger zurück. Es hatte den Anschein, als müßten die Sachsen aus Mangel an Lebensmitteln aufgeben. Da hatte Aelfwald eine kühne Idee.
    Als er Tostig mit den Booten flußaufwärts geschickt hatte, konnte er kaum hoffen, daß sie der Gefangenschaft entgehen würden. Doch unter der Aufsicht von Aelfwalds Sohn Aelfric vollbrachte der Fischer Erstaunliches; er war in Athelney drei Tage nach dem übrigen Trupp mit allen Vorräten aus Wilton

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